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Lederer: Ehrliche Arbeit statt Offensiv-Feuerwerk

Lederer: Ehrliche Arbeit statt Offensiv-Feuerwerk

Neue Gesichter in der tipp3-Bundesliga. Gleich vier Trainer geben am Wochenende zum Kick-off ihr Debüt in der höchsten heimischen Liga.

Die Vorfreude ist bei Roger Schmidt, Peter Hyballa, Heimo Pfeifenberger und Nenad Bjelica groß.

Bei Franz Lederer sorgt der Startschuss dagegen nicht mehr für erhöhte Adrenalinausschüttung.

Der 48-Jährige geht in seine achte volle Saison als Trainer des SV Mattersburg - und als Ältester seiner Zunft.

Franz Lederer im LAOLA1-Interview: Über Dinosaurier-Status, Rückendeckung und sein Problem mit dem Fortschritt.


LAOLA1:
Herr Lederer, wie lebt es sich damit, der „Dinosaurier“ unter den Bundesliga-Trainern zu sein?

Franz Lederer (schmunzelt): Nicht gut. Wer ist in meinem Alter schon gerne ein Dinosaurier? Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass ich mit 48 Jahren einmal der Jüngste in dieser Riege bin. Aber das ist jetzt so!

LAOLA1: Wohl eher der Älteste?

Lederer (lacht): Ja, richtig. Kleiner Denkfehler. Weil ich der Älteste unter den Jungen bin.

LAOLA1: Und Sie sind mit acht Dienstjahren in Mattersburg der längstdienende Bundesliga-Trainer. Was sagt uns das?

Lederer: Ich kann die Personalpolitik der anderen Klubs nicht beeinflussen, kann nur auf mich und den SVM schauen. Grundsätzlich gehören immer zwei dazu: Ich versuche einen guten Job zu machen und der Verein steht zu mir. Auch wenn es vielleicht einmal nicht so läuft.

LAOLA1: Diese Erfahrung mussten Sie nicht erst einmal machen?

Lederer: Deshalb ist es ja so einzigartig. In Österreich sowieso, aber auch in der großen Fußball-Welt wird es immer schwieriger, wenn der Erfolg ausbleibt. Aber wir sind in der Gegenwart, eine neue Saison steht vor der Tür und auf die freuen wir uns alle.

LAOLA1: Lassen Sie uns aber trotzdem noch einmal kurz in die Vergangenheit blicken. Als Sie 2004 in Mattersburg begonnen haben, gab es noch keine Live-Streams von Pressekonferenzen, niemand fragte nach einer Bundesliga-App. Wie beurteilen Sie diese Entwicklungen?

Lederer: Es wird alles noch mehr offen gelegt. Mir ist das, ehrlich gesagt, alles fast schon ein bisschen zu viel. Der Konsument wird zugeschüttet vom Produkt Fußball. Dadurch wird es auch immer schwieriger, den Zuschauer ins Stadion zu bekommen. Weil wenn man ein Narr ist, kann man heute Tag und Nacht Fußball schauen.

LAOLA1: Aber ein Live-Stream kann doch einen Match-Besuch nicht ersetzen, oder?

Lederer: Die Leute beginnen zu selektieren. Es ist ja auch eine Kostenfrage. Wenn ich mir Barcelona gratis anschauen kann, kaufe ich mir vielleicht keine Eintrittskarte. Aber das ist die Zeit und es gehört dazu.

LAOLA1: Wie gewinnt der SV Mattersburg in dieser Saison jene Fans zurück, die letzte Saison nicht mehr ins Stadion gekommen sind?

Lederer: Die Zuschauer sollen in erster Linie ins Stadion kommen, weil sie merken, dass die Mannschaft alles abruft, was sie draufhat. Das ist für mich das Wichtigste. Natürlich wollen wir auch offensiv spielen und Tore schießen, das ist ganz klar. Ohne dem geht es nicht. Aber ich gehe nicht groß hausieren und verspreche Offensiv-Feuerwerke, sondern ehrliche Arbeit, wo der Zuschauer mit einem guten Gefühl nach Hause geht.

LAOLA1: „Ehrliche Arbeit“ steht in Mattersburg schon länger an erster Stelle?

Lederer: Richtig. Und dafür schämen wir uns auch nicht.

LAOLA1: Am Transfermarkt waren Sie zurückhaltend wie kein anderer Verein?

Lederer: Wir gehen einen anderen Weg. Unsere Mannschaft ist sehr jung, aber wir haben den Großteil der Spieler langfristig an uns gebunden. Gemeinsam wollen wir uns Schritt für Schritt weiterentwickeln. In der letzten Saison waren wir Achter, jetzt schielen wir schon nach oben.

LAOLA1: Viele Experten zählen Mattersburg zum kleinen Kreis der Abstiegskandidaten?

Lederer: Ich sage es ganz klar: Wir wollen in den nächsten Jahren wieder um einen Europacup-Platz spielen. Das ist legitim, dieses Ziel muss man sich setzen. Auch wenn wir in Mattersburg nicht die Möglichkeiten haben, wie andere Klubs. Was den Abstieg betrifft: Es gibt vier, fünf Mannschaften, die um den Titel spielen werden. Der Rest ist mit uns auf Augenhöhe!

LAOLA1: Wie sehr erleichtert die eingangs angesprochene Rückendeckung von Seiten des Vereins diesen Weg für Sie als Trainer?

Lederer: Naja, es ist nicht so, dass ich in die Saison gehe und weiß: Mir kann nichts passieren! Das wäre nicht richtig. Ich mache mir den Druck selbst. Wichtig ist, dass ich eine Mannschaft habe, die täglich wirklich alles abrufen will und unzufrieden ist. Das ist die wahrscheinlich wichtigste Tugend.

LAOLA1: Weil?

Lederer: Nur so kannst du es schaffen, auf den ersten Blick vielleicht unmögliche erscheinende Dinge anzustreben. Und es ist ja eine positive Unzufriedenheit, die wir haben. Ich bin stolz darauf, dass meine Spieler mehr wollen als nur die Bundesliga-Pickerl herumzutragen.

LAOLA1: Wir danken für das Gespräch.

Das Interview führte Stephan Schwabl