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Entscheidende Phasen für Rapid und Sturm Graz

Entscheidende Phasen für Rapid und Sturm Graz

Wer hätte es vor einigen Wochen gedacht?

Mit einem Sieg im Schlager der 14. Bundesliga-Runde kann Sturm Graz an Rapid Wien vorbeiziehen.

Während sich die Steirer, zumindest mehr oder weniger, stabilisiert haben, befinden sich die Wiener "Eurofighter" angesichts von drei Liga-Pleiten in Folge zumindest in der Meisterschaft in einer schwierigen Phase.

Diese "Phase" beschäftigt vor dem direkten Duell auch beide Trainer. Fest steht: Für beide Teams ist es bereits eine entscheidende, gilt es doch den Anschluss zu Red Bull Salzburg und Austria Wien nicht zu verlieren.

SK RAPID WIEN:

Personell halten sich die Probleme bei Rapid in Grenzen. Jan Novota kehrt nach seinem grippalen Infekt wieder ins Tor zurück und selbst bei Louis Schaub gibt es nach neuerlichen Sprunggelenks-Beschwerden, Hoffnung, bereits gegen Sturm wieder dabei zu sein. Wenn nicht, hat Philipp Schobesberger im Cup beste Eigenwerbung betrieben. Ansonsten fehlen nur die Langzeitverletzten Thomas Schrammel und Andreas Kuen.

Viel mehr Kopfzerbrechen bereitet den Hütteldorfern, dass am Wochenende wieder Bundesliga angesagt ist. "Wir brauchen gar nicht über Europa League oder Cup reden. Die Bundesliga ist für uns alle das tägliche Brot und sollte das Wichtigste sein", stellt Sportdirektor Andreas Müller klar.

Die Realität sieht bitter aus. Mit drei Niederlagen in Folge (Salzburg, WAC, Austria) haben sich die Tabellenführung und der komfortable Vorsprung von vier Punkten Vorsprung auf Rang zwei mit fünf Punkten Rückstand gewandelt. "Mit diesem Rückstand gehen wir normal um. Auch auf Platz eins war mir die Tabelle nicht wichtig, sondern nur die Leistung", merkt Trainer Zoran Barisic an. Vor allem nach Dämpfern bewies die Mannschaft jedoch oft, dass es sich nur um einen Ausrutscher handelte. "Anscheinend brauchen wir das, denn unter Druck haben wir bisher sehr gut funktioniert", so der Chefbetreuer.

Eine weitere Niederlage kann sich Rapid nicht leisten. Die Schwankungen sind für Müller aber verständlich, schließlich hatte auch das dadurch noch unberechenbarer auftretende Sturm Graz sowie RB Salzburg Probleme mit der Konstanz. "Es gibt immer solche Momente, wo es in einem Bewerb gut und in einem schlecht läuft. So eine Phase ist nicht ungewöhnlich, aber diese gilt es in überzeugender Manier zu stoppen." Der dichte Terminplan aufgrund internationaler Auftritte soll nicht als Ausrede gelten, trotzdem ist sich der Deutsche sicher: "Die Europa League kostet schon Körner. Wir brauchen ein bisschen Zeit und Geduld, dann kriegen wir das hin."

So lautet die Ansage des ruhigen Sportdirektors, der nach unnötigen Niederlagen aber auch für Brandreden gut ist. Die Aufgabe, den Spielern ins Gewissen zu reden, überlässt Müller aber vordergründig dem Trainer. Außer die Emotionen übermannen ihn. "Dann geht einmal der Gaul mit einem durch. Es ärgert mich nur, wenn viel mehr drin steckt uns es dann nicht passiert. Aber die Mannschaft weiß, wann sie Bockmist gebaut hat, das sieht man in den Spielen danach." Deshalb sollte man der Mannschaft vollstes Vertrauen schenken, auch in weniger erfolgreichen Stunden.

Gegen Sturm steht viel auf dem Spiel. Die Teams kennen sich in- und auswendig, wie Florian Kainz weiß. "Sie haben eine gute Organisation, Standards und starke Einzelspieler. Es wird sicher eine hitzige Partie." Rund 13.000 Tickets sind für den Schlager weg. Rapids Devise lautet: Verlieren verboten! "Denn drei Niederlagen in Folge sind ohnehin schon zu viel für uns."

SK STURM GRAZ:

„Im Fußball gibt es immer wieder solche Phasen, die haben wir auch schon durchgemacht. Wir hatten in dieser Saison auch schon eine Phase, in der wir gut gespielt haben, aber die Ergebnisse nicht gestimmt haben“, sieht Franco Foda keinen Anlass, die Diskussionen über den Negativlauf von Rapid in der Liga überzubewerten.

Der Sturm-Coach betrachtet den Samstags-Gegner weiterhin als gute Mannschaft mit zahlreichen personellen Optionen.

Dennoch lässt sich der unterschiedliche Trend nicht verleugnen. Vor einigen Runden noch hätte man wohl ein wenig Fantasie für die Vorstellung gebraucht, dass die Grazer mit einem Sieg im direkten Duell an den bestens in die Saison gestarteten Wienern vorbeiziehen können.

Zu wankelmütig präsentierten sich die „Blackies“ in den Sommer-Monaten. Inzwischen stehen vier Siege aus den letzten fünf Liga-Spielen zu Buche. Wäre nicht der indiskutable Auftritt beim 0:3 in Grödig dazwischengekommen, könnte man vielleicht bereits von einem nachhaltigen Aufwärtstrend sprechen.

Dass mit Donis Avdijaj einer der schwarz-weißen Stars die jüngsten beiden Erfolge gegen Altach und Wolfsberg bis auf einen Kurzauftritt gegen die Vorarlberger verpasste, legt die provokante Frage nahe, ob es ohne den 19-Jährigen besser läuft?

Ein Gedankengang, den Foda wenig überraschend überhaupt nicht nachvollziehen kann: „Wir haben mit ihm und ohne ihn Spiele gewonnen. Das hat mit einer Person nichts zu tun. Das gibt es auf der ganzen Welt, bei Bayern München funktioniert es auch ohne Arjen Robben und Franck Ribery. Fußball ist ein Mannschaftssport mit 20 bis 25 Spielern.“

Der derzeit an einer Muskelverletzung laborierende Avdijaj genießt im Normalfall das Vertrauen des 49-Jährigen. Die Frage ist, wie lange noch. Sein Stammklub Schalke 04 denkt immer lauter über eine Rückholaktion nach. Sportvorstand Horst Heldt hat Mike Büskens mit einer genaueren Beobachtung der Offensivkraft beauftragt.

„Momentan wird viel spekuliert. Es gibt die Klausel, dass Schalke Donis im Winter zurückholen kann. Aber wir sind vorbereitet. Im Sommer haben wir mit Sascha Horvath einen Spieler verpflichtet, der seine Position spielen kann, in den letzten beiden Spielen hat ihn Daniel Offenbacher ersetzt. Aber keine Frage: Donis ist ein wichtiger Spieler“, betont Foda.

Er sei ohnehin überzeugt, dass Avdijaj seinen Weg machen werden, auch wenn er „noch einige Dinge lernen“ müsse: „Meine Mannschaft besteht nicht nur aus einem Spieler, und ich habe großes Vertrauen in jeden einzelnen. In den letzten Spielen hat es auch ohne Donis funktioniert. Wenn er uns im Winter verlässt, haben wir trotzdem noch eine Mannschaft, die erfolgreich Fußball spielen kann.“

Im Happel-Stadion muss Sturm ohne Avdijaj auskommen, auch der gesperrte Kapitän Michael Madl wird fehlen. Als Ersatz stehen Wilson Kamavuaka und der im Sommer von den Rapid-Amateuren engagierte Christian Schoissengeyr zur Auswahl. „Tendenziell geht es in Richtung Wilson, weil er in dieser Saison sehr gut gespielt hat und gut mit Lukas Spendlhofer harmoniert“, plant Foda keine allzu große Überraschung.

Keine Überraschung ist, dass der Deutsche ein „intensives Spiel“ erwartet. „Wir müssen mutig und entschlossen auftreten, eine hohe Laufbereitschaft an den Tag legen, gallig sein“, fordert Foda.

Einer Extramotivation bedarf es beim stets emotionalen Duell der beiden Traditionsmannschaften jedoch ohnehin nicht: „Wir freuen uns auf jedes Spiel, aber gegen Rapid ist es immer noch ein Spiel, auf das man sich noch ein paar Prozent mehr freut.“


Alexander Karper / Peter Altmann