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"Ich habe all diese Sachen über mich gehört..."

Da behaupte noch einer, im Fußball gebe es keine Duplizität der Ereignisse.

Rapid-Stürmer Robert Beric trifft gegen Ex-Klub Sturm Graz und wird danach von Referee Manuel Schüttengruber ausgeschlossen – alles schon einmal dagewesen, und zwar beim ersten Saison-Duell der beiden Teams.

Der Unterschied: Diesmal flog der Slowene nicht mit einer Roten Karte vom Platz, sondern sah zwei Mal Gelb – einmal für seinen provokanten Torjubel in Richtung Sturm-Fans, später für ein harmloses Foul bei einem Kopfball-Zweikampf.

„Really, it’s funny“, konnte der 23-Jährige über diese Gelb-Rote Karte nur sarkastisch schmunzeln, „von mir gibt es keinen Kommentar dazu, schaut es euch einfach im TV an. Unglaublich, unglaublich!“

Beric: „Ich habe diesen Fans nichts getan“

Wirklich lustig fand Beric jedoch den Sieg und den Umstand, dass er den wichtigen Treffer zum 2:0 beisteuerte. Danach ließ er seinen Emotionen freien Lauf und demonstrierte den Grazer Anhängern sein Glücksgefühl des Torerfolgs eindringlich.

Geplant habe er diese Aktion jedoch nicht: „Ich habe all diese Sachen über mich gehört und verstehe nicht, warum sie das sagen. Ich habe diesen Fans nichts getan“, verteidigte der Angreifer seinen emotionalen Ausbruch, „es ist schon vor dem Spiel losgegangen, den ganzen Tag kamen diese Beric-Gesänge. Wenn du dann das Tor triffst, ist es normal, dass du jubelst. Das war nichts Besonderes.“

Dass das Aufeinandertreffen mit Sturm indes sehr wohl etwas Besonderes gewesen sei, verhehlte Beric erst gar nicht: „Es war eine gute Stimmung, das Stadion war voll, meine Motivation war heute noch ein bisschen höher als in anderen Spielen, immerhin war das mein Ex-Klub.“

Im Sommer 2013 folgte der Stürmer für eine Ablöse von rund einer Million Euro Trainer Darko Milanic vom NK Maribor in die steirische Landeshauptstadt. Obwohl sich seine Ausbeute mit zehn Toren und elf Assists akzeptabel liest, konnte er sich bei den „Blackies“ nie das erhoffte Standing erarbeiten. Zu groß wirkte der Druck der hohen Transfersumme.

„Er war damals schon nicht so beliebt“

Ein Jahr später bot sich die Chance zur Flucht nach Wien. Beric nutzte diese und hält nach Anlaufschwierigkeiten inzwischen bereits bei acht Saison-Treffern.

Ganz sind die Connections nach Graz jedoch noch nicht abgerissen: „Ich habe zwei, drei Freunde bei Sturm, mit denen ich in Kontakt stehe. Mit den Spielern habe ich keine Probleme.“

Ein brennendes Kainz-Trikot

Die Heimkehr in die alte Heimat geriet zum Spießrutenlauf. Auf der Tribüne wurde ein abgetrennter Schweinekopf platziert – eine Aktion, die sehr an den ersten Clasico nach dem Wechsel von Luis Figo vom FC Barcelona zu Erzfeind Real Madrid erinnerte. Ein altes Sturm-Trikot mit der Nummer 14 wurde verbrannt und sein Arbeitstag mit nicht druckreifen Sprechchören begleitet.

„Sicher ist es nicht leicht für einen Spieler wie Flo“, litt Stangl mit seinem Vordermann, „aber man muss versuchen, das auszublenden. Man muss sich auf das Spiel konzentrieren und schauen, dass man seine Leistung bringt. Alles andere ist nebensächlich.“

„Tolle Kulisse, so macht Fußball Spaß“

So gesehen wusste Kainz weniger aufzufallen als Beric, angesichts des 3:1-Siegs wird er es jedoch vermutlich verschmerzen. Abseits des brisanten Empfangs der Ex-Lieblinge genossen alle Beteiligten eine Atmosphäre, wie sie Österreichs höchster Spielklasse viel zu selten vorkommt.

„Ein spannendes und für mich auch sehr gutes Spiel zweier guter Mannschaften. Wir haben uns vor einer wirklich tollen Kulisse gut präsentiert. So macht Fußball Spaß“, meinte Zoran Barisic stellvertretend.

Haderte der Rapid-Coach im Saisonverlauf bisweilen mit der Treffsicherheit seiner Schützlinge, konnte er sich diesmal bezüglich Effizienz nicht beschweren. Die drei größten Chancen wurden allesamt in Tore umgemünzt, zwei davon aus Standard-Situationen.

Missfallen hat Barisic lediglich das Auftreten unmittelbar nach Wiederanpfiff, als Sturm erst der schnelle Anschlusstreffer zum 1:2 durch Thorsten Schick gelang und Goalie Jan Novota in der Folge gegen Josip Tadic den 2:2-Ausgleich verhindern musste:

„In dieser Phase hatten wir Glück, sonst hätte das Spiel komplett in die andere Richtung gehen können. Danach waren wir jedoch in der Defensive ziemlich stabil, hätten aber den einen oder anderen Konter besser fahren können. Aber unter dem Strich bin ich mit dem Spiel und dem Auftreten meiner Mannschaft nicht unzufrieden.“

Gemischte Gefühle bei Foda

Das war auch sein Gegenüber Franco Foda nicht, bei dem ob des Ergebnisses jedoch naturgemäß gemischte Gefühle vorherrschten.

„Wir haben riesigen Aufwand betrieben, super gegen den Ball und teilweise sehr gut mit dem Ball gespielt, aber man hat eh gesehen, welche Gegentore wir kriegen“, monierte Daniel Beichler, „wir haben uns das selbst zuzuschreiben. Wir waren über 90 Minuten die bessere Mannschaft, aber es war leider wie so oft in dieser Saison. Wir haben uns nicht belohnt.“

Unisono wies man im Sturm-Lager darauf hin, dass die Stärke Rapids bei ruhenden Bällen alles, nur keine Überraschung gewesen sei. „Generell ist jedes Gegentor blöd, bei jedem Verein und nicht nur bei uns, aber wir haben gewusst, dass Rapid bei Standards, Flanken und Kopfbällen brandgefährlich ist. Wenn man zwei Tore kriegt, obwohl man weiß, dass Rapid das sehr gut kann, haben wir etwas falsch gemacht“, verdeutlichte Schick.

Die entscheidenden Zweikämpfe

Selbst sei man laut Meinung des Sturm-Torschützen gut ins Angriffsdrittel gekommen, dort habe jedoch die Entschlossenheit beziehungsweise Klarheit in den Aktionen gefehlt, um sich mehr gute Einschussmöglichkeiten herauszuspielen.

Für Schick eine verpasste Gelegenheit. Denn in einem so gut wie lange nicht gefüllten Stadion war die Chance zur Eigenwerbung riesig. „Der Funke auf das Publikum ist definitiv übergesprungen, das Stadion hat von der ersten Minute an gebebt. Genau das wollten wir bewirken“, betonte Schick.

Bei Rapid zeigt man sich jedenfalls zufrieden mit dem Umstand, dass sich der Slowene gut eingelebt hat und als treffersicher erweist – gerade gegen den früheren Arbeitgeber.

„Ich glaube, dass seine Genugtuung sehr groß ist. So wie ich es damals verfolgt habe, finde ich, dass er sehr viel für Sturm getan hat, das aber nie so akzeptiert worden ist. Er hatte viele Vorlagen und auch nicht wenig Tore. Es ist klar, dass er dann so reagiert, denn er war damals schon nicht so beliebt, als er bei Sturm war. Bei uns fühlt er sich pudelwohl. Das ist auch für uns wichtig“, betonte Stefan Stangl.

Spießrutenlauf für Kainz

Der Linksverteidiger war neben Beric, Mario Sonnleitner und Florian Kainz einer von vier Ex-Sturm-Kickern, die sich in der grün-weißen Startelf wiederfanden. Wie Sonnleitner nach Schlusspfiff feststellen konnte, hat er die Rolle des Buhmanns aus Sicht der Sturm-Fans inzwischen abgeben.

Tendenziell noch mehr als Beric ist dem harten Kern der schwarz-weißen Anhänger nämlich der Abgang von Kainz zum Wiener Rivalen ein Dorn im Auge. Der Eigenbauspieler wurde 2011 mit den Grazern Meister, auch die laufende Saison eröffnete er noch im Sturm-Dress, ehe er sich nach wochenlangen Transfergerüchten zum Tapetenwechsel entschied und bei den Hütteldorfern anheuerte.

Während Foda diesmal das Aufbauspiel (61,6 Prozent Ballbesitz) lobte und nur den letzten Pass vermisste, war das Zweikampfverhalten ein Manko. Nur 40,4 Prozent der Duelle Mann gegen Mann entschieden Grazer Akteure für sich.

„Wenn du gegen Rapid spielst, ist es immer ein intensives Spiel. Da geht es auch viel über Zweikämpfe und Eins-gegen-Eins-Situationen. Man muss nicht immer eine Quote von 70 Prozent haben, aber die entscheidenden Zweikämpfe haben wir heute nicht gewonnen“, monierte der 48-Jährige.

Die Chance zur Revanche

Bereits am Mittwoch treffen beide Teams im Rahmen des ÖFB-Cups wieder aufeinander, diesmal jedoch im Wiener Happel-Stadion.

„Anderes Spiel, neue Geschichte“, blickte Foda auf die Revanche voraus, „wir spielen auswärts, können da etwas kompakter agieren und werden sicher nicht ganz vorne attackieren, wie wir es heute zeitweise gemacht haben. Aber es wird wieder ein Spiel auf Augenhöhe, hoffentlich ebenfalls vor vielen Zuschauern, und wir werden alles unternehmen, um eine Runde weiterzukommen.“

Barisic strich hervor, dass Sturm unter anderem der diesmal gesperrte Marco Djuricin wieder zur Verfügung stehen werde: „Dadurch hat Franco auch mehr Varianten. Dieses Spiel beginnt für beide Mannschaften wieder bei null. Beide Trainer werden aus diesem Spiel ihre Lehren ziehen.“

Während Beric für das nächste Bundesliga-Match gesperrt ist, darf er in dieser Partie auflaufen. Der Slowene strebt tendenziell sein drittes Tor in der dritten Begegnung gegen Sturm an, noch wichtiger ist ihm jedoch ein Weiterkommen gegen den Ex-Verein:

„Dieses Spiel ist für uns sehr wichtig. Ich hoffe, wir gewinnen, denn der Cup ist für uns eine große Chance auf einen Titel.“

Peter Altmann

Der Deutsche sprach zwar von der besten Partie nach seiner Rückkehr auf die Trainerbank Sturms, stellte jedoch klar: „Das ist immer so eine Sache, wenn man nach einer Niederlage sagt, man ist zufrieden, aber man muss es nüchtern analysieren: Das Ergebnis hat leider nicht gepasst, aber von der Art und Weise, wie wir gespielt haben, war es okay. Wir müssen jedoch noch viel arbeiten, es gibt viel zu tun.“

Das größte Problem für Foda, dessen Vorgänger Milanic bei Leeds United bereits wieder Geschichte ist, lag auf der Hand: „Um gegen Rapid Wien zu gewinnen, darfst du dir diese einfachen Fehler, die zu den Gegentoren geführt haben, nicht erlauben. Das war der Unterschied.“

In der Tat stellte sich Sturm bei allen drei Verlusttreffern ungeschickt an. Beim Beric-Tor ließ sich erst Lukas Spendlhofer abschütteln, auch die Rettungsaktion von Innenverteidiger-Kollege Michael Madl kam zu spät. Bei den beiden aus ruhenden Bällen resultierenden Gegentoren wiederum kamen Stefan Schwab und Christopher Dibon zum Abschluss, obwohl sie gegenüber ihren schwarz-weißen Gegenspielern klar in Unterzahl waren.

„Gibt wenige Standardschützen wie Hofmann“

„Es gibt natürlich wenige Standardschützen wie Steffen Hofmann, der die Bälle auch punktgenau dorthin bringt, wo die Spieler einlaufen“, erkannte Foda an, kritisierte jedoch gleichzeitig das Abwehrverhalten bei weiteren Standards. Schon vor dem 0:1 schwamm Sturm beim einen oder anderen Freistoß oder Eckball.

Fodas Schützlinge ärgerten sich logischerweise, dass sie nach diesem Auftritt mit leeren Händen dastanden.

Sturm Rapid
Ballbesitz 61,6% 38,4 %
Zweikämpfe 40,4 % 59,6 %
Eckbälle 3 5
Torschüsse 7 7
Torschüsse außerhalb Strafraum 2 2
Torschüsse innerhalb Strafraum 5 5
Kopfballchancen 1 4
Abseits 7 1
Fouls 20 19