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Die Derby-Rückkehr ins ungeliebte Happel-Stadion

Die Derby-Rückkehr ins ungeliebte Happel-Stadion

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier.

Am besten immer in derselben Umgebung, in Gesellschaft derselben Leute und immer auf der Suche nach derselben Unterhaltung – ohne große Abweichungen.

„Dahoam“ ist halt noch immer „dahoam“, das gilt auch für das Wiener Derby. Doch die 311. Auflage (Gesamtbilanz: 127 Rapid-Siege, 71 Remis, 112 Austria-Siege) findet weder im nicht mehr existierenden Hanappi-Stadion, noch in der Generali-Arena statt.

Es steht eine Rückkehr zu den Wurzeln bevor, ins Happel-Stadion, wo Rapid derzeit seine Heimspiele bestreiten muss.

Für viele eine ungeliebte Spielstätte, die in der Geschichte des traditionsreichen Duells um die Nummer eins in Wien jedoch eine tragende Rolle spielt.

Der Prater als Derby-Hochburg

Von insgesamt 278 Meisterschafts-Derbys (116 Rapid-Siege, 68 Remis, 94 Austria-Siege) wurden bisher 118 (49 Rapid-Siege, 23 Remis, 46 Austria-Siege) im Happel- bzw. ehemaligen Prater-Stadion ausgetragen.

Vor allem im Vorfeld der 1977 neu errichteten Rapid-Heimstätte im Westen Wiens, dem Hanappi-Stadion, bzw. dem Ausbau des Horr-Stadions sowie nach dem Platzsturm 2011 fanden die Aufeinandertreffen großteils im zweiten Wiener Gemeindebezirk statt.

Heimvorteil hin, Heimvorteil her. Prinzipiell sollte die Location keine gröberen Auswirkungen auf den sportlichen Vergleich haben - schon gar nicht auf das Derby. Deshalb füttert Rapid-Trainer Zoran Barisic nur zu gerne das Phrasenschwein: „Ein Derby hat seine eigenen Gesetze, es gibt in diesem Match keinen Favoriten.“

Und auch Austrias AG-Vorstand Thomas Parits betont: „Das ist eine Prestige-Angelegenheit, das hat mit der Tabelle nichts zu tun.“

Rekorde, Serien und Statistiken

Rund 25.000 Tickets gingen für das Duell des grün-weißen Tabellendritten und dem violetten Siebenten bereits über den Ladentisch.

Klubservice-Leiter Andy Marek hofft sogar noch, die 30.000er Marke zu knacken, um eine hervorragende Kulisse für das Spiel der Spiele in der Bundesliga zu garantieren.

Für Spannung ist im Happel-Stadion auf jeden Fall gesorgt, denn für beide Teams steht viel auf dem Spiel. Ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt, dass die Derbys im Happel- bzw. Prater-Stadion ihre ganz individuelle Entwicklung nahmen.

Ob Rekorde, Serien oder interessante Statistiken – im Ausweich-Stadion der Wiener Großklubs war bisher schon von allem etwas dabei.

  • Das erste Derby im Prater

Wir schreiben das Jahr 1933, genauer gesagt den 2. April. An diesem Tag wurde das Duell erstmals am sonntägigen Austragungsort gespielt. Allerdings kann das Stadtderby zum damaligen Zeitpunkt den Vergleich mit dem heutigen noch nicht antreten. Erst über die Jahre entwickelte sich die Rivalität zwischen den beiden Lagern. Am Ende triumphierte Rapid im ersten Spiel im Prater mit 2:0. Die Tore erzielten Rudolf Vytlacil sowie Rapids bis zum heutigen Tag erfolgreichster Derby-Torschütze Franz „Bimbo“ Binder (21 Tore).

  • Der höchste Rapid-Sieg

In Zeiten wie diesen sind Ergebnisse in dieser Höhe beinahe nicht mehr nachvollziehbar. Das 10:1 der Hütteldorfer am 23. August 1942 im Praterstadion stellte einen Rekord für die Ewigkeit dar. Eine ähnliche Schmach musste Austria 1916, damals noch als „Wiener Amateur-Sportverein“, beim 0:9 auf der Pfarrwiese hinnehmen.

  • Ein denkwürdiges Tor-Festival

In den Genuss des torreichsten Derbys im Wiener Erholungsgebiet, dem Prater, kamen die 55.000 Zuschauer am 17. September 1950, als sich Rapid und Austria beim 7:5 einen echten Schlagabtausch lieferten. Bei strömendem Regen kamen die Violetten nach einem 0:2 und 1:3 zurück und stellten auf 3:3. Rapid konnte im weiteren Verlauf eine zweimalige Führung des Rivalen auf 5:5 ausgleichen, ehe ein Doppelschlag von Robert Dienst und Robert Körner den Rapid-Sieg perfekt machte.

Das Happel-Oval galt einmal als eines der modernsten Stadien Europas
  • Der höchste Austria-Sieg

45 Jahre ist es her, dass die Austria den grün-weißen Kontrahenten mit einem halben Dutzend abfertigte. 6:0 hieß es am Ende im Praterstadion, dieses Ergebnis steht noch heute als höchster Derbyerfolg der Austria in den Geschichtsbüchern. Zweimal gelang ein 5:0-Erfolg: Am 16. Mai 1937 ebenfalls im Prater und am 9. Mai 1926 auf der Pfarrwiese.

  • Austrias aktueller Lauf im Happel

Des einen Freud, des anderen Leid. Die Austria konnte in der jüngeren Vergangenheit besser mit den Gegebenheiten im Happel-Stadion umgehen. Seit dem 6. Mai 2001 sind die Veilchen in Derbys im Prater ungeschlagen. In dieser Zeit ging die Austria in fünf Meisterschaftsspielen und dem Cup-Finale 2005 als Sieger hervor und musste nur einmal in der Liga ein Remis akzeptieren. Dieses gab es beim letzten Aufeinandertreffen am 18. Februar 2012 (0:0). „Wir freuen uns alle auf das Derby und wissen, dass das Happel ein guter Boden für uns Austrianer ist“, meint Coach Gerald Baumgartner. Eine eindrucksvolle Serie, die jedoch mit der nachfolgenden kollidiert.

  • Rapids anhaltende Derby-Unbesiegbarkeit

Denn während Rapid den Happel-Fluch fürchtet, sieht die allgemeine Derby-Bilanz zuletzt rosig aus. Seit sechs Duellen mit dem ewigen Rivalen sind die Grün-Weißen ungeschlagen. Neben drei Siegen konnten drei Remis eingefahren werden. Die Austria wartet somit bereits seit dem 17. Februar 2013 auf einen Derby-Erfolg. Damals drehte Philipp Hosiner mit einem Doppelpack ein 0:1 in ein 2:1. Rapid-Sportdirektor Andreas Müller prophezeit eine Fortsetzung dieses Erfolgslaufs: „Ich habe in meiner Amtszeit noch kein Derby verloren, und das wird auch am Sonntag so bleiben.“

  • Rapids 50. Meisterschafts-Derby-Erfolg im Prater?

Sollte sich Rapids jüngste Sieges-Serie gegen jene im Happel-Stadion durchsetzen, würde ein Jubiläum bevorstehen. Im Falle eines Sieges der Barisic-Truppe würde Rapid den 50. Meisterschafts-Derby-Sieg im Happel-Stadion feiern. Ob Meilensteine erreicht, Serien prolongiert und beendet, oder neue Rekorde aufgestellt werden, wird sich weisen. Die Rückkehr ins Happel-Stadion macht es möglich, Spannung ist garantiert. Das muss selbst der Mensch als Gewohnheitstier einsehen.


Alexander Karper