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"Es wurden einige Dinge schon gut gemacht"

Es waren alle Augen auf ihn gerichtet.

Thomas von Heesen gab beim 0:0 gegen Rapid sein Debüt als Trainer des Kapfenberger SV.

Rund 20 Minuten vor dem Spiel kam der Deutsche auf das Feld heraus, gab „Sky“ ein entspanntes Interview und wurde von Präsident Erwin Fuchs anschließend noch mit Glück bedacht.

Der 50-jährige wirkte nicht nur vor Anpfiff locker, auch während der 90 Minuten blieb der Deutsche ruhig. Sein Gegenüber Peter Schöttel war deutlich lautstärker, stand praktisch im Dauerkontakt mit dem vierten Offiziellen und haderte deutlich emotionaler mit den vergebenen Chancen.

Von Heesen stand wie Schöttel oft nahe am Spielfeld, in erster Linie um Anweisungen zu geben. Bei einer längeren Spielunterbrechung wurden gleich mehrere Spieler instruiert.

Am Ende stand mit dem Remis ein geglücktes Debüt zu Buche. Im LAOLA1-Interview reflektiert der Neo-KSV-Trainer seinen Einstand:

LAOLA1: Glauben Sie an den Trainer-Effekt? Und wenn ja, war das 0:0 gegen Rapid einer?

Thomas von Heesen: Das ist immer die Frage, die sich die Medien stellen. Für jeden Trainer, der neu anfängt, ist es wichtig, mit den Spielern einige Tage arbeiten zu können, um dann beim ersten Spiel ein gutes Ergebnis erreichen zu können. Das ist das Ziel. Wir waren gegen Rapid ja nicht der Favorit, ganz im Gegenteil. Umso schöner ist es, dass wir einen Punkt geholt haben. Es war wichtig, dass die Mannschaft gemerkt hat, sie kann auch zu Null spielen. Auch wenn wir in der zweiten Hälfte ein bisschen Glück hatten, aber das muss man sich auch erst erarbeiten. Die Spieler haben das als Team gut umgesetzt.

LAOLA1: Ihre Prämisse, hinten dicht zu machen, ist beim Debüt aufgegangen.

Von Heesen: Es ist die Frage, wo man ansetzt, um den Gegner weit weg vom Tor zu halten. In der ersten Hälfte haben wir das sehr gut gemacht. Man kann einen Gegner wie Rapid nicht immer vom Tor weghalten, das ist auf unserer Ebene derzeit nicht möglich. Wir haben vor der Pause aber nur eine Chance zugelassen, selber auch aufgrund mangelnder Erfahrung der jungen Spieler vielleicht nicht so viele kreiert, wie wir das irgendwann einmal machen können. Im Moment liegt der Fokus auf der Absicherung, aber auch, wenn wir einmal eine Chance wie Didi Elsneg in der zweiten Hälfte haben, das Tor zu machen. Mit diesem Punkt sind wir aber für den Moment super zufrieden, zumal der Abstand nicht größer geworden ist.

LAOLA1: Wie sehr haben die Spieler Ihre Vorgaben schon umsetzen können?

Von Heesen: Ich denke schon, dass wir einige Dinge gut gemacht haben. Wie wir etwa verschoben haben, uns gegenseitig gesichert haben. Im Mittelfeld haben wir vor der Pause sehr aggressiv gespielt. In der zweiten Hälfte fehlte dann die Kraft, um die harte Arbeit noch weiter umzusetzen. Da waren dann die Lücken zu groß und Rapid kam deshalb zu guten Chancen. Wir hatten allerdings auch einen überragenden Torwart.

LAOLA1: Wie haben Sie atmosphärisch Ihr Bundesliga-Debüt erlebt? Die Arenen in Deutschland kennen Sie ja, ein Franz-Fekete-Stadion dürfte Ihnen wohl bislang nicht untergekommen sein?

Von Heesen: (lacht) Ich habe ja auch schon auf Zypern gearbeitet und da gibt es auch kleinere Stadien der kleineren Teams. Da gehst du rein und vor dem Spiel ist kein Mensch da bei hohen Temperaturen. Wenn die Partie dann anfängt, sind sie da. Hier war es super. Unsere Fan-Gruppe hat uns super unterstützt. Ich mag das auch, wenn man so ein bisschen wie eine Familie auftritt – und den Fight, den wir vor uns haben, gemeinsam aufnehmen. Die Fans müssen an die Mannschaft glauben und gegen Rapid haben wir den ersten Schritt dazu gemacht, weil sie gesehen haben, dass das Team kämpft und will.

LAOLA1: Mancher Rapid-Spieler war über die harte Gangart ihrer Mannschaft wenig erfreut. Wie beurteilen Sie Aggressivität im Kampf gegen den Abstieg?

Von Heesen: Es gehört alles dazu. Ich denke, beide Seiten haben anfangs richtig zugelangt. Da geht es auch darum, Präsenz zu zeigen, und nicht jemanden weh zu tun. Das passiert manchmal, etwa wenn junge Spieler einen Schritt zu spät kommen. Das sieht hart aus, aber es soll keiner jemanden vorsätzlich verletzen. Es soll schon zur Sache gehen, das brauchen wir. International ist das auch nicht anders, auch wenn Rapid heuer nicht im Europacup spielt, kennen sie das. Das gehört dazu, um Zeichen zu setzen.

LAOLA1: Wie schaut denn das Konzept aus, um den Klassenerhalt zu schaffen?

Von Heesen: Das einzige Konzept ist zu punkten. Es geht darum, die Mannschaft zu finden, die wirklich in sich geschlossen auftritt, harmoniert, kompakt steht und vorne Chancen kreiert, die sie verwertet. Da haben wir natürlich noch viel Aufholbedarf, aber unsere vier Spieler vorne waren gegen Rapid zusammen 80 Jahre alt. Man kann von ihnen nicht verlangen, dass sie im Sekundentakt Chancen herausspielen. Wir müssen lernen, zusammenzuspielen, zu kombinieren und auch den Glauben zu haben, gegen gestandene Spieler draufzugehen. Da bleibt natürlich Arbeit, aber es sind alle super Talente. Die Frage ist natürlich, ob man genügend Zeit hat.

LAOLA1: Kapfenberg hat den größten Kader in der Bundesliga.

Von Heesen: Die meisten Vornamen kenne ich schon (lacht). Es ist nicht so einfach, wenn man 27 bis 30 Feldspieler im Kader hat. Am besten wäre ein Kader von 22 plus Torleute, so dass man gezielt arbeiten kann. Aber ich muss mir erst einmal alle Spieler anschauen, um zu wissen, welche bereit sind, auf diesem Niveau die Mannschaft weiterzubringen. Es macht keinen Sinn, mit 30 Spielern weiter zu trainieren.

LAOLA1: Sie haben zum Salzburg-Spiel sieben Umstellungen vorgenommen. Wie hat sich die Startelf für Sie herauskristallisiert?

Von Heesen: Trainings-Eindrücke und Gefühl: Wer hat sich in den Einheiten am besten gezeigt? Wer passt gegen Rapid am besten? Man kann natürlich auch daneben liegen, das ist die andere Geschichte. Ich denke aber, wir haben mit zwei Mittelfeldspielern gespielt, die aggressiv dagegen gehalten haben – alles andere kommt dann später. Wie etwa zu lernen, besser zu kombinieren, Lösungen im Spiel zu haben. Dann kommt natürlich auch die Frage auf, ob ich spielerisch stärkere Spieler brauche. Das ergibt aber die Zeit, das kann ich noch nicht sagen, ich muss die Spieler noch kennenlernen.

LAOLA1: Nächsten Samstag steht schon das Sechs-Punkte-Spiel in Mattersburg an…

Von Heesen: (lacht) Warum ist es eigentlich ein Sechs-Punkte-Spiel? Wenn wir gewinnen haben wir einen Punkt Rückstand, wenn wir verlieren sieben und wenn wir remis spielen, bleibt es bei vier. Also ist es entweder ein Ein-Punkt-, ein Vier-Punkte oder Sieben-Punkte-Spiel. Aber ich weiß schon, was Sie meinen und wir wissen, was auf uns zukommen wird, nämlich eine kompakte, körperlich starke Mannschaft. Wir werden versuchen, unsere Möglichkeiten auszuschöpfen, die besten Mittel dafür zu finden. Das Remis gegen Rapid hilft der Mannschaft, weiter an sich zu arbeiten und positiv zu denken.

 

Das Gespräch führte Bernhard Kastler