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"Ich bin froh, dass es so ausgegangen ist"

Urgestein und Identifikationsfigur. Kapitän und Idol. Dauerbrenner und Leistungsträger.

Es gibt viele Bezeichnungen für Oliver Glasner – mittlerweile auch Fußball-Pensionist.

Nach 408 Bundesliga-Spielen musste der 37-Jährige seine Schuhe an den Nagel hängen. Die Betonung liegt dabei auf „musste“.

Nach einem Kopfball-Duell mit Rapids Mario Sonnleitner in seinem letzten Spiel zog sich der langjährige Abwehrchef Ende Juli eine Kopfverletzung zu.

Schlimme Stunden

Es entwickelte sich ein Bluterguss im Gehirn, der im Abschlusstraining für das Europa-League-Rückspiel in Kopenhagen aktiv wurde.

Es folgten schlimme Stunden für alle Betroffenen: Glasner musste in Kopenhagen notoperiert werden. Er blieb eine Woche lang in Dänemark, nachdem seine Kollegen den Aufstieg fixiert hatten.

Rund zwei Wochen später stand fest, Glasner wird nach 18 Jahren, die er bis auf ein kurzes Gastspiel beim LASK ausschließlich im Innviertel verbrachte, seine Karriere beenden.

Im LAOLA1-Interview blickt der langjährige Verteidiger, der auch am Montagabend ab 21:05 Uhr bei "Sport&Talk aus dem Hangar 7" auf ServusTV zu Gast sein wird, auf bange Stunden und seine Karriere zurück:

LAOLA1: Die wichtigste aller Fragen: Wie geht es dir?

Oliver Glasner: Mir geht es eigentlich sehr gut. Ich kann meinen gewohnten Alltag wieder absolvieren. Sport darf ich noch keinen treiben. Ich bin schon sehr zufrieden, denn ich habe keine Schmerzen mehr.

LAOLA1: Das freut uns zu hören. Wirst du folglich bis Ende des Jahres wieder völlig hergestellt sein?

Glasner: Die Ärzte haben mir geraten, bis zu diesem Zeitpunkt kürzer zu treten. Ich merke die Nachwehen schon noch, etwa wenn ich den Kopf schnell bewege, dann ist mir oft einmal schwindlig. Es ist noch nicht so, wie es war, aber die Mediziner haben dafür auch drei bis sechs Monate veranschlagt. Ich bin jedoch auf einem sehr guten Weg.

LAOLA1: Wann ist der Entschluss deines Rücktritts gereift?

Glasner: Die Überlegung hatte ich schon im Krankenhaus in Kopenhagen, endgültig entschlossen habe ich mich dann in Ried. Das ist relativ schnell von statten gegangen. Ich habe auch mit meiner Frau darüber gesprochen. Es war so, dass ich nicht mehr den Drang hatte, zurückzukehren. Das war dann ein Zeichen für mich. Zwölf Tage nach der Operation in Kopenhagen habe ich Manager Stefan Reiter zu mir gebeten und im Krankenhaus ihm dann die Entscheidung als Ersten mitgeteilt.

LAOLA1: Was war dein Karriere-Highlight?

Glasner: Das Schönste, auch wenn es noch so lange zurückliegt, war sicherlich, als ich als Kapitän den Pokal nach dem Cup-Finale in die Höhe stemmen durfte, auch weil so viele Rieder mit nach Wien gereist waren. Natürlich waren auch die beiden Aufstiege schön, der erste Cup-Sieg sowie das erste internationale Spiel. Es gab viele Highlights, ich habe aber einfach 18 Jahre meinen Kindheitstraum ausleben können, ich bin wahnsinnig zufrieden.

LAOLA1: 2012 wird Ried 100 Jahre alt, es wird dabei die Wahl zum „Spieler des Jahrhunderts“ geben. Du wirst ein heißer Kandidat auf den Sieg sein.

Glasner: Das ist mir nicht so wichtig. Ich denke, ich habe in den 18 Jahren, in denen ich hier war, immer alles gegeben habe. Es hat viele tolle Spieler geben. Ried würde etwa auch etwa ohne Klaus Roitinger nicht so da stehen. Er hat als Spieler, Spieler-Trainer und Trainer sehr viele Erfolge gefeiert. Wenn ich es werde, wäre ich natürlich sehr glücklich. Wenn es jemand anderer wird, dann hat der Sieger die Wahl hochverdient gewonnen.

LAOLA1: 18 Jahre Profi-Fußball ist eine lange Zeit. Du hast zum Abschluss sicher eine Anekdote für uns.

Glasner: Ja, da habe ich eine ganz lustige: Bei unserem ersten Europacup-Spiel auswärts gegen Maccabi Haifa sind wir mit dem Bus ins Stadion gefahren und sind in die Kabinen gegangen. Das Stadion war voll, 17.000 Fans haben uns ausgepfiffen und ausgebuht. Unser damaliger Routinier, Goran Stanisavljevic, meinte, wir sollten auf das Feld gehen, den Fans zuwinken und sie begrüßen, damit sie etwas ruhiger werden. Das haben wir gemacht und zum Winken begonnen – die Fans haben uns dann mit Orangen, Bananen und sonst was beworfen. Sie dürften es scheinbar als Beleidigung empfunden haben und wir sind wieder schnell in die Kabinen geflüchtet. Der gute Wille war da, aber es ist etwas schief gegangen (lacht).

 

Das Gespräch führte Bernhard Kastler

LAOLA1: Inwieweit war die Eskalation in Kopenhagen zu verhindern?

Glasner: Ich glaube, gar nicht. Der Bluterguss im Gehirn war nach dem Zweikampf mit Mario Sonnleitner schon drinnen und ist dann beim Vormittagstraining in Kopenhagen eben aktiv geworden. Ich bin aber ehrlich gesagt froh, dass es so ausgegangen ist.  Die Versorgungskette hat optimal funktioniert. Ich habe im Nachhinein auch einige Fälle geschildert bekommen, die viel schlimmer ausgegangen sind. Manche sind etwa nach sechs Wochen plötzlich umgefallen, da war von schweren bleibenden Schäden bis Tod alles dabei. Deswegen frage ich nicht, was wäre wenn, sondern glaube, dass dieser Ausgang optimal war. Ich bin froh, dass nichts geblieben ist und es mir schon besser geht.

LAOLA1: Wiegt der Rücktritt aufgrund der Umstände überhaupt schwer?

Glasner: Die Entscheidung war schon sehr schwer. Aber jetzt im Nachhinein, wo ich mitbekomme, wie es hätte ausgehen können und wie lange sich diese schwere Verletzung zieht, habe ich den Rücktritt schon sehr gut akzeptiert. Auch wenn ich nun etwa die Kopfball-Duelle von draußen sehe.

LAOLA1: Wirst du dem Verein, wie seitens der SV Ried geplant, erhalten bleiben?

Glasner: Wir haben schon ein Gespräch gehabt und werden uns wieder zusammensetzen. Ich möchte einfach eine Aufgabe, die mich fordert und bei der ich mich einbringen kann. Ich will nicht, dass der Verein aus gutem Willen heraus einen Posten schafft, und ich dann sieben Stunden am Tag nicht weiß, was ich tun soll. Dafür bin ich mir zu schade. Ich suche das auch nicht, sondern etwas, wo ich die nächsten zehn, 15, 20 Jahre etwas aufbauen kann. Da haben wir schon gute Gespräche geführt, ich habe allerdings auch schon andere Anfragen – sowohl aus dem Sport-, als auch aus dem Wirtschaftsbereich. Ried bleibt aber mein erster Ansprechpartner. Wenn sich hier etwas Sinnvolles ergibt, dann werde ich auch bleiben.

LAOLA1: Du bist hier das ultimative Urgestein. Deine Rückkehr ins Stadion dürfte dich emotional bewegt haben.

Glasner: Natürlich. Die Verabschiedung vor dem Spiel gegen Kapfenberg war sehr bewegend. Ich habe mich damit aber davor schon zu Hause ein wenig auseinandergesetzt, denn ich wollte nicht vor tausenden Leuten in Tränen ausbrechen. Es hat mich aber sehr gefreut, dass ich von Fans, Spielern und Verein verabschiedet worden bin.