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Mit Machtdemonstration und weißer Weste

Mit Machtdemonstration und weißer Weste

"Nein, diese Serie macht mir keine Angst."

Es grenzte fast schon an ein Wunder, dass nicht nur Trainer Zoran Barisic sondern auch seine Spieler das 314. Wiener Derby sachlich und nüchtern analysierten.

Es war ein Spektakel, ein Torfestival, ein heißer Derby-Fight voller Emotionen, der schlussendlich in einer Machtdemonstration gipfelte. Ein 2:5 strahlte spätabends von der Anzeigetafel der Generali-Arena.

Erstmals seit 2007 ging es nicht nur um die Vormachtstellung in Wien, sondern um jene in ganz Österreich. Das Ergebnis: Rapid ist derzeit die unangefochtene Nummer eins: Quod erat demonstrandum!

"Was für ein schöner Tag"

"Was für ein schöner Tag! Das Derby zu gewinnen, ist immer sehr wichtig hier in Wien. Wir haben eine überzeugende Leistung gebracht und sind verdient als Sieger vom Platz gegangen", strahlte Abwehrchef Mario Sonnleitner bei LAOLA1.

Was aus grün-weißer Sicht hektisch begann, entwickelte sich mit Fortlauf der Partie zu einer klaren Angelegenheit. Das Ergebnis verrät allerdings nicht, wie offen die Partie phasenweise gestaltet wurde.

"Wir freuen uns sehr, dass uns das heute gelungen ist. Aber es war eigentlich eine enge Partie in der ersten Halbzeit. Wir haben dann glücklicherweise immer zum richtigen Zeitpunkt die Tore gemacht. Wir sind überglücklich", blickte Kapitän Steffen Hofmann auf die ersten 45 Minuten zurück.

Die Austria erwischte den besseren Start, was auch Barisic zugeben musste. Laut Chefbetreuer habe man sich anfangs schwer getan, den Rhythmus nicht gefunden und erst langsam in die Partie geschnuppert. Vor allem Larry Kayode bereitete den Hütteldorfern Kopfschmerzen.

Rapids Dominanz dank Austrias Fehlern

Als es darauf ankam, war Rapid aber hellwach. Auch wenn dem 1:0 aus Sicht der Austria eine Fehlpfiff von Schiedsrichter Markus Hameter vorausging.

"Das war eine ganz klare Fehlentscheidung, wo ich ganz klar den Ball spiele", ärgerte sich Raphael Holzhauser noch nach dem Schlusspfiff. Den Freistoß von Steffen Hofmann versenkte Stefan Stangl alleingelassen per Kopf zur nicht unwesentlichen Führung und seinem ersten Bundesliga-Tor im 48. Spiel.

Eine Art Dosenöffner, der Rapid zu alter Stärke verhalf. "Der Führungstreffer hat vieles erleichtert", wusste Barisic und verwies auf die Räume, die sich in weiterer Folge boten, da die Austria ihre Offensivbemühungen vorantrieb.

Alles in allem waren es aber katastrophale Eigenfehler der neu formierten Viererkette in Abwesenheit des verletzten Richard Windbichler und des gesperrten Lukas Rotpuller, die zum höheren Rückstand führten.

"Unsere Taktik ist voll aufgegangen"

Beim 0:2 funktionierte das Stellungsspiel der beiden Ersatzleute Vanche Shikov und Patrizio Stronati nicht, beim 0:3 legte Roi Kehat im Spielaufbau Stefan Schwab den Ball vor, der diesen sehenswert im Kreuzeck versenkte - ein Traumtor!

"Unsere Taktik ist voll aufgegangen. Wir haben gewusst, dass sie auf Ballbesitz spielen. Wir haben ihre Fehler ausgenützt und sie teilweise richtig gut ausgekontert", meinte der Torschütze.

Rapid ließ sich auch nicht vom Anschlusstreffer zum 1:3 durch einen Elfmeter-Nachschuss von Gorgon irritieren, auch wenn die Austria dadurch nach der Pause neuen Mut schöpfte.

"Zu Beginn der zweiten Halbzeit war es wichtig, dass wir Austrias Druckphase überstanden haben. Die spielentscheidende Szene war der Konter zum 4:1", wusste Rapids Chefcoach. Gegenüber Holzhauser stimmte ihm zu: "Das 1:4 hat uns getötet."

Rapid bekam nicht genug

Ausgerechnet Hofmann sorgte mit seinem Tor für die Vorentscheidung, jubelte ausgelassen vor dem Gästesektor und küsste das Wappen, das er seit 13 Jahren auf der Brust trägt.

Es war bereits der elfte Derby-Treffer des Rapid-Kapitäns, mehr haben seit Einführung der Bundesliga bisher nur Andreas Ogris (15) und Hans Krankl (14).

"Nach dem 4:1 war es dann endgültig erledigt. Aber wir haben doch die klareren Chancen gehabt, hätten sogar noch höher siegen können und haben hochverdient gewonnen", war der 34-Jährige zufrieden. Vor allem mit der bis dahin fast makellosen Torausbeute.

"So sollte es weiter gehen. Wir haben schon Spiele gehabt, wo wir deutlich mehr Chancen und Ballbesitz hatten. Es ist natürlich super, aus fast jeder Chance ein Tor zu machen. Am Ende haben wir dann eh wieder genug vergeben", konnte Hofmann darüber lachen.

Beric sorgte für Rapids fünften Volltreffer an diesem Abend, mit freundlicher Unterstützung der Violetten, die sich in weiterer Folge ergaben. Damit schienen fünf verschiedene Torschützen bei den Grün-Weißen auf. Gorgons 2:5 war nicht mehr als Ergebniskorrektur.

"Austria war hinten klinisch tot"

"Rapid hat die Klasse gehabt, um uns zu bestrafen", wusste Gorgon, bezugnehmend auf die vielen individuellen Fehler vor allem in der Defensive.

"Wenn du dann gegen so eine intakte Mannschaft wie Rapid spielst, ist es wirklich schwer, so einen großen Rückstand noch aufzuholen."

Rapid spielte sich daraufhin in einen Rausch, drückte auf weitere Treffer, scheiterte aber an der Chancenverwertung. Ansonsten wäre sogar noch mehr möglich gewesen, zumindest wenn es nach Sonnleitner geht:

"Die Partie hätte auch 10:3 ausgehen können, wenn wir die Konter ein bisschen besser spielen. Die waren hinten teilweise klinisch tot."

"Wir werden sicher nicht überheblich"

Deshalb musste Neo-Austria-Coach Thorsten Fink am Ende festhalten: "Das war kein Spielglück, Rapid war einfach besser heute."

Auch wenn Gorgon betonte: "Das tut extrem weh. Vor allem in dieser Höhe haben wir uns das nicht verdient."

Rapid hingegen setzte seine eindrucksvollen Serien fort, hält nach vier Saisonspielen beim Punktemaximum, führt die Tabelle mit vier Punkten Vorsprung an und ist seit 16 Partien ungeschlagen. Trotzdem präsentierten sich alle Beteiligten bodenständig wie eh und je.

"Es rennt. Aber wir müssen am Boden bleiben und weiterarbeiten, geschenkt wird uns nirgends etwas. Wir müssen dran bleiben und keinen Millimeter nachgeben", merkte Schwab im Moment des Triumphes an und verwies auf eine Nacht, in der alle gut schlafen werden.

Auch Kapitän Hofmann stimmte zurückhaltende Töne an, auch wenn er verriet, dass noch das eine oder andere Bier zur Feier des Tages spendiert wird. "Es ist ein richtig guter Tag heute. Wir freuen uns als Mannschaft, werden aber sicher nicht überheblich und wissen, wie es weitergeht."

Den perfekten Start kann Rapid keiner mehr nehmen. Nach der Machtdemonstration im Derby ist auch klar, dass die Serien nicht Rapid, sondern eher den Gegnern Angst machen werden.


Alexander Karper / Martin Wechtl

Austria Rapid
Ballbesitz 48,5% 51,5%
Zweikämpfe 49,5% 50,5%
Eckbälle 7 6
Torschüsse 16 17
Torschüsse außerhalb Strafraum 7 3
Torschüsse innerhalb Strafraum 9 14
Kopfballchancen 1 4
Abseits 0 0
Fouls 11 15