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"Ich bin froh, dass ihnen noch etwas eingefallen ist"

„Offi hat mir nur in die Augen geschaut, da haben wir gewusst, was los ist.“

Marko Stankovic freute sich zurecht diebisch, dass sein kongenialer Trickspielzug mit Daniel Offenbacher aufging und dieser den 1:0-Sieg von Sturm Graz gegen den SV Grödig sicherstellte.

Nur kurz tippte der 28-Jährige in Minute 83 einen Eckball an. Unbemerkt von den noch nicht formierten Grödigern. Anel Hadzic legte die folgende Offenbacher-Flanke perfekt für Torschützen Marco Djuricin ab.

Eine Finte, die Stankovic von Papa Dejan in alten DSV-Leoben-Zeiten gelernt hat, wie er grinsend zu Protokoll gab: „Damals gab es noch keine Videoanalysen.“

Ergebnisglück ist zurück

Vielleicht wichtigster Effekt dieses Geniestreichs: Dadurch glückte das Comeback von Meistertrainer Franco Foda als Trainer der „Blackies“.

Überglücklich ballte der Deutsche nach dem Schlusspfiff beide Fäuste. Ein in Graz-Liebenau oft erlebtes Bild, diesmal jedoch nach zweieinhalb Jahren Abwesenheit trotzdem eine spezielle Szene.

Fast scheint es, als wäre mit dem 48-Jährigen auch wieder das Ergebnisglück in die steirische Landeshauptstadt zurückgekommen.

Nicht nur, weil Sturm erst den zweiten Heimsieg in dieser Saison feierte. Auch vom Spielverlauf her war der Sieg zwar verdient, der Faktor Glück spielte jedoch keine unwesentliche Rolle.

Foda: „Schiedsrichter hätte Elfmeter geben können“

Einerseits weil bei weitem noch nicht alles so funktionierte, wie Foda es sich vorstellte, andererseits ganz konkret wegen eines Fouls von Torhüter Christian Gratzei im Strafraum an Matthias Maak, nach dem in der Schlussminute der Pfiff von Referee Oliver Drachta ausblieb.

„Da hatten wir Glück. Nach dem Studium der TV-Bilder hätte der Schiedsrichter Elfmeter geben können“, gestand Foda, der seine Schützlinge samt Betreuerstab nach vollbrachter Tat noch am Spielfeld einen Kreis bilden ließ, ein.

Alles in allem war es ein Einstand mit Licht und Schatten. „Die zweite Halbzeit war sehr gut, aber in der ersten Halbzeit haben wir vor allem in den ersten 15 Minuten sehr, sehr viel falsch gemacht“, warnt der Rückkehrer davor, den Comeback-Sieg durch die rosarote Brille zu betrachten:

„Wir haben gemerkt, dass der Mannschaft aufgrund der Tatsache, dass sie die letzten Spiele zu Hause nicht gewinnen konnte, die Leichtigkeit im Spiel gefehlt hat. Defensiv waren wir über das ganze Spiel sehr gut organisiert, aber wir hatten keine Passqualität im Spiel nach vorne.“

„Das wollen alle Sturm-Anhänger sehen“

Erst mit dem Auftreten nach dem Wiederanpfiff zeigte sich Foda zufrieden: „Da haben wir richtig gut gespielt, hatten mehr Vertrauen in unser Spiel und haben versucht, nach Balleroberung schnell umzuschalten. Das ist uns teilweise sehr gut gelungen. Dadurch haben wir auch drei, vier gute Möglichkeiten kreiert. Auch aufgrund der zweiten Halbzeit war der Sieg nicht unverdient.“

Auf immerhin 21 Torschüsse brachten es die Steirer in dieser Partie – eine Anzahl, die man zuvor im gesamten Saisonverlauf nicht zustandegebracht hatte.

Daran hatte vor allem Djuricin seinen Anteil. Sage und schreibe zehn Mal nahm der Stürmer das Gehäuse von Grödig-Goalie Cican Stankovic ins Visier.

„Erste Halbzeit waren wir ein bisschen übermotiviert, das hat noch nicht so gut geklappt“, erkannte der Torschütze, „aber nach der Pause war es sehr gut. Es waren wieder einmal über 9000 Fans im Stadion, und das wollen alle Sturm-Anhänger sehen, dass wir nach vorne spielen, super Pässe in die Tiefe spielen und kombinieren. Das hat super geklappt.“

„Haben noch viel Arbeit vor uns“

Für den 21-Jährgen war es bereits der sechste Saison-Treffer. Wobei er nur bedingt Gratulationen entgegennahm, weil er seine Quote ob der vielen Chancen noch weiter hätte nach oben schrauben können:

Seine Hoffnung: „Wir haben viele junge Burschen, die noch dazulernen müssen. Wenn sie das durch diese Aktion getan haben, ist es zwar eine harte Strafe, aber okay. Wenn nicht, war es umsonst.“

Aber wer war nun eigentlich der Urheber des Tricks? Während Djuricin etwas überhöflich meinte, „der Trainer“ hätte den Input gegeben, beließ Foda das Copyright freimütig bei der Familie Stankovic:

„Wir haben zwar Standardsituationen trainiert, aber nicht diese Variante. Das war eine Idee von meinen Spielern. Aber das gehört dazu, sie müssen kreativ sein. Ich bin froh, dass ihnen da noch etwas eingefallen ist. Dass jemand auf den zweiten Pfosten läuft, verlange ich schon, aber nicht, dass der Eckball so kurz ausgeführt wird. Ich war selbst etwas überrascht, keiner hat damit gerechnet – die Spieler von Grödig nicht, wir selbst draußen nicht. Es war nicht geplant, so ehrlich muss man sein. Es bringt nichts, etwas anderes zu erzählen…“


Peter Altmann

Sturm Grödig
Ballbesitz 48,5% 51,5%
Zweikämpfe 51,0% 49,0%
Eckbälle 6 4
Torschüsse 21 13
Torschüsse außerhalb Strafraum 8 5
Torschüsse innerhalb Strafraum 13 8
Kopfballchancen 6 2
Abseits 1 1
Fouls 21 17

„Ich kann nur so viele Tore schießen, wie sie mit die Mannschaft auflegt und man muss sagen, das hat mein Zimmernachbar Anel super gemacht. Aber zuvor haben mir schon Marko Stankovic, Thorsten Schick und David Schloffer gute Chancen vorbereitet. Die müsste ich reinmachen, dann gehe ich mit drei Toren nach Hause. Aber wir haben gewonnen, das ist wichtig für die Mannschaft, wir haben bis zum Schluss geackert.“

Grund zur Euphorie gibt es natürlich noch keinen. „Wir haben gewisse Sachen ganz gut gemacht, nichtsdestotrotz haben wir noch viel Arbeit vor uns. Jetzt gilt es die Länderspiel-Pause gut zu nutzen, da werden wir einiges weiterbringen“, versprach Martin Ehrenreich.

Der Rechtsverteidiger war ein weiterer Rückkehrer. Nach über neun Monaten Verletzungspause bestritt der Routinier sein erstes Bundesliga-Spiel seit Dezember 2013 – damals ein 2:0-Heimsieg gegen Rapid.

Schütz: „Haben komplett den Faden verloren“

Während die Sturm-Kicker das selten gewordene Gefühl, mit den Fans feiern zu können, auskosteten, schlichen die Grödiger naturgemäß mit hängenden Köpfen in die Kabine.

„Wir spielen recht gut, erarbeiten uns unsere Chancen, aber im Endeffekt machen wir wieder kein Tor“, kritisierte Stefan Nutz.

Nach zwei Nullnummern gegen die Admira und Austria Wien war dies bereits die dritte Partie in Folge ohne Torerfolg.

„Nach vorne hin war das zu wenig von uns“, bemängelte Daniel Schütz, „wir haben wieder gut begonnen, aber dann komplett den Faden verloren. Ich glaube nicht, dass Sturm spielerisch so viel stärker war. Sie haben einfach probiert, uns mit hohen Bällen Probleme zu bereiten. Wir haben keine zweiten Bälle gewonnen und nach vorne hin für keine Entlastung gesorgt.“

„Es war nicht geplant, so ehrlich muss man sein“

Trainer Michael Baur ärgerte logischerweise vor allem der Tiefschlaf beim Eckball-Trick. „Mit dem Gegentor haben wir uns selbst bestraft. Es war ein ganz guter Trick, aber wie wir uns da verhalten haben, war nicht Bundesliga-würdig“, monierte der Tiroler.