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"Funktionierendes Team mit unglaublichem Charakter"

Über sechseinhalb Jahre musste Franz Lederer auf Mattersburgs Trainerbank warten, um drei Liga-Siege in Folge zu bejubeln.

Mit den Erfolgen über Salzburg, Ried und Admira befreiten sich die Burgenländer mit zwölf Punkten Vorsprung auf Kapfenberg wohl endgültig aus dem Abstiegskampf und sind das beste Team der Rückrunde.

Die Akademie läuft auch Hochtouren und versorgt den SVM nach und nach mit talentierten Nachwuchsspielern. „Wir haben hier Eigenblut“, stellt der 48-Jährige klar und macht auch daran den Aufwärtstrend fest.

Im LAOLA1-Interview klärt Lederer über Weiterentwicklung, die moderne Art des Fußballs und die Frage der Reife auf.

LAOLA1: Kann man den Erfolgslauf anhand bestimmter Punkte festmachen?

Franz Lederer: Die Mannschaft hat schon im Sommer, spätestens im Spätherbst, absolut zu sich gefunden. Es ist ein mehr als funktionierendes Team mit einem unglaublich starken Charakter.

LAOLA1: Ilco Naumoski wirkt verändert. Ist er einer der Gründe für die Serie?

Lederer: Er ist natürlich auch ein wichtiger Bestandteil, vor allem, wenn er sich so wie jetzt einbringt. Nicht nur, was das Toreschießen anbelangt, sondern auch als Leader. Als älterer Spieler muss er ein Leader sein. Das macht er, weil er auch  merkt, dass die Mannschaft bereit ist, alles zu tun.

LAOLA1: Auffallend ist, dass sich Mattersburg vor allem spielerisch weiterentwickelt hat. Haben Sie darauf den Fokus gelegt?

Lederer: Das ist alles eine Frage der Entwicklung und der Reife. Dass die Jungs Fußball spielen können, hat man unter der Woche immer wieder gesehen. Es unter Druck auf den Platz zu bringen, wo der Gegner ein anderes Kaliber ist, ist dann schwierig. Vor allem, wenn man permanent einen Fehlstart in die Liga hinlegt. Jetzt gelingt es uns immer besser, aber es ist noch immer nicht das, was wir wirklich können.

LAOLA1: Wurde gezielt am System gebastelt und neue Aufgaben verteilt?

Lederer: Unser Ziel war immer, Fußball zu spielen. Aber wenn du nach fünf Spielen mit einem Punkt dastehst, ist es notwendig anzuschreiben. Da muss dir jedes Mittel recht sein. Das wird sicher jeder bestätigen, der einmal in dieser Position war. Dass es dann leichter von der Hand geht, wenn du selbstsicherer bist, wird auch jeder bestätigen.

LAOLA1: Im Frühjahr erst zwei Gegentore, insgesamt 28. Was macht die Abwehr so stark und wie wichtig war die Rückholaktion von Adnan Mravac?

Lederer: Adnan ist sicher ein wichtiger Bestandteil, aber man hat schon aus dem Spätherbst heraus gesehen, dass wir eine sehr gute Kompaktheit haben. Dass wirklich die ganze Mannschaft ordentlich und organisiert gegen den Ball arbeitet. Anders geht es nicht. Je öfter die Null steht, umso zufriedener sind wir.

LAOLA1: Junge Spieler fügen sich nahtlos in das System ein. Kann nur das die Mannschaft weiterbringen?

Lederer: Das ist unsere Philosophie. Wir können und wollen auch gar nicht große Transfers tätigen. Wir haben hier Eigenblut, man hat gewusst, dass das Potenzial vorhanden ist. Man hat aber auch gewusst, dass es Zeit braucht. Schön langsam fängt es zu greifen an. Potzmann, Gartner oder Röcher sind alle nicht weit weg davon. Das sind junge Leute, die sich erst entwickeln müssen und immer noch mittendrin sind.

LAOLA1: Was macht die junge Generation Potzmann, Gartner und Co. aus?

Lederer: Das ist die moderne Art des Fußballs. Es geht nur über permanente Bewegung gegen oder mit dem Ball. Du musst ständig auf die Handlungsschnelligkeit fokussiert sein. Das gelingt den Jüngeren – das ist eine Generationsgeschichte – vielleicht jetzt schon einfacher, wie jenen, die die andere Spielweise noch gewöhnt waren.

LAOLA1: Die Akademie macht es möglich. Top-Bedingungen sind vorhanden.

Lederer: Das ist absolut das Beste, wenn man hier sieht, was uns geboten wird. Es ist schön zu sehen, dass das endlich auch in solche Erfolge umgemünzt werden kann.

LAOLA1: Wie wichtig ist, dass dieses junge Team durch Routiniers wie Mörz oder Naumoski geführt wird?

Lederer: Anders würde es gar nicht gehen. Du kannst nicht nur mit Grünschnäbeln durch die Gegend sausen. Du brauchst erfahrene Spieler, die wissen, was in wichtigen Momenten zu tun ist. Das wird immer so bleiben. Jetzt ist auch schon Ilco Naumoski ein erfahrener, älterer Spieler. Das ist der Lauf der Zeit.

LAOLA1: Seidl und Farkas zählen von den Liga-Einsätzen beinahe auch schon dazu. Müssen Spieler bei Mattersburg einfach schneller reifen als woanders?

Lederer: Müssen sie nicht, wir vertrauen den Burschen. Dann ist es auch möglich, dass ein 23-Jähriger schon über hundert Bundesliga-Spiele hat. Das ist gut für uns und seine Zukunft. Man sieht auch, dass diese Spieler bei sich sind und nicht schon mit 21 die Flucht ins Ausland antreten, obwohl sie noch gar nicht so weit sind.

LAOLA1: Wo sehen Sie nach diesem Frühjahrsstart noch das meiste Verbesserungspotenzial?

Lederer: In allen Bereichen, bei jedem einzelnen Spieler. Da werden wir auch nicht davon weggehen, es muss hart weitergearbeitet werden. Wir wollen uns keinesfalls auf diesen drei Siegen ausrasten, obwohl es schön ist, dass es passiert ist. Im Gegenteil. Es gibt noch so viel zu tun und so viele Punkte zu holen. Die Mannschaft ist heiß und das spürt man.


Alexander Karper