LAOLA1: Waren Sie überrascht, dass jedes Ihrer Worte auf die Waagschale gelegt wurde? Ich denke da etwa an Ihre „Wir sind erst bei 70 Prozent“-Aussage nach dem Auftakt gegen die Admira. Das ist Ihnen wochenlang nachgehangen.

Bjelica: Da sprechen wir über Kritiker, die nichts über Trainingssteuerung wissen, die keine Ahnung haben, wie man Form tempiert. Die Trainer wussten, wovon ich spreche. Und die Zeit hat mir Recht gegeben – wir waren am wichtigsten Punkt der Saison, im August bei der CL-Quali, auf Top-Niveau. Wenn ein Trainer die Vorbereitung plant, muss er genau schauen, wann im Herbst die Schwerpunkte sind. Ich kann das nicht jedem Fan erklären, und ich will es auch nicht.

LAOLA1: Ein anderes Beispiel: Ihre Wutrede nach dem Derby. Wurde die mehr ausgeschlachtet, als Sie dachten?

Bjelica: Das war eine Emotions-Rede, die einfach passiert ist. Wir alle haben davon profitiert. Es war ein Zeitpunkt für Klartext – Spieler, Trainer, Vorstand und Medien haben in einer Trance, die Champions League geheißen hat, gelebt. Ich wollte das gesamte Umfeld aufwecken. Wenn man sich die Ergebnisse davor und danach ansieht, ist mir das gut gelungen. Danach haben wir alle 10-20 Prozent mehr gegeben. Und wir haben mehr miteinander diskutiert.

LAOLA1: Wäre ich an Ihrer Stelle gewesen, hätte mich dieser lange Schatten, den Peter Stögers Amtszeit in den gesamten Herbst hineingeworfen hat, mit der Zeit ziemlich genervt. Wie ist es Ihnen gegangen?

Bjelica: Nein, das hat mich überhaupt nicht genervt. Er hat eine hervorragende Saison gemacht und hatte großen Anteil an unserem Einzug in die Champions League – er hat diesen Kader zusammengestellt und die Mannschaft vorbereitet. Ich respektiere ihn sehr! Ich wusste, dass diese Vergleiche gezogen werden, das war kein Problem.

LAOLA1: Waren Sie enttäuscht, dass Sie in ein, zwei Situationen von der Öffentlichkeit und von den Medien in Frage gestellt wurden?

Bjelica: Nein, das ist das Geschäft. Wenn eine Mannschaft nicht funktioniert, ist der Trainer hauptverantwortlich. Ich habe diese Verantwortung auch übernommen. Für mich war das kein Problem. Ich bin keiner, der nach einem 4:1 gegen Zenit großartig jubelt und ich bin nach einem 0:4 gegen Salzburg nicht niedergeschlagen. Ich habe meine Linie und ich glaube an mich. Wenn ich Zeit bekomme, kann ich die Austria besser machen.

LAOLA1: Wie bauen Sie diesen Druck ab?

Bjelica: Ich verbringe viel Zeit mit meiner Familie. Und ich habe in den letzten fünf Monaten sehr wenig Medien konsumiert. Ich versuche, in meinem Benehmen ein Gleichgewicht zu schaffen und mich nicht zu viel mit Jubel und Kritik zu beschäftigen.

LAOLA1: Was waren die wichtigsten Lektionen, die Sie in diesem halben Jahr gelernt haben?

Bjelica: Die größte Lehre ist, dass man so sein muss, wie man ist. Ich war in einer schweren Situation, als ich zur Austria gekommen bin – sie hatte eine Rekordsaison hinter sich. Da zweifelt man, ob man sich mit eigenen Dingen durchsetzen soll oder den Rhythmus, den die Spieler im Meisterjahr hatten, laufen lassen soll. Aber man ist nicht man selbst, wenn man nicht ist, wer man ist. Das würde ich anders machen.

LAOLA1: Habe ich das richtig verstanden? Sie haben zu Beginn der Saison aus Rücksichtnahme auf die funktionierende Mannschaft ein wenig zurückgesteckt und waren nicht so authentisch?

Bjelica: Ja. Das war nicht der Nenad Bjelica vom WAC, vom FC Lustenau und vom FC Kärnten, das war ein anderer Nenad Bjelica. Seit der Wutrede erleben mich die Spieler so, wie ich bin.