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"Wäre einfacher, wenn jeder Verantwortung übernimmt"

LAOLA1: Zählt eine junge, unerfahrene Mannschaft noch als Ausrede in einer Liga, die mittlerweile vermehrt auf diesen Trend setzt und in einem Team, in dem viele schon EL-Erfahrungen aufweisen?

Petsos: Das nicht unbedingt. Aber wenn von außen gepfiffen wird und man einen Fehler macht, sind junge Spieler vielleicht mehr beeindruckt davon als erfahrene. Diese Routine kriegst du nicht sofort, auch nicht nach einem Dreivierteljahr. Bei Salzburg lief letztes Jahr auch nicht alles rund und es brauchte Zeit, bis sie das umsetzen konnten, was sie jetzt zeigen. Das machen sie derzeit überragend. Das sind Prozesse, die ein bisschen länger dauern, aber dafür effektiv sind.

LAOLA1: Es macht oft den Eindruck, es fehlt wer, der das Kommando übernimmt – vor allem, wenn Steffen Hofmann fehlt oder nicht in Normalform spielt. Ist es auch dein Eindruck, dass jeder noch mehr Verantwortung übernehmen müsste?

Petsos: Wir versuchen eigentlich relativ viel zu coachen und und im Training zu üben, dem Nebenmann zu helfen. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass wir Punkte liegen lassen, aber es wäre natürlich einfacher, wenn jeder noch einen Schritt in die Richtung macht, dass er Verantwortung übernimmt und der Mannschaft dabei hilft, erfolgreich zu sein.

LAOLA1: Von Louis Schaub wird erwartet, die Mannschaft zu führen, die Fäden zu ziehen. Prasselt da nicht zu viel auf ihn ein?

Petsos: Natürlich ist das nicht einfach für einen Spieler wie ihn, der in der Hinrunde und der Europa League unbekümmert war und seine Tore gemacht hat. Jetzt liegt viel Verantwortung auf ihm. Bei uns heißt es nicht: „Louis, du musst das Spiel machen.“ Der Druck wird auf viele Leute, die das Heft auch in die Hand nehmen können, verteilt. Das macht der Trainer richtig gut.

LAOLA1: Du übernimmst dahinter Verantwortung. Als du gekommen bist, wolltest du offensiv mitgehen und Torgefahr ausstrahlen. Wie zufrieden bist du mit deiner aktuellen Position, bei der du dir die Bälle zwischen den Innenverteidigern holst?

Petsos (lacht): Es ist natürlich schwerer nach vorne zu kommen. Aber für den mannschaftlichen Erfolg ist es wichtig, dass man einen Sechser hat, der im Notfall in die Bresche springt. Man muss sich oft auch mal in den Dienst der Mannschaft stellen. Dadurch kommt man irgendwann zu seinen Chancen und wird belohnt dafür. Ich weiß natürlich, dass ich einen guten Abschluss habe, vielleicht auch den einen oder anderen Pass in die Tiefe spielen kann. Zurzeit ist aber was anderes gefordert.

LAOLA1: Markenzeichen Freistöße! Wieviel ist abgeschaut, wie viel ist Eigenproduktion?

Petsos: Eigenproduktion ist der ganz normale über die Mauer gezirkelte. Den von weiter weg, wo der Ball im letzten Moment fällt, habe ich bei Ronaldo oder Juninho früher mal gesehen und ganz früh angefangen, das zu probieren. Es geht nur übers Üben und Probieren. Es kann einer mal über den Zaun oder auf die Tribüne gehen, aber wenn man sich den Mut nimmt und es nochmal probiert, dann kann es auch mal klappen, dass er reingeht.

Rapid ist wie ein Puzzle!

Im Sommer sollte Thanos Petsos der fehlende Stein sein, der Rapid zur Umsetzung der Vorhaben noch fehlte.

Doch noch fehlt es bei der Zusammensetzung des Legespiels an Feinarbeit, die Einzelteile greifen noch nicht ineinander.

Der 22-jährige Deutsch-Grieche gibt sich selbstkritisch, wähnt aber Rapid auf dem richtigen Weg.

Verantwortung, Druck und vorschnelle Zufriedenheit sind nur einige Schlagwörter, auf die der Defensivabräumer beim Treffen mit LAOLA1 eingeht.

Außerdem verrät er im Interview, wieviel von seinen Freistoß-Waffen abgekupfert ist, warum er den Dienst der Mannschaft Eigeninteressen vorzieht und auch Salzburg schlagbar ist.

LAOLA1: Viele beschreiben dich als wichtigen Bestandsteil. Wie beurteilst du deinen Stellenwert in der Mannschaft?

Thanos Petsos: Ich denke schon, dass ich in die Mannschaft hineingewachsen bin, versuche auch Verantwortung zu übernehmen. Ich habe jetzt auch eine andere Rolle als in der Hinrunde, sichere mehr nach hinten ab und bin quasi die letzte Säule vor der Viererkette. Da versuche ich, noch einen Schritt weiter zu machen, als Säule zu stehen und das Spiel zu leiten.

LAOLA1: Ex-Sportdirektor Helmut Schulte hat dich als „fehlendes Puzzleteil“ geholt. War das noch mehr Ansporn oder eher eine Last?

Petsos: Für mich war erst einmal wichtig, wieder konstant Spiele über 90 Minuten auf dem Buckel zu haben. Im Hinblick auf die Europa League haben wir als Mannschaft auch einen Schritt nach vorne gemacht, jeder Einzelne konnte Erfahrungen sammeln und hat sich weiterentwickeln. Das war auch für mich sehr wichtig. Ich habe jetzt 30 Pflichtspiele, das gibt einem auch Sicherheit.

LAOLA1: Es dürften aber noch einige Puzzleteile fehlen, um konstant Leistung abzurufen. Worauf führst du zurück, dass man spielerisch bereits gezeigten Leistungen hinterherhinkt?

Petsos: Das ist immer schwierig. Man kann nicht jedes Spiel mit 3:0 gewinnen, vielleicht muss man auch einmal 1:0 gewinnen. Viele Klasse-Mannschaften wie zb. Bayern gewinnen auch einmal nur 1:0, machen kein gutes Spiel, spielen aber sicher und machen die eine Chance. Das ist unser nächster Schritt, aus wenigen Chancen das Spiel nach Hause zu fahren, auch wenn die Leistung vielleicht nicht so gut ist.

LAOLA1: Du bist mit großen Erwartungen gekommen. Haben sich diese bezüglich Team, Spielphilosophie und Umfeld bisher erfüllt?

Petsos: Definitiv, vor allem in Hinblick auf die Zukunft mit einem neuen Stadion. Das Umfeld ist top, das alte Stadion hat auch seine Klasse. Es macht schon Spaß vor solchen Fans zu spielen. Es ist alles sehr professionell.

LAOLA1: Du hast schon bei deiner Ankunft verneint, dass es nach Deutschland ein Rückschritt sei. Hast du den Schritt irgendwann doch bereut?

Petsos: Nein, überhaupt nicht. Ich war nur ein bisschen traurig, dass wir in der Europa League nicht den Schritt in die Zwischenrunde geschafft haben. Ansonsten bin ich bislang sehr zufrieden.

LAOLA1: Fehlen deiner Meinung nach Kleinigkeiten in eurem Spiel oder fehlen klare Vorgaben oder ziehen nicht alle mit?

Petsos: Ich denke, dass alle sehr gut mitziehen. Vielleicht, wenn das Publikum unruhig wird, werden wir das auch, obwohl wir klarer auf Ballbesitz spielen müssen und es eigentlich egal sein sollte. Eigentlich ist es die Mentalität von Rapid, immer Vollgas nach vorne und schauen, dass wir uns Torchancen ermöglichen. Vielleicht müssen wir abgezockter und ruhiger werden, den Ball laufen lassen, den Gegner müde spielen und Situationen gezielt herausspielen. Ich denke nicht, dass viel fehlt. Wir haben viele junge Spieler, die jetzt alle fit sind, der Konkurrenzkampf ist groß. Das belebt das Geschäft.

LAOLA1: Rapid hatte immer hohe Ansprüche, nun gibt man sich mit der Leistung bei einer Niederlage gegen die Admira zufrieden. Gibt man sich zu schnell zufrieden, kann man sich darum was kaufen?

Petsos: Ich denke nicht, natürlich wird man an Punkten gemessen. Aber gerade in so einer jungen Mannschaft ist es auch wichtig, dass wir uns weiterentwickeln. Dann wird man auch abgezockter und die Punkte kommen. Gerade dieses Spiel war bitter, dass wir die Punkte so liegengelassen haben. Wir müssen aus den kleinen Fehlern lernen und sie ins Positive umwandeln.

LAOLA1: Also auch wenn es nach außen hin als zufriedenstellend verkauft wird, brodelt es in einem Spieler wie dir.

Petsos: Nicht nur in einem selbst, natürlich macht auch der Trainer klare Ansprachen. Es ist nicht so, dass wir zufrieden sind, wenn wir verlieren, aber ein gutes Spiel machen. Jeder ist erst einmal zwei Tage enttäuscht und schaut, dass er im Training Vollgas gibt. Gegen Grödig wollte der Ball nicht rein.

LAOLA1: Du bist einer von wenigen, die meist gesetzt sind. Siehst du die Rotation rund um dich als Problem, wodurch die Mannschaft aus dem Spielfluss gerissen wird?

Petsos: Ich glaube nicht. Der Trainer weiß ganz genau, wann er welchen Spieler gegen welchen Gegner braucht. Vielleicht einmal kleine Quirlige, die gegen steifere, unbeweglichere Spieler Lücken reißen können. Jeder hat eigentlich seinen Platz. Ich denke auch nicht, dass ich gesetzt bin. Ich finde es eigentlich ganz gut, das eine oder andere Mal zu rotieren, um einem anderen zu zeigen, dass er mehr Gas geben muss. Konkurrenz bringt jeden ein Stück weiter.

LAOLA1: Bist du ein Typ, der im Training oder nach dem Spiel sagt, „das wird schon“ oder der auch einmal energischer wird und auf den Tisch haut?

Petsos: Ich bin eigentlich ein sehr selbstkritischer Typ. Ich sehe immer mehr Schlechtes als Gutes in meinem Spiel. Ich persönlich bewerte mich nach dem Spiel und versuche alles kritisch zu sehen. Natürlich bespricht man sowas auch im Team, aber es sollte für jeden das Ziel sein, dass er selbst seine Fehler findet und es besser macht.

LAOLA1: Jetzt geht‘s nach Salzburg. Wie kann man die letzten Leistungen des Tabellenführers in Worte fassen?

Petsos: Die perfektionieren dieses Pressing, das können sie extrem gut und versuchen, wenn es geht, in der gegnerischen Hälfte in Ballbesitz zu kommen und spielen dieses schnelle Umschaltspiel, wo fünf Spieler sofort in die Tiefe starten. Sie sind abgezockt vor dem Tor, schnell, trickreich und schwer zu berechnen. Das wird ein ganz packendes Spiel, in dem es viel hin und her geht. Da müssen wir dagegen halten.

LAOLA1: Ist dieses Team deiner Meinung nach über die nächsten Jahre angreifbar?

Petsos: Das wird sich zeigen. Zurzeit gibt es wenige Mannschaften, die ihnen das Wasser reichen können. Aber es gibt in Österreich immer wieder Mannschaften, die zwischendurch mal Meister geworden ist. Letztes Jahr hat es die Austria richtig gut gemacht, jetzt läuft es nicht so rund. Es gibt immer Mannschaften, die ausreißen und dagegen halten können.

LAOLA1: Über deine gemeinsame Vergangenheit mit Kevin Kampl bei Kaiserslautern wurde schon viel geschrieben. Gab es zuletzt einmal einen Austausch über eure aktuellen Situationen?

Petsos: Wir schreiben ab und zu mal oder ich gratuliere ihm zu Toren. Er macht das richtig gut. Er ist ein guter Typ, der das Vertrauen vom Trainer und der Mannschaft braucht. Er hat eine super Entwicklung genommen und kann definitiv noch mehr erreichen. Es ist aber auch die Mannschaft dafür verantwortlich, dass er so gut ist. Wenn er ein Einzelkämpfer wäre, hätte er es auch schwer. Das Kollektiv macht den Einzelnen aus. Salzburg hat viele Spieler, die ihm zugute kommen.


Das Gespräch führte Alexander Karper