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„Fußball ist ein unterschätzter Gesellschaftsbereich“

„Fußball ist ein unterschätzter Gesellschaftsbereich“

Das Wiener Derby ist aus vielerlei Gründen etwas Besonderes.

Bei der 313. Ausgabe am Sonntag (ab 16:30 Uhr im LAOLA1-Live-Ticker) kommt aus der Sicht des SK Rapid ein weiterer Grund dazu: zum ersten Mal wird ein weibliches Präsidiumsmitglied der Grün-Weißen mitfiebern.

Anfang Mai stellte der 32-fache österreichische Meister mit Petra Gregorits die erste Frau im Vereins-Präsidium in der 116-jährigen Klub-Geschichte vor.

„Dass wir mit Petra Gregorits erstmals eine Frau in diesem Gremium begrüßen dürfen, ist nicht nur hoch an der Zeit, sondern auch sehr erfreulich“, kommentierte Rapid-Präsident Michael Krammer den Neuzugang.

LAOLA1 hat mit der gebürtigen Burgenländerin, die ein Marktforschungs-Unternehmen leitet und ehrenamtliche Vorsitzende von „Frau in der Wirtschaft“ der Wirtschaftskammer Wien ist, über ihre Aufgaben, Visionen und ihre Leidenschaft für Rapid gesprochen.


LAOLA1: Was antworten Sie jemandem, der behauptet, Frauen hätten keine Ahnung von Fußball?

Petra Gregorits: Frauen haben vielleicht einen anderen Zugang zum Fußball, aber keine Ahnung haben sie sicher nicht.

LAOLA1: Ihr Aufgabengebiet im Rapid-Präsidium umfasst den KMU- und Business Club, sowie den Bereich Familien und Frauen. Was genau ist darunter zu verstehen?

Gregorits: Es geht um Zielgruppenentwicklung. Zum einen sollen verstärkt Frauen ins Stadion gebracht werden, zum anderen sollen Angebote für Familien und Kinder geschaffen werden. Beim KMU- und Business Club ist das Thema Fußball und Netzwerken. In allen Bereichen liegen schon viele Ideen auf dem Tisch, jetzt geht es darum, das voranzutreiben.

LAOLA1: Sie sind erst seit kurzem im Amt. Gibt es schon konkrete Projekte, an denen Sie arbeiten?

Gregorits: Die Arbeit läuft schon. Ich versuche, meine Kontakte zu nützen und Ideen einzubringen. In erster Linie wird natürlich in Blickrichtung des neuen Stadions gearbeitet, aber ich glaube, dass man schon in der nächsten Saison das eine oder andere sehen wird. Es wird zum Beispiel eine Kinderbetreuung geben. Schließlich gibt es Kinder, die bei einem Spiel nicht immer 90 Minuten am Platz sitzen. Eltern sollen während eines Matches auch einmal eine ruhige Minute haben, um auf der Tribüne das Spiel genießen zu können. Nicht nur Väter, auch Mütter. Des Weiteren geht es darum, den Kindern Fußball näherzubringen, sie zum Beispiel mit Spielern in Kontakt kommen zu lassen. So sehen die ersten Ideen aus.

LAOLA1: Der Trend geht dahin, dass immer weniger Familien in die Stadien gehen. Fühlen Sie sich in der Pflicht, das wieder in eine andere Richtung zu lenken?

Gregorits: Nein, ich glaube nicht, dass ich da gefordert bin - zumindest nicht alleine. Ich glaube, je durchgemischter das Publikum ist, nicht nur bezogen auf Männer und Frauen, umso weniger ist das ein Thema. Durch die Vielfalt kommt es zu einem Ausgleich.

LAOLA1: Wie ist es zu Ihrem Engagement im Rapid-Präsidium gekommen?

Gregorits: Indem man sich offenbar im Präsidium Gedanken darüber gemacht hat, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, eine Frau ins Gremium zu holen - was mich sehr freut. Die Zeit ist einfach reif dafür gewesen. Chancengleichheit und Gleichberechtigung sind derzeit große gesellschafts- und wirtschaftspolitische Themen. Ich sage es gerne: Der „Change“ geht von Frauen aus.

LAOLA1: Dennoch sind sie in der 116-jährigen Vereinsgeschichte die erste Frau im Präsidium. Warum haben es Frauen in der Männer-Domäne Fußball so schwer?

Gregorits: Es ist nicht nur die Männer-Domäne Fußball. In den börsenotierten Unternehmen in Österreich gibt es zum Beispiel nur zwölf Prozent Aufsichtsrätinnen. Wir brauchen sicher ein neues Verständnis von Vereinbarkeit privater und beruflicher Interessen. Ich glaube, wir sind diesbezüglich generell in einer Aufbruchphase und das tut sicher auch dem Fußball gut.

LAOLA1: Sie sind die erste Frau, die sich beweisen darf bzw. muss. Glauben Sie, dass die Augen besonders auf ihre Arbeit gerichtet sein werden?

Gregorits: Das kann schon sein. Ich bin aber völlig wertfrei und sehe das sehr freudvoll. Zu meinen Kolleginnen und Freundinnen sage ich immer, ich bin sicher nur die Vorhut. Eine muss die Erste sein, jetzt hat es halt mich erwischt (lacht).

LAOLA1: Sie betreiben eine eigene Marktforschungs-Firma, sind ehrenamtliche Vorsitzende von „Frau in der Wirtschaft“ und jetzt auch Präsidiumsmitglied beim SK Rapid. Wie lässt sich das alles vereinbaren?

Gregorits: Ich habe mir schon überlegt, wo die Schnittstellen sind und wie verschieden die Bereiche sind. Passt das alles zusammen? Aber für mich persönlich ist da irgendwie ein logischer roter Faden drin. Fußball ist ein immer noch sehr unterschätzter Gesellschaftsbereich. Umso wichtiger ist es, vieles aus anderen Bereichen wie der Wirtschaft, der Freiwilligenarbeit oder dem Eventmanagement hier einzubringen und auch umzusetzen. Durch meine berufliche Tätigkeit bringe ich in dieser Hinsicht sicher einiges mit. Ich habe das Glück, dass ich Dinge, die mich privat interessieren, auch beruflich umsetzen kann. Das ist ein großes Privileg.

LAOLA1: Was verbindet Sie mit dem SK Rapid?

Gregorits: Ich bin von Kindesbeinen an Fan des Vereins. Im Fußball geht es um Emotionen und um Gemeinschaftsgefühl. Gerade der SK Rapid vermittelt diese Zusammengehörigkeit, ein sportliches Ereignis gemeinsam zu erleben. In Österreich gibt es keinen anderen Fußballklub, der diese Leidenschaft so vermittelt.

 

Das Gespräch führte Daniela Kulovits