LAOLA1: Nämlich auf eine große Baustelle. Wie groß ist die Gefahr, dass man sich angesichts der Vielzahl an Dingen, die es zu verbessern gilt, in der ersten Euphorie verheddert?

Gunsch: Die Gefahr besteht nicht. Wir haben einen Vorstand von fünf Personen, in dem jeder einen Teilbereich übernimmt. Wir gehen den Weg der kleinen Schritte. „Quick Wins“ sind auch für den Zuschauer ganz wichtig. Wenn das Bier davor warm war und wir ein kaltes Bier organisieren, sind das Kleinigkeiten, die man abarbeiten kann. Es funktioniert ganz gut, dass jeder sein Ressort hat. Wenngleich wir danach trachten, dass der Verein irgendwann professionelle Strukturen hat. In der ersten Zeit ist mir aber wichtig, dass wir das Operative selbst übernehmen. Wir wollen ganz genau wissen, was wie läuft.

LAOLA1: Sie haben den neuen Vorstand angesprochen. Wie wichtig war es für Sie, dass da ein klarer Schritt erfolgt ist?

Gunsch: Für mich war das die Grundvoraussetzung. Ich wollte nach zehn Jahren FC Wacker einen kompletten Neustart. Mir war ganz wichtig, Vertraute mitzunehmen. Diese Vertrauten bleiben immer erhalten. In der Vergangenheit war die große Gefahr der Präsidenten, dass sie ein Team um sich geschart haben und am Schluss alleine dagestanden sind, wenn es heiß wurde.

LAOLA1: Mit Thomas Baumann wurde ein Gründungsmitglied des Fanklubs „Wacker Unser“ neuer Geschäftsführer. Ist das ein Zeichen an den harten Kern der Fans, dass er Ihnen auch wichtig ist?

Gunsch: Wir beweisen immer wieder, dass uns die Fans extrem wichtig sind. Die positiven Fans! Ich stehe natürlich nicht hinter irgendwelchen Ausschreitungen und Krawallen. Dass er Mitbegründer von „Wacker unser“ war, war aber nicht der Grund für seine Einstellung. Er ist nicht für die Fan-, sondern für die Sponsor-Betreuung zuständig. Vorerst geht es für ihn nur um dieses Thema. Bis er die gesamte Geschäftsstelle über hat, dauert es aber noch.

LAOLA1: 1,24 Millionen Euro negatives Eigenkapital. Wann wollen Sie bei Null sein?

Gunsch: Zum Großteil ist das ausfinanziert – über zehn Jahre. Also müssen wir in zehn Jahren bei Null sein. Ich hätte es gerne schon früher. Aber wir brauchen nicht die Illusion haben, dass das innerhalb der nächsten drei Jahre denkbar ist. Langfristig muss das Ziel sein, zumindest die Hälfte des Jahresbudgets auf der Kante zu haben.

LAOLA1: 40 Prozent des Geldes kommen derzeit aus der öffentlichen Hand bzw. aus stadt/landnahen Unternehmen. Ist das zu viel?

Gunsch: Der Prozentsatz passt sicher. Wenn wir private Gelder auftreiben und die öffentlichen steigern, wäre das genau der richtige Weg. Derzeit sind wir in einer Situation, in der wir zu wenig private Sponsoren haben.

LAOLA1: Eines Ihrer Lieblingsthemen…

Gunsch: Genau! Ich habe mich mit vielen alteingesessenen Sponsoren unterhalten – gerade, dass sie nicht vor dem Gespräch davonlaufen. Aber wir lassen uns nicht unterkriegen. Die kleinen Schritte machen es aus. Ich brauche übrigens keinen Sponsor, der heuer 100.000 Euro hergibt und nächstes Jahr dann nichts mehr. Ich will Planungssicherheit für die nächsten Jahre. Wenn wirklich ein Großer kommt, müsste man sich genau überlegen, wie sehr das einem Verein schaden kann. Die Frage ist immer: Wieviel Einfluss hat ein Sponsor?

LAOLA1: Kommen wir zu Ihnen persönlich. Sie waren Türsteher, Ordner am alten Tivoli, haben Eis ausgefahren und wären fast LKW-Fahrer geworden. Wie lange hat es gedauert, bis Sie Ihre Bestimmung gefunden haben?

Gunsch: Mein Weg war eigentlich relativ bald klar. Ich habe die Schule für Möbelbau und Innenausbau gemacht und habe dann bei einem Architekten gearbeitet. Dann hat mir ein Freund einen Job als Lagermitarbeiter bei „Physiotherm“ angeboten. Dort habe ich 1.000 Schilling mehr verdient, weshalb ich gewechselt bin. Das war damals viel Geld für mich, ich habe netto statt 11.000 Schilling 12.000 verdient. Heute treten viele in unser Unternehmen ein, weil das Produkt so toll ist und sie dahinter stehen. Für mich war Hauptgrund einfach das Geld. Ich habe auch längere Zeit gar nicht so genau gewusst, was das überhaupt für ein Produkt ist. (grinst)

LAOLA1: Dann sind Sie in das Unternehmen reingewachsen und seit zehn Jahren Geschäftsführer. Beim FC Wacker starten Sie indes von 0 auf 100 an der Spitze.

Gunsch: Ja, aber wenn man sich das Operative anschaut, mache ich genauso jede Tätigkeit und schaue mir alles an. Somit ist das schon vergleichbar. Deswegen ist es mir auch so wichtig, wenn ich einen Geschäftsführer aussuche, will ich jemanden haben, der sich beweist, der – ganz schlimm gesagt – sagt: „Ich kann auch Kloputzen.“ Es muss ein sukzessives Wachstum sein. Das ist die Vorstellung einer Top-Führungskraft. Ich glaube, ich muss es nicht mehr beweisen, wir haben bei „Physiotherm“ 220 Mitarbeiter, da kann man auch einen FC Wacker führen. Insofern muss ich da nicht als Spieler anfangen, das wäre ein zu langer Weg. (lacht)

LAOLA1: Wie groß ist Ihr Fußballwissen? Und braucht man so etwas in Ihrer Position überhaupt?

Gunsch: Als Trainer muss man wahrscheinlich schon viel vom Fußball verstehen. Wobei ich mir auch da nicht ganz sicher bin. Es gibt genug Beispiele von Trainern, die vom Fußball nichts verstanden, aber trotzdem gute Mannschaften herausgebracht haben. Als Präsident muss ich nur wissen, von wem ich mich beraten lasse. Ich muss die Menschenkenntnis haben. Und vielleicht ist es auch gar nicht so schlecht, dass ich genauso viel verstehe wie 7.000 andere Fans, wenn ich im Stadion sitze. So kann ich mich in ihre Lage hineinversetzen.