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"Der neue Reiz muss nicht immer vom Coach kommen"

Kein Osterfrieden bei der Admira.

Walter Knaller zog am Montag die Konsequenzen aus der 2:3-Niederlage gegen Grödig und gab seinen Rücktritt als Trainer bekannt (Alle Infos).

Bis Saisonende übernimmt Oliver Lederer die Agenden als Chefcoach – obwohl er noch immer keine Trainer-Pro-Lizenz besitzt.

Doch aufgrund der Übergangsfrist von 60 Tagen darf der 37-Jährige dennoch die letzten neun Meisterschafts-Runden absolvieren.

Im LAOLA1-Interview spricht der Wiener über seine Beförderung und nimmt ausführlich zur Causa Andreas Leitner Stellung.

LAOLA1: Oliver, seit Montagnachmittag bist du bis Saisonende hauptverantwortlicher Trainer der Admira. Bist du glücklich darüber?

Oliver Lederer: Also glücklich, meinen Cheftrainer zu verlieren, bin ich definitiv nicht. Das ist eine Situation, die an die Nieren geht. Aber ich nehme die Herausforderung an und bin voller Tatendrang, um gemeinsam mit der Mannschaft das Ruder noch rumzureißen.

LAOLA1: Warst du als Teil des Trainerteams in der Entscheidungsfindung, dass Walter Knaller aufhört, involviert?

Lederer: Walter ist ein zielstrebiger, erwachsener, konsequenter Mensch, der seine Entscheidungen schon selbst trifft. Ich war mit ihm in Kontakt, wir haben über die Situation gesprochen und eine Nacht darüber geschlafen. Dieses Spiel gegen Grödig war für uns Trainer eine wahnsinnige Enttäuschung. Walter hat mit dem Klub alle Eventualitäten abgeklärt und am Montag wurde die Lösung präsentiert.

LAOLA1: „Die Mannschaft braucht einen neuen Reiz“, gibt Walter Knaller als Mitgrund für seinen Rücktritt an. Geht das überhaupt, wenn das Trainerteam einfach halbiert wird?

Lederer:  Natürlich. Der neue Reiz muss nicht immer vom Trainer kommen. Die Spieler haben jetzt einen Trainer verbraucht und sind dadurch ein Stück mehr in die Verantwortung zu rücken. Unsere Spieler sind durchgehend von uns geschützt worden. Wir sind sehr konsequent vor der Mannschaft gestanden, doch wir stehen am Tabellenende. Es müssen sich also einige Dinge verbessern, um von da unten weg zu kommen. Darum geht es. Das hat aber nichts mit meiner Person zu tun.

LAOLA1: In der Aussendung des Vereins heißt es: „Teamarbeit erfordert oft Kompromissbereitschaft und führte möglicherweise auch zu Kompromissentscheidungen.“ Seid ihr euch oft uneinig gewesen und gab es tatsächlich zu viele Kompromisse?

Lederer:  Walter und ich haben über 18 Monate zusammengearbeitet. Wenn in dieser Zeit zwei erwachsene Menschen miteinander versuchen,  das Beste herauszuholen, kommt es immer wieder zu gewissen Auffassungs-Unterschieden. Wir haben das aber immer im Sinne der Mannschaft geregelt. Ich will das auch gar nicht zu überbewerten. Auch letztes Jahr, als das Team in aller Munde war und einen guten Fußball gespielt hat, gab es Kompromisse. Jetzt ist es so, dass es sie definitiv nicht mehr geben wird. Ich entscheide, damit ist die Sache erledigt. Die Mannschaft ist in der Verantwortung. Man kann sich in keine Richtung mehr rühren. Wir wollen damit ein eventuelles Alibi  verhindern – obwohl ich gar nicht weiß, ob diese Kompromisse ein Problem waren.

LAOLA1: Gehört oder gehörte die Causa Andreas Leitner in den Bereich Kompromisse? Seine Degradierung, weil er nicht vorzeitig verlängern wollte, hat viel Staub aufgewirbelt, da bei vielen anderen Vereinen Spieler trotz offener Zukunft eingesetzt werden. Warum er nicht?

Lederer:  Andi Leitner ist ein sehr, sehr guter Tormann. Das vorweg. Die Admira hat als Ausbildungsverein schon zahlreiche Top-Transfers locker über die Bühne gebracht und nie jemandem etwas in den Weg gelegt. Wir haben auch nie jemandem gesagt: „Du spielst nicht, wenn du nicht unterscheibst.“ Da gibt es zahlreiche Beispiele wir Schwab, Schick etc. Bei ihnen hat sich der Transfer schon über längere Zeit abgezeichnet. Wir wussten über die Verhandlungen. Diesen Vorwurf lasse ich daher nicht gelten. Bei Andreas Leitner ist vieles anders passiert, als es jetzt dargestellt wird. Wir sind der Buhmann und nehmen das auch hin. Ich persönlich hatte immer ein sehr spezielles Verhältnis zu Andi, doch das ist jetzt getrübt. Ich bin menschlich komplett enttäuscht. Fakt ist, dass ich die Entscheidungen, die in der Causa Leitner in der Vergangenheit getroffen wurden, alle mittrage. Ich habe alle mitentschieden. Daran wird sich in Zukunft nichts ändern.

LAOLA1: Dennoch bleibt eine schiefe Optik, wenn zwei Torhüter verletzt sind, man mit Leitner einen laut eigener Aussage „sehr, sehr guten  Tormann“ hat, diesen aber nicht gegen Grödig spielen und stattdessen mit Simon Manzoni einen 30-Jährigen debütieren lässt.

Lederer: Manzoni ist auch ein sehr, sehr guter Tormann. Leider ist ihm ein Fehler unterlaufen, der zum Elfmeter geführt hat. Er hat gegen Grödig unglücklich agiert. Dennoch lasse ich da nichts zu, denn es hat ihn wohl niemand bei den Juniors in der Regionalliga spielen gesehen. Dort ist er mit Abstand der beste Torhüter der Liga – und das konstant über eineinhalb Jahre. Deswegen war es für uns kein Risiko, ihn einzusetzen. Durch Leitners Interview am Freitag (Hier zum Nachlesen) ist die Tormannfrage in eine sehr zentrale Rolle gerückt. Das finde ich schade. Damit hat Andi der Mannschaft geschadet und vielleicht auch sich selbst. Das ist der Punkt, der mich eben menschlich getroffen hat. Leiti ist 21 Jahre alt und muss wissen, dass er dazu stehen muss, was er gesagt hat. Das macht er aber auch. Ich bin überzeugt, dass wir uns in ein paar Jahren wieder ganz normal die Hand geben, wenn wir uns über den Weg rennen.

LAOLA1: Eine Verlängerung seines Vertrages kommt jetzt auch für die Admira definitiv nicht mehr in Frage?

Lederer:  Ich bin nicht der Manager, gehe aber davon aus, dass dieses Thema keines mehr ist.

LAOLA1: Noch kurz zum Sportlichen: Habt ihr das Grödig-Match schon aufarbeiten können, oder sitzt der Stachel noch zu tief?

Lederer:  Wenn du am Samstag so eine Partie abliefert, ist es eines der brutalsten Dinge, die Blicke wieder nach vorne zu richten. Ich würde lügen, wenn ich sage, dass wir alle sofort optimistisch nach vorne geblickt haben. Das stimmt nicht. So ein Spiel, das du komplett aus der Hand gibst und verlierst, passiert nicht oft. Die Konsequenzen hat man jetzt mit dem Knaller-Rücktritt gesehen. Bei einem Unentschieden hätten wir wohl versucht, ruhig weiter zu arbeiten. Jetzt ist eben ein Neustart. Viele Spieler werden wieder eine Chance wittern. Jeder, der mitziehen möchte, mit uns den Klassenerhalt zu erreichen, ist herzlichst eingeladen. Jeder, der das nicht will, wird auf der Strecke bleiben.

LAOLA1: Du hast Vertrag bis Sommer 2016, aber keine Trainer-Lizenz. Wie geht es  bei dir im Sommer weiter?

Lederer:  Die Menschen im Verein wissen, wie ich ticke. Hätte jemand nur den kleinsten Verdacht, dass ich jetzt nur auf mich schaue, wäre ich nicht zum Cheftrainer für die letzten neun Runden bestellt worden. Es geht für mich darum, die Burschen zu unterstützen, dass mein Klub in der Bundesliga bleibt. Was im Sommer passiert, wird man sehen. Ich gehe davon aus, dass wir im Falle des Klassenerhalts über den Sommer eine gute Lösung finden werden.

LAOLA1: Wie ist es um deine Trainer-Pro-Lizenz bestellt?

Lederer:  Die Anmeldung dafür ist im November 2015. Vor Jänner 2016 werde ich daher nicht als Cheftrainer arbeiten können.

 

Das Gespräch führte Martin Wechtl