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"Mit Didi Mateschitz hat das funktioniert"

Zehn Jahre Red Bull Salzburg.

Nicht jeder aktuelle Mitarbeiter kann von sich behaupten, die vergangenen zehn Jahre von Anfang bis Ende mit an Bord gewesen zu sein. Herbert Ilsanker und Heinz Arzberger schon.

Ersterer ist seit Beginn als Tormann-Trainer dabei. Zweiterer war bis 2010 noch selbst aktiver Tormann im Kader, wurde dann ebenfalls Betreuer bei den Juniors und in Liefering und vertritt aktuell Ilsanker nach dessen Knie-Operation auf dem Feld beim Training der Kampfmannschaft.

Bei LAOLA1 schwelgen beide Veteranen im Doppel-Interview in guten wie in schlechten Zeiten.

LAOLA1: Hat Sie der Einstieg von Red Bull damals auch überrascht? Wie waren die ersten Tage?

Heinz Arzberger: Zu diesem Zeitpunkt war es überraschend. Man hat eigentlich zuvor nichts darüber gewusst. Wir hatten damals ein Freundschaftsspiel gegen Puch, als wir es als Mannschaft nach Spielende erfahren haben. Es wurde positiv aufgenommen, als Spieler hat man sich aber natürlich auch Gedanken gemacht, wie das für einen selbst weitergehen würde. Dass große Veränderungen im Kader kommen würden, war absehbar.

Oft trug Arzberger sie nicht, die violetten Stutzen

LAOLA1: Nicht nur Veränderungen im Kader, sondern auch, was vor allem die Farben des Klubs betrifft. Unvergessen bleibt dabei das Tragen der violetten Stutzen. War das Ihre Idee?

Arzberger: Es ist vorgeschlagen worden und ich habe mich danach gerichtet. Es war nicht oft der Fall, man hat eben versucht, sich mit den Fans zu einigen. Aber das war absehbar, dass das nicht die Dauer-Lösung sein würde.

LAOLA1: Sie waren in den glorreichen 90er Jahren von Austria Salzburg aktiv dabei. Wie haben Sie das Farbenspiel miterlebt?

Herbert Ilsanker: Ich sehe das in zweierlei Hinsicht. Du bist zum einen Funktionär, dessen Klub übernommen wird. Du bist Fan, der einer Farbe treu ist. Natürlich bist du auch als Funktionär ein Violetter, aber es wäre in dieser Konstellation mit Rudi Quehenberger nicht mehr so weitergegangen. Es hätte nicht funktioniert, immer vorne mitzuspielen und international zu spielen. Die Funktionäre waren damals schon happy, weil sie wussten, dass wieder etwas geht. Natürlich war es für den Fan traurig, dass alles geändert wurde, aber wenn du bei diesem Verein arbeitest, willst du ja auch wieder etwas in Angriff nehmen. Mit Didi Mateschitz hat das funktioniert. Ich wüsste nicht, wie es sonst heute aussehen würde.

LAOLA1: Wie erinnern Sie sich an die erste Saison?

Arzberger: Es hat nicht für den Meistertitel gereicht, man muss aber auch sagen, dass die Wiener Austria damals auch noch durch Frank Stronach stark besetzt und eine sehr gute Mannschaft war. Wir haben uns die Saison über duelliert, die Wiener waren als Mannschaft länger zusammen, da haben wir uns noch eher finden müssen. Zudem gab es bei uns den wöchentlichen Wechsel von Kunst- auf Naturrasen und umgekehrt. Das war auch immer ein großes Thema. Die Meisterschaft haben wir damals sicher mit unseren Leistungen in den Auswärtsspielen verloren.

Ilsanker und der Mister: G. Trapattoni

LAOLA1: Stimmt es eigentlich, dass im ersten Heimspiel für die Fans mitkommentiert wurde?

Arzberger: Ja, das stimmt. Es war aber ein kurzes Intermezzo, der Schiedsrichter (Konrad Plautz, Anm.) hat das schnell abgedreht. Ich habe es am Spielfeld ohnehin nicht richtig mitbekommen.

Ilsanker: Sie wollten etwas verändern, das hat dann eben nicht funktioniert.

LAOLA1: Im zweiten Jahr war die schillerndste Figur der Ära am Werk: Giovanni Trapattoni.

Ilsanker: Die Unterhaltung gab es mehr für euch Medien. Er war nicht immer so, wie er auf YouTube zu sehen ist. Er wurde von uns Mister genannt, weil er ein Sir war. Er war ein angenehmer Trainer, der mit viel Erfahrung am Platz tätig war. Das war schon außerordentlich. Und er hat ja natürlich viele Erfolge in seiner Karriere eingefahren.

LAOLA1: In Salzburg erinnert man sich eher an ein Resultat in seiner Ära – 0:7 gegen Rapid.

Ilsanker: Das war das erste und einzige Spiel in meinem Leben, wo ich in der Pause nicht in der Kabine war. Da stand es 0:5. Ich war so angefressen, ich wollte keinen sehen. Es hat nichts funktioniert und jede Aktion war ein Tor. Ich habe mich dann auch gefragt, was er zu ihnen sagen würde und wie die Spieler nach der Pause rauskommen würden. Aber gleich danach stand es 0:6. Das ist im Fußball manchmal so, da kommst du ein Radl hinein und dann geht es ab mit dir.

LAOLA1: Eine ganz andere Halbzeit-Stimmung müssen Sie 2014 in Amsterdam erlebt haben.

Ilsanker: Das war das spielerische Highlight. Wir haben den Gegner wie immer analysiert und uns wie immer vorbereitet. Und es ist einfach alles aufgegangen. Das Amsterdamer Spiel war auch maßgeschneidert für uns. Wir wussten, sie haben viel Ballbesitz und spielen hinten quer. Da würden wir hineinstechen und die Tore machen. In der Halbzeit musste man natürlich versuchen, am Boden zu bleiben. Mit Euphorie rauszugehen, da kann es auch in die andere Richtung gehen.

LAOLA1: Viele Wege wurden in zehn Jahren eingeschlagen. Ist der aktuelle für Sie der richtige?

Ilsanker: Am Anfang war der österreichische Weg mit Kurt Jara. Wir sind Herbstmeister und dann Vizemeister geworden. Danach ist vieles getauscht worden. Es gab den holländischen Weg, es gab den deutschen Weg, der auch jetzt verfolgt wird. Ist der richtig, ist der falsch? Das ist immer schwer zu beantworten. Wir sind national top dabei, international dabei und mit ein bisschen Glück können wir das erreichen, was wir erreichen wollen, in die Champions League zu kommen.

Ein Highlight: 3:0 in Amsterdam. Ein Lowlight: 0:7 gegen Rapid

LAOLA1: War das 0:7 der bitterste Moment?

Ilsanker: Das 0:7 war bitter, aber so ein Spiel kann man innerhalb der Liga mit vielen anderen wiedergutmachen. Aber wir waren schon einmal zehn Minuten von der Champions League weg – damals in Donetsk. Da sind wir mit einem Elfmeter etwas benachteiligt worden, am Ende haben zehn Minuten gefehlt – das war wirklich bitter. 

LAOLA1: Welchen Trainer vermissen Sie überhaupt nicht?

Ilsanker: Jeder Trainer, der hier war, hatte eine Berechtigung, hier zu sein. Jeder Funktionär, der hier war, hatte eine Berechtigung, hier zu sein. Natürlich muss man auch sagen: Jeder Trainer hat seinen eigenen Vogel. Der eine ist sturer, der andere lockerer, der eine geht mehr auf die Mannschaft zu, der andere hält mehr Abstand. Jeder ist auf seine Weise anders.

Arzberger: Es war wirklich kein Trainer da, von dem man sagen könnte, der war nicht in Ordnung.

LAOLA1: Vor allem früher hatte Salzburg den Ruf, Abkassierer verpflichtet zu haben. Hatten Sie das Gefühl, dass der eine oder andere Spieler wirklich nur des Geldes wegen in Salzburg spielt?

Ilsanker: Das waren immer Vorurteile von Leuten, die die Spieler überhaupt nicht kennen. Da kommen routiniertere Spieler und dann sagen eben manche: Der kommt nur des Geldes wegen, den interessiert es sowieso nicht. Aber das ist ja eine Floskel. Ich habe nie so etwas mitbekommen. Alle wollten gewinnen, alle wollten Meister und Cupsieger werden.

LAOLA1: Es gab viel Fluktuation in diesen zehn Jahren. Wie konnten Sie sich halten?

Ilsanker: Es gab viele Trainer und Sportdirektoren. Sagen wir es so: Wir sind keine Problemkinder, die es auch gibt. Wir machen unsere Arbeit und wie es ausschaut, ganz gut. Das ist der Grundstock.

LAOLA1: Gab es einen Moment, an dem Sie einen bestimmten Weg nicht mehr mitgehen wollten?

Arzberger: Nein, diesen hat es nie gegeben. Denn wenn man sich einfach nur hier umsieht, weiß man, das ist einzigartig in Österreich. Die Infrastruktur, die Arbeitsbedingungen – da braucht man sich auch in Europa nirgends verstecken. Die neue Akademie ist herausragend. Wenn man so ein Arbeitsumfeld hat, ist es ein schöner Job, auch weil man wie in meinem Fall Jungen etwas mitgibt.

LAOLA1: Persönlich dürfte die tägliche Zusammenarbeit mit Sohnemann Stefan ein Highlight dieser zehn Jahre Red Bull in Salzburg für Sie sein.

Ilsanker: Für Stefan war wichtig, von den Juniors wegzugehen. Er hat den richtigen Schritt nach Mattersburg gemacht, wo er sich zwei Jahre lang beweisen konnte. Auf der Position des Sechsers hatte er in Österreich die mit Abstand besten Zweikampfwerte, dann haben sie ihn zurückgeholt und nun hat er ein Stammleiberl. Wenn er nicht spielt, heißt es mittlerweile, dass es schwieriger wird. Weil er robust, zweikampf- und kopfballstark ist. Er hat sich einiges erarbeitet, auch das Nationalteam. Und es ist sicher schön: Wenn der Bub aus dem Haus auszieht, siehst du ihn als Vater für gewöhnlich Wochen oder Monate nicht – ich jeden Tag. Und das ist top.

LAOLA1: Sie durften in höherem Alter noch einmal bei den Profis eingreifen. Ein Highlight?

Arzberger: Alle Spiele waren Highlights. Unter Co Adriaanse durfte ich viel spielen und wir wurden Meister. Dann auch nach der schweren Verletzung von Eddie Gustafsson. Da habe ich noch einige Spiele gemacht und mit dem Meistertitel in Graz aufgehört. Das war ein schöner Abschluss.

LAOLA1: Wird es Red Bull Salzburg in zehn Jahren noch geben?

Ilsanker: Ja, es wächst und wächst und wächst. Die Akademie ist hervorragend, da können nicht viele mithalten. Da kommen Top-Buben heraus und international bekommen wir junge, hungrige Spieler. Wir werden uns international etablieren, damit wir über Jahre top dabei sind.

Arzberger: Es haben schon einige Spieler aus der Akademie den Weg in die Profitruppe geschafft, das jüngste Beispiel ist Konrad Laimer. Da kommt etwas nach und es werden werden weitere folgen.

 

Das Gespräch führte Bernhard Kastler