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Talent ja, Erfahrung und innere Ruhe nein

Talent ja, Erfahrung und innere Ruhe nein

„Mir fehlen ein bisschen die Worte. Die Altacher spielen eigentlich nicht mit, holen drei Punkte und wissen nicht warum. Ein klassischer Fall von: Wenn man die Tore nicht macht, bekommt man sie“, konnte Lukas Grozurek die 0:1-Niederlage Rapids gegen die Vorarlberger nicht fassen.

Diese Analyse spricht Bände für ein Spiel, in dem Grün-Weiß auf ein Tor spielte, aber dennoch als Verlierer vom Platz ging.

In einem wesentlichen Punkt irrte sich der 22-Jährige jedoch: Der Aufsteiger wusste genau, warum er die drei Punkte einheimste.

„Taktisch eine sehr, sehr gute Leistung“

„Wir haben den Spielplan perfekt umgesetzt“, verdeutlichte Kapitän Philipp Netzer, „unsere Organisation war perfekt, wir haben die Räume sehr eng gemacht, Rapid keinen Rückraum gegeben, sodass sie keine Chipbälle spielen oder den Ball durchstecken konnten. Rapid ist mit Fortdauer des Spiels immer ungeduldiger geworden. Das war unser Ziel.“

„Genau darauf haben wir die letzten beiden Tage hingearbeitet“, ergänzte Hannes Aigner, „gut stehen, die Räume eng machen und in gewissen Situationen zustechen. Das ist uns perfekt gelungen. Rapid hatte nicht viele Ideen, weil wir sehr diszipliniert gestanden sind. Die Wege zum Gegenspieler waren immer kurz. Taktisch war das wirklich von jedem einzelnen eine sehr, sehr gute Leistung.“

Der Underdog wählte legitime Mittel, zog den maßgeschneiderten Matchplan von Trainer Damir Canadi diszipliniert durch und bewies in Person von Louis Ngwat-Mahop in der einzigen gefährlichen Situation vor dem gegnerischen Tor Effizienz.

Selbige blieb für Rapid ein Fremdwort. Oder besser ausgedrückt: Man schaffte es erst gar nicht, genügend Gelegenheiten zu kreieren, um Effizienz unter Beweis stellen zu können. Aus letztlich 69,7 Prozent Ballbesitz – in der ersten Hälfte war dieser Wert phasenweise noch höher – machte man viel zu wenig, agierte gegen den engmaschigen Defensivverbund der Vorarlberger viel zu ideenlos.

Das Grozurek-Experiment

„Wir haben uns darauf eingestellt, dass sich Altach hinten reinstellen wird. Wir wollten geduldig und ruhig spielen, vor allem über die Flügel. Das haben wir leider nicht so umsetzen können, wie wir das trainiert haben“, musste Louis Schaub eingestehen.

Grozurek: „Wir müssen durchschlagskräftiger sein, mit mehr Schwung über die Seite kommen, es muss einfach mehr Pfeffer rein.“

Trainer Zoran Barisic überraschte mit der Maßnahme, dass er Grozurek anstelle des gesperrten Robert Beric und des verletzten Deni Alar ins Angriffs-Zentrum zog. Dort kam er nicht wie gewünscht zur Geltung, war viel zu wenig ins Spiel eingebunden, hatte jedoch auch bei einem zu Unrecht ausgebliebenen Elfmeterpfiff nach Foul von Jan Zwischenbrugger Pech.

„Sicher hätten wir uns alle gefreut, wenn ich mehr Bälle gehabt hätte. Zumindest in der ersten Hälfte haben wir es nicht so schlecht gemacht, aber der letzte Pass hat gefehlt“, erklärte der Aushilfs-Stürmer und verwies darauf, dass die Rolle keine gänzlich ungewohnte gewesen sei: „Unter Trainer Barisic habe ich bei den Amateuren auch Stürmer gespielt. Ich fühle mich auf der Neun auch wohl.“

Das große Minus

Barisic begründete seine Personalentscheidung damit, dass Grozurek mit dem Rücken zum gegnerischen Tor sehr gut sei: „Leider war es so, dass er zu wenig in Abschlusssituationen gekommen ist. Das ist Fakt. Aber alles an ihm aufhängen? Das mache ich sicher nicht.“

„Das spielte eine große Rolle, weil er einfach in diesen Phasen des Spiels derjenige ist, der die nötige Ruhe und Erfahrung hat, entscheidende Sachen machen kann. Das hat in der zweiten Halbzeit gefehlt“, analysierte Barisic.

Ohne den verletzten Leitwolf lag es an noch überwiegend jungen Kräften wie Schaub, Kainz, Grozurek beziehungsweise den Jokern Philipp Schobesberger, Philipp Prosenik oder Dominik Starkl für kreative Impulse zu sorgen.

„Die Peitsche wäre der absolut falsche Ansatz“

Gerade nach dem Verlusttreffer fehlte es am nötigen Aufbäumen. Barisic missfiel in dieser Phase auch die Körpersprache: „Nicht bei allen Spielern, aber bei einigen. Mir hat gefehlt, dass sie bis zur letzten Sekunde an sich glauben, diesen absoluten Willen haben, das Spiel bis zuletzt umdrehen zu wollen.“

„Ruhig bleiben, konzentriert und hart weiterarbeiten“ sei nun laut Meinung des 44-Jährigen das Wichtigste. Dass gewisse Dinge noch nicht so funktionieren, wie er sie gerne hätte, gesteht der Trainer freimütig ein.

Für diese Erkenntnis reicht jedoch auch ein Blick auf die Tabelle. „Fünf Punkte sind zu wenig, da brauchen wir nicht herumzureden“, unterstrich Barisic und verriet, dass nun Zuckerbrot die richtige Methode sei: „Ich habe in der Vergangenheit schon die Peitsche ausgepackt, aber jetzt wäre es der absolut falsche Ansatz.“

„Talent ist vorhanden, aber Erfahrung und die nötige Ruhe nicht“

Dem Coach bleibt ohnehin nichts anderes übrig, als gerade seinen weniger erfahrenen Kräften weiterhin das Vertrauen auszusprechen und die Spieler weiter zu entwickeln.

„Im letzten Spieldrittel brauchst du Talent, Glück, Erfahrung und innere Ruhe – Talent ist vorhanden, aber Erfahrung und damit die nötige Ruhe nicht“, lautete die aktuelle Bestandsaufnahme in grün-weiß von Barisic.

Ob Talent alleine reichen wird, um aus der Ergebniskrise herauszufinden, wird sich weisen. Geringer wird der Druck mit jedem Spiel ohne Sieg bestimmt nicht.

Peter Altmann

Das wäre auch zu billig. Lediglich vier Treffer nach fünf Runden belegen, dass in der Offensive generell noch nicht ein Rad ins andere greift.

„Uns fehlt vorne die Durchschlagskraft, das ist im Moment das große Minus bei uns. Das macht mich traurig, weil die Mannschaft extrem viel Aufwand betrieben hat und leider Gottes wieder nicht belohnt wurde“, betonte Barisic, der sich an die Vorwoche erinnert fühlte:

„Fast jeder Fehler wird derzeit bitter bestraft. Wir haben nichts zugelassen, Altach hatte keine Chance, wir machen einen einzigen Fehler und kriegen ein Gegentor. Das war letzte Woche gegen Sturm Graz genauso.“

Hofmann-Out spielt große Rolle

Gegen Altach blieb Neuzugang Florian Kainz blass, auch Schaub konnte kaum Druck nach vorne entfalten, fand aber immerhin in der zweiten Halbzeit die beiden besten Rapid-Chancen vor - zu einem Zeitpunkt, als man bereits ohne Steffen Hofmann auskommen musste, der einen Schlag auf den Kopf bekommen hat und wegen Übelkeit in der Kabine bleiben musste.

Rapid Altach
Ballbesitz 70% 30%
Zweikämpfe 52.5% 47.5%
Eckbälle 8 2
Torschüsse 11 8
Torschüsse außerhalb Strafraum 7 7
Torschüsse innerhalb Strafraum 4 1
Kopfballchancen 0 0
Abseits 2 0
Fouls 15 18