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"Das war die schwierigste Phase in meinem Leben"

Im Sommer läuft die neunte Saison ab, in der sich Markus Katzerseine Fußballschuhe für den SK Rapid schnürte. Danach wird ein Schlussstrich gezogen.

Nach 263 Pflichtspielen bekommt der 2004 von der Admira verpflichtete Linksverteidiger keinen neuen Vertrag mehr bei den Hütteldorfern.

Die anstehende Veränderung sieht der 33-Jährige durchaus positiv, nachdem er erst realisieren musste, was da genau auf ihn zukommt. Schließlich ist er noch voll im Saft und möchte – wohin es ihn auch immer verschlägt – noch einmal angreifen.

„Deswegen habe ich keine Angst vor der Zukunft. Angst haben nur Leute, die schwach sind“, gesteht der zweifache Meister im großen Interview.

LAOLA1 traf sich mit Katzer, um mehr von seinen Zukunftsplänen, Veränderungen und der "schwierigsten Phase seines Lebens" zu erfahren sowie auf seine Rapid-Zeit zu blicken.

LAOLA1: Acht Spiele ohne Sieg sind frustrierend. Einer der schlimmsten Negativläufe deiner Karriere?

Markus Katzer: Man muss schon realistisch und selbstkritisch genug sein. Die ersten zwei Spiele waren voll in Ordnung. Gegen die Austria musst du nicht verlieren, in Salzburg war es eine hervorragende Leistung, da haben wir wirklich toll Fußball gespielt. Erste Halbzeit gegen Sturm war auch noch gut, seitdem war es von uns nicht mehr der Fußball, den wir spielen können. Im Endeffekt gilt es daran zu arbeiten, dieselbe Aggressivität, Willen und Einsatzbereitschaft zu bringen. Es geht darum, dass wir zumindest Dritter werden oder so weit wie möglich vorne landen. Aber in so einer Situation muss man sich auf jedes einzelne Spiel hundertprozentig konzentrieren, wie wenn es ein Finale wäre. Ich habe solche Situationen schon oft erlebt. Jetzt muss man die ersten Siege einfahren, damit Selbstvertrauen durch die Mannschaft geht und man vielleicht wieder in einen Lauf reinkommt und das Blatt wenden kann.

LAOLA1: Vielen Beteiligten fehlen die Worte. Wie begründest du diese Misere?

Katzer: Tatsache ist, dass wir die letzten Spiele immer vom selben sprechen. Wir haben entweder nicht gut gespielt, waren in Rückstand und haben dann mit einem Mann weniger aufgeholt. Oder wir waren vorne, wie gegen WAC, und ein paar Minuten später bekommst du das Gegentor und verlierst noch. Wichtig ist, dass man die Spiele sehr ernst nimmt, die Fehler verbessert und jeder noch mehr tut, als er eh schon macht, und sich hundertprozentig auf Fußball und die Situation konzentriert, damit das in Zukunft auch wieder besser wird.

LAOLA1: Setzt du im Alter von 33 Jahren einfach auch andere Prioritäten?

Katzer: In früheren Jahren war es einfach so, dass ich nicht so viel über gewisse Sachen nachgedacht habe. Ich war drei Wochen mit dem Nationalteam weg und das war egal. Jetzt nimmt man natürlich viel mehr bewusster wahr. Dazu zählt einfach auch Familie und Privates, das ist ganz wichtig. Wenn es privat nicht passt, dann kannst du am Platz nicht die Leistung bringen. Deswegen ist es ganz wichtig, ein ruhiges Umfeld zu haben, Familie, eine Frau, die hinter dir steht. Das muss alles in Einklang sein, um auch hundert Prozent Leistung bringen zu können.

LAOLA1: Noch im Oktober meinte Trainer Schöttel: „Katzer ist in der Hierarchie die Nummer 2, auf und abseits des Platzes wichtig und hat einen tollen Charakter.“

Katzer: Gerade nach dieser Aussage, und das habe ich vom Trainer (Anm. d. Red.: Holte Katzer als Sportdirektor zu Rapid) auch vermittelt bekommen, fragt man sich schon, was in der Zeit passiert ist, dass sich das verändert hat. Im Endeffekt ist die Entscheidung aber so gefallen. Ich denke nicht darüber nach, ob ich noch helfen hätte können oder nicht. Da brauche ich mir nicht den Kopf zerbrechen.

LAOLA1: Wie positiv ist es, neun Jahre fast immer gesetzt gewesen zu sein?

Katzer: Erstens einmal muss man ganz ehrlich sagen, dass einem Champions League, Europa League oder zwei Meistertitel während der Karriere gar nicht so bewusst sind. Seitdem die Entscheidung gefallen ist, habe ich auf meine Karriere zurückgeblickt und überlegt, welche Spiele dabei waren, wie gegen Celtic auswärts oder HSV daheim. Damals war mir nicht so wirklich bewusst, was da alles passiert ist. Eigentlich kann ich schon sehr stolz sein, was ich in der Zeit geleistet habe. Ich habe 263 Spiele für Rapid gemacht. Fußball ist eine Leistungsgesellschaft. Dass ich immer Stammspieler war, ist ein Zeichen für harte Arbeit. Niemand spielt, weil der Trainer jemanden so gern hat. Das gibt es im Profifußball nicht, auch wenn es manche gerne hätten oder sich einbilden.

LAOLA1: Wie schwer ist es, Denk- und Spielweise über so viele Jahre anzupassen?

Katzer: In 13 Jahren, die ich jetzt Profi bin, verändert sich das Spiel gravierend. Du musst dich ja weiterentwickeln und dich auch in deiner Denk- und Spielweise verändern. Ich bin in einer Dreierkette groß geworden, mittlerweile gibt’s lange eine Viererkette. Wenn man jünger ist, denkt man doch anders, als wenn man mehr Erfahrung hat. So ändert sich ein Spieler in seiner Karriere.

LAOLA1: Du galtst anfangs als „überehrgeizig“. Hat sich das mit der Zeit relativiert?

Katzer: Früher habe ich einfach Gas gegeben, ohne Rücksicht auf Verluste. Jetzt mache ich einfach das, wovon ich weiß, dass es mir gut tut. Wenn du älter bist, weißt du, was du machen musst, um hundertprozentig fit zu sein. Früher war ich überehrgeizig und habe fast zu viel gemacht. Ich habe einen irren Aufwand betrieben und im Endeffekt kommt es aufs selbe wie jetzt heraus.

LAOLA1: Was ist es für ein Gefühl, zu wissen, dass im Juni bei Rapid Schluss ist?

Katzer: Sicher war es im ersten Moment eine Situation, die einem erst bewusst werden muss. Das ist ganz klar, wenn man neun Jahre in einem Verein tätig ist und immer mit Herzblut dabei ist. Man muss erst verstehen, dass es nächste Saison nicht mehr so sein wird. Aber im Endeffekt bin ich Profi genug, um auch so eine Situation zu akzeptieren und nach vorne zu schauen. Das ist das Wichtigste. Was war, interessiert niemanden. Fußball ist ein Tagesgeschäft. Ich freue mich in dieser Saison auf jedes Spiel, auf jedes Training und auf die nächste Aufgabe.

LAOLA1: War die Entscheidung für dich überraschend oder absehbar?

Katzer: Es hat Gespräche mit Trainer, Sportdirektor und Verantwortlichen der sportlichen Führung gegeben, wo mir mitgeteilt wurde, dass von Seiten des Vereins der Vertrag nicht verlängert wird. Am Anfang habe ich nicht ganz genau heraushören können, wie die Tendenz ist. Danach ist die Entscheidung festgestanden – überraschend oder nicht. Ich gehe damit vollprofessionell um und werde auf jeden Fall weiter Fußball spielen. Ich freue mich schon auf die nächste Aufgabe, bis dahin liegt der Fokus zu hundert Prozent auf Rapid.

LAOLA1: Seit Oktober bist du nur sporadisch im Einsatz. Gab es einen Knackpunkt?

Katzer: Wenn man die Periode des Trainers anschaut, war es so, dass er vor zwei Jahren gekommen ist und Thomas Schrammel von seiner Seite und jener des Vereins verpflichtet wurde. Ich wurde in diesem Moment als Nummer zwei gesehen. Die ersten paar Partien hat Schrammel gespielt, wo es – das hänge ich gar nicht an ihm auf – nicht so gut gelaufen ist. Dann hat er sich leider verletzt, da habe ich gespielt. Ich habe eigentlich gute Leistungen geboten, bis es für mich im Herbst privat eine schwierige Situation gab. Es ist nicht mein Charakter, sich auf irgendwas auszureden, aber ich konnte mich in dem Moment nicht wirklich auf Fußball konzentrieren. Das war für mich die schwierigste Phase in meinem Leben. Ob das jetzt mit den Leistungen zu tun hat, liegt eh auf der Hand. Ich habe meinen Stammplatz verloren und seitdem nicht viele Spiele gemacht.

LAOLA1: Du hast einmal anklingen lassen, dass die Geburt deines Sohnes im Oktober für einige Veränderungen in deinem Leben gesorgt hat.

Katzer: Die Geburt meines Sohnes war eine ganz schwierige Geschichte, das ist die private Situation von der ich gesprochen habe. Meine Frau hatte einen Not-Kaiserschnitt, der Kleine war dann zwei Wochen auf der Intensivstation. Das war nicht nur für mich, sondern für die ganze Familie und meine Frau eine Ausnahmesituation. Nun ist alles wieder in Ordnung, aber man muss das einmal verarbeiten. Mittlerweile ist der Kleine sechs Monate alt. Alles ist perfekt und ich spiele wieder gerne Fußball, ich freue mich auf jeden Tag.

LAOLA1: Bist du der Meinung, oft sogar unter Wert geschlagen worden zu sein?

Katzer: Ganz ehrlich muss mir ein Mensch einen österreichischen Linksverteidiger, eine nicht einfach zu spielende Position, zeigen, der 29 Bundesligatore erzielt hat und so viele Europacup-Spiele und Vorlagen wie ich hat. Ich weiß nicht, ob es einen gibt, der in der Art erfolgreich war. Mit dem kann ich schon argumentieren, dass es vielleicht nicht so schlecht war, wie es der eine oder andere behauptet.

LAOLA1: Deine Karriere ist aber noch nicht vorbei. Was soll die Zukunft bringen?

Katzer: Was die Zukunft bringen wird, ist jetzt noch ungewiss, aber mein Fokus gilt noch Rapid. Im Endeffekt bin ich topfit, bei den Laktat-Tests hatte ich den besten Wert. Ich will auf jeden Fall noch Fußball spielen, ich bin voll im Saft und es macht mir noch Spaß, das ist ja auch wichtig. Deswegen habe ich keine Angst vor der Zukunft. Angst haben nur Leute, die schwach sind.

LAOLA1: Veränderung kann auch was Positives sein. Siehst du’s auch als Chance?

Katzer: Veränderung ist ja nichts Schlechtes. Veränderung ist ja nur wieder eine neue Aufgabe, in der man sich weiterentwickeln kann. Neuanfang ist relativ. Ich komme in eine neue Mannschaft, wo auch immer. Die sollten mich alle kennen, so unbekannt bin ich auch nicht. Ich weiß ganz genau, dass es was ist, wo ich mich als Mensch und im Sport weiterentwickeln werde. Davon werde ich in Zukunft hundertprozentig profitieren.

LAOLA1: Bundesliga, Erste Liga, Ausland. Wo werden wir dich weiterhin sehen?

Katzer: Ich muss mir das Ganze generell durch den Kopf gehen lassen, ich bin für alles offen, auch fürs Ausland. Ich werde mit meiner Familie und meinem Manager genau besprechen, wo die Reise hingehen soll. Dann wird mit dem einen oder anderen Verein gesprochen. Ausland ist auch ein Thema, alles ist ein Thema.


Das Gespräch führte Alexander Karper

LAOLA1: Hat auch dein Verletzungspech seinen Teil dazu beigetragen?

Katzer: Man muss einen richtig starken Charakter haben, um das durchzustehen. Bei der ersten Verletzung habe ich riesige Fehler gemacht, aber ich habe mit jedem Fehler gelernt. Bei jeder anderen Verletzung habe ich dann gewusst, wie ich mich verhalten soll. Jetzt war ich schon lange nicht mehr verletzt, sicher auch aus Erfahrung voriger Verletzungen.

LAOLA1: Welcher Rapid-Trainer hat dich am meisten geprägt?

Katzer: Wenn ich wen rausstreichen kann, dann auf jeden Fall Josef Hickersberger, den ich nicht nur als Trainer, sondern auch als Mensch sehr schätze. Unter ihm sind mit dem Meistertitel und der Champions League einige der Highlights passiert. Negative Erfahrungen gibt es eigentlich nicht.

LAOLA1: Du hast deine positive Art stets behalten. Eine Prüfung im Profifußball?

Katzer: Das Leben läuft generell manchmal besser, manchmal schlechter. Auch selber kommt man immer wieder in Phasen, in denen man eher negativ denkt, aber im Schnitt muss man nach vorne schauen und positiv denken. Man muss einfach zufrieden sein mit seinem Leben und sich selber soweit unter Kontrolle haben, dass man einfach glücklich ist. Dann wird auch alles andere gut und positiv sein. Es gibt so viele Menschen, die so negativ sind, die werden damit nie etwas erreichen in ihrem Leben.

LAOLA1: In deinem Fall gab es immer wieder Kritik. Gehört das einfach dazu?

Katzer: Das ist normal. Ich bin jetzt neun Jahre bei Rapid, da wird immer kritisiert. Ich habe sehr gute Spiele gemacht und auch mal schlecht gespielt, keine Frage. Aber im Fußball ist es normal, dass man kritisiert wird. Ich habe gelernt, dass die Spieler, die länger da sind, die ersten sind, die kritisiert werden. Das prallt nicht ab, das muss man registrieren. Aber das sollte einen nicht tangieren und im Endeffekt nicht dazu führen, im nächsten Spiel eine schlechte Leistung zu bringen. Damit muss man umgehen können, wir sind alle Profis. Das ist Teil des Geschäfts.