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"Wir werden nicht überheblich"

Nur noch 76 Punkte auf den Bundesliga-Rekord der Wiener Austria. Nur noch 99 Tore auf die eigene Bestmarke…

Red Bull Salzburg setzt am zweiten Spieltag mit dem 5:0 in Wiener Neustadt nahtlos dort fort, wo der Double-Sieger 2014 zum Auftakt vor einer Woche mit dem 6:1 gegen Vize Rapid aufhörte.

„Es ist natürlich ein sensationeller Start mit sechs Punkten und elf Toren, aber wir nehmen auch 1:0-Siege – das ist eigentlich scheißegal“, lächelte Christian Schwegler nach dem 5:0 in Wiener Neustadt.

Dabei müsste der Schweizer, nach Christoph Leitgeb (neuestens mit dunklem Haar) und Andreas Ulmer der am drittlängsten dienende „Bulle“, wissen, dass in Wr. Neustadt 1:0-Siege unüblich sind.

Salzburg legte wieder einen Traumstart in die Saison hin, überführ einmal mehr die Niederösterreicher und sorgte damit wieder für eine überaus gelungene CL-Quali-Generalprobe.

Und das mit zehn Mann, denn Sadio Mane wurde zum vierten Mal in seiner Salzburg-Ära vom Platz gestellt. LAOLA1 fasst zusammen, über was nach dem Kantersieg der „Bullen“ gesprochen wurde.

WIEDER NEUSTADT

5:0, 5:0, 5:1, 8:1, 5:1, 6:0 – so lauteten die Ergebnisse der letzten sechs Duelle zugunsten der Salzburger. Die konnten seit dem Aufstieg der Niederösterreicher 2009 in 21 Partien 15 Mal als Sieger den Platz verlassen, spielten vier Mal remis und mussten nur zwei Mal eine Niederlage einstecken. Beide Male ein 0:1 in der Saison 2010/11, das ist 1247 Tage her. Das Torverhältnis beträgt 68:18. Kapitän Jonatan Soriano spielte elf Mal gegen Wr. Neustadt – und traf 18 (!) Mal.

Sichtlich gezeichnet eröffnete Manager Günther Kreissl die Pressekonferenz mit den Worten: „Es fällt von Mal zu Mal nicht leichter, nach einer erneut klaren Niederlage Glückwünsche zu überbringen, nichtsdestoweniger herzlichen Glückwunsch an Adi Hütter und sein Team.“ Und nein, die Salzburger sitzen nicht schon mit einem Lächeln im Bus, wenn es zum Auswärtsspiel gegen die Blau-Weißen geht. „Es ist auch eine Stärke dieser Mannschaft, dass wir immer am Boden bleiben und nicht überheblich werden“, sagte Schwegler, der per Traumtor zum 3:0 traf – sein zweites BL-Tor in 109 Partien. Die „Bullen“ spielten beim Stand von 1:0 von Minute 40 bis 74 bis zu Remo Mallys Ausschluss („Ich konnte meine Hand nicht mehr wegziehen“) zu Zehnt – und gewannen dennoch klar 5:0.

„Das Schönste ist für mich, dass wir trotz eines Mannes weniger pressen können und dennoch keinen Unterschied sehen“, freute sich Salzburg-Trainer Hütter. „Wir haben auch nach dem Platzverweis weiter Druck nach vorne gemacht, nicht aufgehört und uns Chancen herausgespielt“, wusste Kevin Kampl. „Das hatten wir in der Halbzeit so besprochen. Wir haben den Ausschluss gut verkraftet“, ergänzte Startelf-Debütant Marcel Sabitzer. Heimo Pfeifenberger war zwar sauer, doch zollte er Salzburg wie jedes Mal nach einer Pleite großen Respekt: „Sie haben so gute Aktionen, da kommt man außen fast gar nicht mehr mit. Ich schaue ihnen ja auch gerne zu.“

WIEDER TRAUMSTART

9:0 in St. Florian im ÖFB-Cup, 5:1 in Wiener Neustadt zum Saisonstart, 5:1 gegen Meister Austria Wien – so lauteten vor einem Jahr die ersten drei Pflichtspiel-Ergebnisse Salzburgs. 10:1 in Sollenau, 6:1 gegen Rapid und 5:0 in Wiener Neustadt eine Saison später. Unglaubliche 21 Tore in drei Partien zeigen, der Red-Bull-Zug rast unaufhaltsam weiter. „Mir hat gefallen, dass die Mannschaft mit einem Mann weniger eine physisch tolle Leistung erbracht hat. Zudem haben wir in der Liga in zwei Spielen elf Tore geschossen. Fußballerisch hat die Truppe gezeigt, dass sie schon an die 100 Prozent hinkommt. Sie macht schon einen guten Eindruck“, lobte Hütter. Noch in der Vorbereitung zeigte sich der Neo-Coach ob der Physis mancher Spieler weniger angetan, auch die Testspiel-Ergebnisse sorgten nicht bei jedermann in Salzburg für grenzenlosen Optimismus hinsichtlich neuerlicher Festspiele zum Start.

Doch der längere Urlaub für die Spieler, um physisch aber auch mental wieder frisch zu sein, hat sich durchwegs bezahlt gemacht. „Wir haben keine Luft zum Schnaufen bekommen, auch nicht mit einem Mann mehr“, konstatierte Pfeifenberger, der sich wegen einer WM-Wette (er setzte im Finale auf Argentinien) die Haare schneiden musste, und lobte seinen früheren Mitspieler und Trainings-Kurs-Kollegen Hütter. „Adi führt es weiter wie Roger Schmidt und natürlich wird man dann noch stärker. Sie sind bereit für die Champions League“, drückt der Neustadt-Coach („Von uns war das viel zu wenig, wir haben Schadensbegrenzung betrieben“) am Mittwoch die Daumen. Die dazu gewonnene Stärke manifestiert sich auch durch die Bank, am Samstag kamen mit Naby Keita und Massimo Bruno zwei weitere Spieler mit indiviudeller Klasse auf den Platz.

WIEDER VORBEREITET

Am Mittwoch ist Mane in Baku natürlich dabei, wenn es im Hinspiel der dritten Runde in der Champions-League-Qualifikation auswärts gegen FK Qarabag Agdam in der aserischen Hauptstadt Baku um „ein gutes Ergebnis“ (Hütter) geht. „Es wird ein ganz anderes Spiel vor 25.000 Zuschauern. Es ist eine gute aserische Mannschaft, die mit fünf Brasilianern in der Offensive gespickt ist“, hält der Trainer, der am Dienstag das Rückspiel der zweiten Runde gegen Valletta (5:0) vor Ort sah. Beim siebenten Anlauf soll es mit der ersten CL-Teilnahme in der Red-Bull-Ära endlich klappen. Alles wurde in der Vorbereitung auf diese vier Quali-Spiele im Juli und August abgestimmt. Es ist der große Traum, das große Ziel. Eine perfektere Generalprobe als in Wiener Neustadt hätte es hinsichtlich der Moral gar nicht geben können. In Unterzahl solch einen Kantersieg einzufahren, fand nicht nur Hütter „sensationell“.

„Man hat es dann gar nicht so gespürt, dass wir einen Mann weniger waren. Nach dem Platzverweis hat jeder noch einmal einen Zacken zugelegt. Da sieht man, dass wir eine Einheit sind“, betonte Schwegler. Der Hunger nach mehr ist auch in dieser Saison offensichtlich nicht gestillt. „Wir nehmen das Selbstvertrauen mit, dass wir unser Spiel nahtlos von vergangener Saison wieder umsetzen können. Wir müssen uns jetzt gut regenerieren und werden uns gut auf Qarabag vorbereiten“, so der Schweizer weiter. Salzburg wird am Dienstag um 13 Uhr gen Aserbaidschan abheben, die drei Stunden Zeitunterschied werden „ignoriert“. „Ich war diese Woche vor Ort und wir orientieren uns an unserer Zeit. Wir werden am Dienstag um 23 Uhr Ortszeit trainieren und 0:30 Uhr Abendessen. Das ruht auf Erfahrungswerte und Informationen, die wir eingeholt haben“, sagt Hütter. Anpfiff ist am Mittwoch laut UEFA um 17:30 Uhr (MEZ). Marcel Sabitzer, der sein Start-Elf-Debüt mit Tor und Assist krönte, wird den vom Basel-Rückspiel gesperrten Alan ersetzen, Stefan Ilsanker sehr wahrscheinlich in die Startelf zurückkehren. Der wichtigste Countdown hat für Salzburg begonnen.

 

Bernhard Kastler

WIEDER MANE

Einziger Wermutstropfen aus Salzburger Sicht war die gelb-rote Karte für Sadio Mane, die sich der Senegalese binnen einer halben Stunde bei Schiedsrichter Harald Lechner abholte. Den ersten Karton sah der 22-Jährige wegen Kritik in Form von Ballwegschlagen, vor der zweiten hatte er einen nicht freigegebenen Freistoß abgespielt. Lechner, vor der Saison von der Bundesliga als bester Referee 2013/14 mit dem „Goldenen Pfeiferl“ ausgezeichnet, setzte Kampl als den am nächsten zum Ball stehenden Spieler davon in Kenntnis, erst bei Pfiff abzuspielen. Das sah Mane nicht, der lief dann zurück und spielte spontan nach hinten. Das war regelwidrig und kann mit Gelb bestraft werden, ob es im Kontext dieser unübersichtlichen Situation auch muss, ist eine andere Frage. Gewiss hätte Mane zuvor den Ball nicht wegschlagen müssen. Das Verhalten vor der erste Karte kritisierte auch Hütter: „Es gibt Regeln, an die man sich zu halten und über die erste Verwarnung werden wir natürlich reden.“ Hinsichtlich der zweiten und des Ausschlusses war der Vorarlberger aber verärgert.

„Ich war ein wenig sauer, weil ich es nicht nachvollziehen habe können, dass man in so einer Situation Gelb-Rot bekommt. Glücklicherweise hat es uns nicht aus der Bahn geworfen“, hielt Hütter fest und fügte lächelnd an: „Die jährliche Regelkunde haben wir diese Saison erst noch.“ Mane sollte dabei gut aufpassen, ist es doch schon der vierte Ausschluss in seiner Salzburg-Ära seit August 2012, der dritte binnen neun Monaten. Ein hartes Foulspiel war nie dabei. Drei Mal sah der Offensivmann Gelb-Rot, am 36. Spieltag im Mai wegen einer Tätlichkeit beim WAC glatt Rot – wiederum von Lechner. Hütter betreibt Image-Korrektur: „Ich trainiere Sadio seit sechs Wochen und er ist ein toller Bursche, ein absoluter Charakterspieler. Bei so einer Aktion wie jetzt ist der Ausschluss schon überraschend, vor allem, wenn man sieht wie er oft gefoult wird – und dann nicht einmal auf Foul entschieden wird.“ In Ried kommende Woche fehlt der Teamspieler. „Es tut mir leid für ihn, weil er auch in der ersten Hälfte der aktivste Spieler war“, so Hütter.

Wr. Neustadt Salzburg
Ballbesitz 43,4% 56,6%
Zweikämpfe 41,2% 58,8%
Eckbälle 5 5
Torschüsse 1 17
Torschüsse außerhalb Strafraum 0 6
Torschüsse innerhalb Strafraum 1 7
Kopfballchancen 0 1
Abseits 3 4
Fouls 20 9