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Chaos, Fan-Aufstand und keine Rückendeckung

Chaos, Fan-Aufstand und keine Rückendeckung

Bei Rapid macht sich Chaos breit.

Sportlich, vereinsintern und im Umfeld schrillen die Alarmglocken nach der 0:2-Heimniederlage gegen den Wolfsberger AC. Der Auftritt grenzte schon beinahe an Arbeitsverweigerung.

Noch dazu war es keinesfalls das erste Mal in dieser Saison, dass sich die Mannschaft enttäuschend präsentierte, somit konnte sich der Ärger bei den Fans über mehrere Spiele hinweg aufstauen.

In der 60. Minute boykottierten – bis auf einige Ausnahmen – sowohl die West- als auch die Osttribüne den Support und verließen zu Tausenden das Stadion.

Nicht nur die Anhänger stellten alles in Frage, auch Präsident Rudolf Edlinger kündigte im Anschluss Maßnahmen an.

Trainer Schöttel als Sündenbock?

„Vorstand raus“ oder „Wir haben die Schnauze voll“ skandierten die Besucher im Hanappi-Stadion und forderten nach der fünften Niederlage in den letzten sieben Pflichtspielen Veränderungen.

„Das war ein sehr schlechtes Spiel. Ich verstehe auch die friedlichen Proteste der Fans. Wir müssen die Gesamtsituation analysieren und Lösungen finden, um wieder besser zu spielen“, gab der Rapid-Präsident zu Protokoll.

Um Lösungen zu finden, soll alles ins Auge gefasst werden. Doch wie so oft verdichten sich die Anzeichen, dass der Trainer als schwächstes Glied in der Kette als Schuldiger herhalten muss.

„Dass wir Veränderungen vornehmen müssen, ist klar. Es ist alles offen, wir werden alles überdenken“, ließ sich Edlinger aber nicht auf Schnellschüsse ein.

Rückendeckung für Trainer Peter Schöttel sieht anders aus. Denn dieser muss nicht zum ersten Mal als Sündenbock herhalten.

Kein System auf und abseits des Platzes

„Man hat überhaupt kein System erkannt“, kritisierte Edlinger den sportlichen Auftritt der Grün-Weißen gegen den Kärntner Aufsteiger.

Eine Aussage, die in der aktuellen Situation jedoch auf den gesamten Verein und seine Führung umzumünzen ist.

Während sich Schöttel Woche für Woche kritischen Fragen stellen muss und als einziger den Verein nach außen repräsentiert, hielt sich die Vereinsführung in den wichtigen Fragen bedeckt. Dazu gesellen sich Kritik an Budget, Stadionplänen und dem Umgang mit Fans und der Öffentlichkeit.

Auch dass die Fans die Ablöse des Vorstands und nicht des Trainers forderten, brachte Edlinger nicht aus der Ruhe.

Für ihn kommt eine Niederlegung seines Amtes, das er noch ein Jahr inne hat, nicht in Frage: „Ich will den Verein in so einer heiklen Situation nicht verlassen.“

„Bin kein Trainer der verbrannte Erde hinterlässt“

Der Trainer tat sich nach dem Schlusspfiff schwer, Worte zu finden. Zum einen zu der sportlichen Situation, zum anderen zum drohenden Zerfall des Vereins.

„Es ist immer gut, wenn man über alles redet“, nahm der 45-jährige Wiener Bezug auf die Aussagen des Präsidenten.

Es war ihm anzumerken, dass es schon längst in ihm brodelt. Trotzdem bleibt der Chefbetreuer aber sachlich und spricht nur ein paar Verfehlungen der letzten Monate an.

„Es gibt Trainer, die ganz klare Forderungen stellen und diese über Medien und die Öffentlichkeit spielen. Einige sind damit erfolgreich, hinterlassen bei ihrem Verein aber verbrannte Erde. So einer bin ich nicht.“

Belastungen mit aktuellem Kader nicht zu bewältigen

Weder die sportlichen Schwankungen, noch die aufkeimende Trainerdiskussion konnten Schöttel , der auf die Europa-League-Saisonen der Konkurrenz verweist, überraschen.

Als etwa Karl Daxbacher bei der Austria in Zeiten der Doppelbelastung seinen Hut nehmen musste oder auch der Trainerstuhl von Franco Foda bei Sturm Graz gehörig wackelte.

„Mit diesem Kader können die Belastungen der Europa League nicht aufgefangen werden“, musste der Rapid-Coach zugeben, verteidigte aber den eingeschlagenen Weg, mit jungen Spielern den Erfolg zu suchen.

Großartige Sprünge seien ohnehin nicht möglich. Einen Philipp Hosiner hätte auch er gerne in seinem Team gesehen. „Wenn man die Konditionen hört, sind wir halt nicht mehr dabei.“

„Müssen uns im Verein selbst an der Nase nehmen“

Zudem kann es sich der verdienstvolle ehemalige Rapid-Spieler nicht verkneifen, einen Seitenhieb auf die Außendarstellung des Vereins zu wagen.

„Wir müssen uns im Verein selbst an der Nase nehmen. Wir haben es verabsäumt, unsere Erfolge richtig zu präsentieren“, bezieht sich Schöttel unter anderem auf den zweiten Platz im Vorjahr als einige trotz des Umbruchs dem Meistertitel nachweinten.

„Wenn man sich über Erfolge nicht mehr freuen kann, wird es zu einer einzigen Katastrophe im Empfinden der Leute.“

Gegen das Schlechtmachen von außen habe man sich zu wenig gewehrt. Viel bleibt am einzigen greifbaren Rapid-Vertreter hängen, der einmal mehr die vielen Ausfälle, junge, unerfahrene Spieler usw. als Grund für die Talfahrt anführt.

„Alles was ich sage, wird als Ausrede interpretiert“, sieht sich Schöttel in einer schwierigen Situation. Über die es zu reden gilt.

Während Schöttel davon ausging, gegen Mattersburg noch auf der Trainerbank zu sitzen, ließ sich Edlinger in dieser Hinsicht nichts entlocken. Veränderungen sind aber unumgänglich.


Alexander Karper