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"Das war einfach nur Spekulation vom Assistenten"

Drei Elfmeter, zwei Rote Karten, drei Mal Aluminium.

Wer sich einen müden Kick und ein gegenseitiges Abtasten zum Start ins Frühjahr erwartet hatte, wurde eines Besseren belehrt.

Verrückter hätte die erste Spielhälfte beim 3:0-Erfolg Rapids gegen Ried nicht verlaufen können. Kein Wunder also, dass die umstrittenen Entscheidungen auch danach noch eine Fülle an Diskussionsstoff lieferten.

Sowohl Zoran Barisic als auch Oliver Glasner mussten unisono zugeben: „Das Spiel war ziemlich kurios. So etwas habe ich in meiner Karriere noch nie erlebt.“

Ouschan sorgt für Diskussionen

Ehe das Innviertler Schicksal seinen Lauf nahm, bahnte sich ein flotter Schlagabtausch an. Ein interessantes Fußballspiel 11 gegen 11 hätte sich entwickeln können.

Allerdings nur bis zur 15. Minute, als erstmals Schiedsrichter Dominik Ouschan in den Mittelpunkt drängte.

Der 31-jährige Vorarlberger und seine Assistenten sollten insgesamt drei Mal entscheidenden Einfluss auf das Spiel nehmen.

„Ich glaube, die Elfmeter waren alle berechtigt“, meinte Doppeltorschütze Deni Alar gegenüber LAOLA1. Die Rieder sahen es aber erwartungsgemäß anders.

1.Szene: 15. Minute, Rot für Gebauer, Elfmeter Nr. 1 für Rapid, 1:0

Nach einem Pass von Dominik Wydra lief Robert Beric alleine auf Thomas Gebauer zu, der laut eigener Aussage nur versucht hatte, sich breit zu machen und das Gegentor zu verhindern. Der slowenische Stürmer ging jedoch zu Boden.

Hätte sich Schiedsrichter Ouschan nicht vom Linienrichter overrulen lassen, wäre die Situation ganz anders ausgegangen. „Er hat die Gelbe Karte schon in der Hand, rennt zu Beric hin und sagt mehr oder weniger Schwalbe. Über das Mikro fragt er dann seinen Assistenten, der es nie im Leben sehen kann. Ärgerlich, da er klar die bessere Sicht hat, und seine Entscheidung nicht durchdrückt. Das war dann einfach nur Spekulation vom Assistenten“, ärgerte sich Gebauer über seine Rote Karte, den Elfer und das erste Gegentor.

"Aus meiner Sicht war die erste Szene kein Elfmeter, sondern eine Simulation. Aber der Assistent war sich hundertprozentig sicher, dass es ein Elfmeter war, deswegen habe ich ihn gegeben“, rechtfertigte sich der Unparteiische.

Dabei stand nicht einmal genau fest, ob der Torhüter den Stürmer tatsächlich touchierte. „Man kann es nicht einmal in der Zeitlupe auflösen, ein leichter Kontakt war da“, so der Rieder Schlussmann.

Der Gefoulte nahm es anders wahr: „Ich glaube, dass es ein Elfer war, er hat mich berührt. Ich habe Schmerzen im linken Fuß.“ Die Kampfspuren waren offensichtlich:

Rapid Ried
Ballbesitz 72,7% 27,3%
Zweikämpfe 55,6% 44,4%
Eckbälle 7 3
Torschüsse 22 8
Torschüsse außerhalb Strafraum 8 7
Torschüsse innerhalb Strafraum 14 1
Kopfballchancen 3 0
Abseits 2 2
Fouls 14 24

 

2. Szene: 38. Minute, Rot für Trauner, Elfmeter Nr. 2 für Rapid, 2:0

Auf noch mehr Unverständnis im oberösterreichischen Lager stieß jedoch die zweite Elfmeter-Entscheidung. Nach einer schönen Kombination Rapids kam wieder Beric aus wenigen Metern zum Abschluss. Gernot Trauner verhinderte mit der Hand den zweiten Gegentreffer.

Diesmal traf Ouschan die Entscheidung selbst, zeigte sofort auf den Punkt und verteilte die zweite Rote Karte. „Beim zweiten Elfmeter hatte der Ried-Verteidiger keine natürliche Handhaltung. Deswegen war der Strafstoß zu geben“, so die Begründung.

Vergessen wurde jedoch, dass Robert Beric in der Entstehungsgeschichte klar im Abseits stand, was auch Manager Stefan Reiter zynisch kommentierte: „Der zweite Elfer ist einfach nur genial.“

Auch Gebauer, der in weiterer Folge von Lorenz Höbarth ersetzt wurde, hatte seine Meinung dazu. „Der zweite war sehr umstritten, da es vorher Abseits war. Zweitens steht er mit dem Rücken zum Ball, kriegt ihn an die Hand. Man kann schon Elfmeter pfeifen, aber man darf nicht Rot geben.“

Absicht oder nicht – regeltechnisch waren die Entscheidungen vertretbar. Aber genau diese Tatsache zeigte, dass die Sinnhaftigkeit hinterfragt werden sollte. Selbst Glasner musste zugeben: „Hands ist sowieso ein eigenes Thema, wo sich keiner mehr auskennt – weder wir, noch die Spieler.“

Zudem brannte die Diskussion um die Dreifachbestrafung erneut auf. Rot, Elfer und Gegentor ist für beide Trainer zu viel des Guten. „Diese Regeln haben nicht wir zwei erfunden, wir können sie auch nicht ändern. Aber vielleicht kann man das modernisieren“, merkte Barisic an.

3. Szene: 45. Minute, Gelb Filipovic, Elfmeter Nr. 3 für Rapid, 3:0

So umstritten die ersten beiden Entscheidungen waren, umso klarer war der dritte. Drei Elfmeter binnen 30 Minuten - selbst für Ouschan eine Premiere.

Die Ringkampfeinlage von Neuzugang Petar Filipovic gegen Beric war eine klare Angelegenheit und mit zwei Mann weniger beim Stand von 0:2 einfach nur überflüssig.

Einige hätten sogar in dieser Szene Rot für angebracht gehalten, das wäre jedoch in Anbetracht der Vorgeschichte wohl übertrieben gewesen.

Obwohl Alar die ersten beiden Elfmeter souverän verwandelte, trat diesmal der Gefoulte selbst an. „Ich habe Deni gefragt, ob ich ihn schießen darf, er hat zugestimmt“, erklärte Beric, warum der zweifache Torschütze auf einen möglichen Hattrick verzichtete.

Rapid vergisst auf den Endzweck

Während die erste Halbzeit alle von den Sitzen riss, blieb die zweite einiges schuldig. Denn neben kuriosen Szenen fehlten auch weitere Treffer.

Hauptverantwortlich dafür war Rapid, das mit zwei Mann mehr zwar das Spiel unter Kontrolle hatte, jedoch auf den Endzweck des Toreschießens vergaß.

„Wir haben schon Chancen gehabt, aber umständlich gespielt“, wusste Alar. Die Umgewöhnung, plötzlich nur mehr gegen neun Rieder zu spielen, dürfte dies beeinflusst haben.

Auch Barisic bemängelte die fehlenden Tore, wollte aber keinesfalls von einer schlechten Leistung seiner Mannschaft sprechen.

„Das wäre sehr unfair, denn Ried hat sehr gut verteidigt. Wir sind schon zu hundertprozentigen Chancen gekommen, aber die letzte Konsequenz hat gefehlt. Wir haben leider einfach sehr oft die falsche Lösung gefunden. Das ist der Vorwurf, den wir uns gefallen lassen müssen.“

Glasner von Rieder Moral angetan

Und Ried? Anstatt das Spiel aufgrund der entscheidenden Szenen als Fehlstart hinzustellen, wurde viel mehr das Positive hervorgehoben.

„Ich will die Moral loben, dass wir in der zweiten Halbzeit kein Gegentor mehr gekriegt haben. Es freut mich, wie aufopferungsvoll die Mannschaft gekämpft hat.“

Ein 80-Meter-Sprint von Stürmer Denis Thomalla in den Schlussminuten mit zwei Mann weniger stellte dies für den Innviertler Coach besonders unter Beweis.

Er ist überzeugt, dass der Blick positiv ins Frühjahr gerichtet werden kann – so wie bei Rapid. Ein ähnlich ereignisreiches Spiel ist jedoch nicht Woche für Woche zu erwarten.


Alexander Karper