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"Höher einzuschätzen als der Meistertitel der Austria"

Der Abstiegskandidat Nummer eins hat es wieder geschafft.

Der SC Wiener Neustadt wird auch in der Saison 2013/14 in der Bundesliga vertreten sein. Im Gegensatz zum Lokalrivalen SV Mattersburg, der den bitteren Gang in die Erste Liga antreten muss.

Nach dem 2:0-Erfolg gegen den WAC am vorletzten Spieltag ließen die Niederösterreicher auch in der letzten Runde nichts anbrennen und setzten sich beim ersatzgeschwächten, aber dennoch erschreckend schwachen SK Sturm Graz souverän mit 3:0 durch.

Während die Steirer trotz geglückter Europacup-Qualifikation wie die begossenen Pudel in die Kabinen schlichen, machten die Wiener Neustädter Kicker ihren Betreuerstab noch auf dem Rasen nass.

Doch mehr als zehn Saison-Punkte

Da Champagner nicht zum Image des Underdogs passt und die Sturm-Kantine dem blau-weißen Party-Volk erst später mit Bier aushalf, mussten die Trinkflaschen herhalten, um Trainer Heimo Pfeifenberger, dessen Co Mario Posch und Manager Günter Kreissl gebührend zu feiern.

„Ich bin überglücklich, dass wir es hier in Graz in so einem schönen Stadion geschafft haben. Es ist für unsere Burschen immer wieder ein Erlebnis, wenn sie hier spielen können. Wir haben eine hervorragende Saison gespielt und sind verdient in der Liga geblieben“, freute sich Pfeifenberger, der in seiner ersten Spielzeit als Bundesliga-Trainer 36 Punkte erreichte.

36 Punkte, die in der Endabrechnung sogar zum 7. Platz reichten, womit man wohl die meisten Experten eines Besseren belehrt hat.

„Unter dem Strich ist der 7. Platz verdient. Wir haben schönen Fußball gespielt und alle gestraft, die gesagt haben, wir werden nicht mehr als zehn Punkte machen“, konnte Dennis Mimm eine gewisse Genugtuung nicht verbergen.

„Höher einzuschätzen als der Meistertitel der Austria“

Laut Meinung des Tirolers wäre sogar eine noch bessere Saison drinnen gewesen: „Wir haben noch einige Punkte liegen gelassen, wo wir gut gespielt haben. Vor allem gegen die Gegner im Tabellenkeller haben wir meiner Meinung nach zu wenig Punkte gemacht. Aber mit dem 7. Platz haben wir die Erwartungen weit übertroffen.“

Nachsatz: „Ich glaube, das ist höher einzuschätzen als der Meistertitel von Austria Wien.“

Darüber lässt sich objektiv freilich trefflich streiten, man mag Mimm jedoch seine subjektive Ansicht durchgehen lassen – die Euphorie ist derzeit ohnehin bei beiden Vereinen grenzenlos.

„Leidenschaft, Kampf – das zeichnet uns aus! Man hat jedoch gesehen, dass wir auch spielerisch gut drauf sind. Das alles zusammen ist das Paket Wiener Neustadt, das den Erfolg ausmacht“, strahlte Mario Pollhammer.

„Jeder unterschätzt uns, keiner rechnet mit uns“

Dazu kommt die Underdog-Rolle. „Die kommt uns auf jeden Fall zu Gute“, verdeutlichte der 23-Jährige, „jeder unterschätzt uns, keiner rechnet mit uns. Wir geben aber immer unser Bestes und gehen in jede Partie, um zu gewinnen.“

Pollhammer zählte gegen Sturm zu den Gewinnern unter den Gewinnern, brachte der frühere GAK-Kicker sein Team doch mit seinem Kopfball-Treffer zum 1:0 ausgerechnet an alter Wirkungsstätte auf die Siegerstraße – noch dazu sein Premieren-Treffer in der höchsten Spielklasse:

„Hier habe ich mein erstes Regionalliga-Tor gemacht und jetzt mein erstes Bundesliga-Tor – schöner kann es nicht sein!“

Wie überhaupt alle drei Wiener Neustädter Torschützen ihre Verbindung zu Graz haben. Daniel Offenbacher stellte sich mit seinem schönen Schuss zum 2:0 bei seinem neuen Arbeitgeber vor und wurde dafür sogar von den ansonsten meist schweigsamen Sturm-Fans gefeiert, während er selbst bewusst auf Jubel-Gesten verzichtete.

Die „GAK-Achse“ trifft

Für den Schlusspunkt sorgte Herbert Rauter, der seine Karriere bei Sturm Graz begann, in den Jahren vor seinem Wechsel zu Wiener Neustadt jedoch erfolgreich in der Regionalliga für den GAK auf Torjagd ging.

„Als ‚Polli‘ getroffen hat, habe ich mir gedacht, dass ich nachlegen muss. Es ist umso schöner, dass wir beide getroffen haben“, grinste der Routinier über das doppelte Erfolgserlebnis der GAK-Achse.

Rauter, der auch in der kommenden Saison in Wiener Neustadt tätig sein wird, war besonders stolz, dass man den Klassenerhalt aus eigener Kraft sichergestellt hat:

„Wie es auf den anderen Plätzen ausgegangen ist, ist uns egal. Wir haben vor den letzten beiden Runden immer gesagt, dass wir auf uns schauen müssen. Das ist uns mit zwei Siegen gelungen.“

Gute Saison – bis auf zwei Aussetzer

Während knapp zehn Prozent der 32 Saison-Tore beim Ausklang in Graz gelangen, war die disziplinierte Defensive die Basis für den Verbleib in der Liga.

„Bis auf zwei Aussetzer gegen den WAC und Salzburg haben wir eigentlich immer ganz gut gespielt, sind kompakt gestanden und haben gar nicht so viele Tore bekommen, wenn man diese beiden Spiele ausnimmt“, analysierte Mimm.

Die beiden besagten Partien gingen jeweils 0:6 verloren, womit man zwölf der insgesamt 60 Gegentore alleine in diesen Begegnungen kassierte. Dennoch musste man seltener den Ball aus dem eigenen Netz holen als die unmittelbaren Abstiegskonkurrenten.

„Sind auch mit schönem Fußball oben geblieben“

Mimm: „Wir sind aber auch mit einem schönen Fußball oben geblieben, haben uns zunehmend gesteigert. Am Anfang hatten wir Probleme, uns zu finden. Aber das hat sich gelegt, nachdem wir immer besser eingespielt waren.“

Das Abenteuer Bundesliga geht für die Wiener Neustädter also weiter. Aufgrund des limitierten Budgets sind auch kommende Saison keine Wunderdinge zu erwarten.

Aufsteiger Grödig hin oder her – der Abstiegskandidat Nummer eins steht für so manchen wohl jetzt schon wieder fest…

Peter Altmann

Sturm Wr. Neustadt
Torschüsse Feldhofer, Ciftci 2 Martschinko, Hofbauer, Offenbacher, Rauter, Fröschl 2
Torschuss-Vorlagen Ranftl, Kröpfl 2 Hofbauer 3
Ballkontakte Kröpfl 72 Pollhammer 84
Zweikampfquote Feldhofer 62,5 % Mimm 80,0 %
Passquote F. Kainz 88,2 % Rauter 96,4 %