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"Das hat fraglos meiner Karriere geschadet"

Ein finanzieller Absturz mit dem FC Wacker, ein Abstieg mit Altach, ein Betrüger in Unterhaching,…

„Ich habe in den letzten Jahren im Fußball schwere Zeiten mitgemacht“, sagt Dennis Mimm.

Aktuell kämpft der 30-Jährige mit dem SC Wiener Neustadt gegen den Abstieg. „Da spreche ich auch Dinge an, zu denen man normalerweise nichts sagt.“

Das tut der Abwehrspieler auch im LAOLA1-Interview. Seine Zeit als Arbeitsloser ist ebenso Thema wie seine „Schwarzgeld-Aussage“ und die Gehälter in der Bundesliga.

LAOLA1: Vier Mannschaften stecken im Abstiegskampf. Wie sehr geht das an die Substanz?

Dennis Mimm: Ich musste das schon zwei Mal mitmachen. Für meine Entwicklung war das immer gut, weil man sich mehr einbringen muss. Natürlich wäre es feiner, weiter vorne zu spielen, aber der Kampf gegen den Abstieg ist für mich kein Problem.

LAOLA1: Inwiefern bringst du dich ein?

Mimm: Ich habe in den letzten Jahren im Fußball schwere Zeiten mitgemacht. Da wird man zu einem Führungsspieler. Ich will mich so einbringen, dass ich am Ende sagen kann, dass ich alles getan habe. Das hat nicht nur mit der Leistung am Platz zu tun. Ich versuche, auf die Mannschaft einzuwirken, spreche auch Dinge an, zu denen man normalerweise nichts sagt.

LAOLA1: Auffallend ist, dass ihr im Vergleich mit Mattersburg, Wacker und der Admira wenig Gegentore kassiert habt. Ist das der Schlüssel zum Klassenerhalt?

Mimm: Wir waren am Anfang eine komplett neue Mannschaft und mussten uns erst finden. Ab der 18. Runde haben wir gemeinsam mit der Austria die wenigsten Gegentore (Anm.: 14) erhalten – das ist ein großes Plus. Das hängt aber nicht nur mit der Defensive, sondern mit der gesamten Mannschaft zusammen. Wir schließen die Räume gut, das fängt vorne an. Das geht zwar aufs Konto der Tore, die wir schießen, aber solange wir zu Null spielen, ist das immer zumindest ein Punkt.

LAOLA1: Ihr habt am 11. November daheim das letzte Gegentor aus dem Spiel heraus kassiert. Habt ihr euch mittlerweile den Ruf des unangenehmen Gastgebers erarbeitet?

Mimm: Das glaube ich schon. Wir haben auf jeden Fall den Ruf, dass es schwer ist, gegen uns ein Tor zu schießen. Für uns ist wichtig, zu wissen, dass wir zu Null spielen können.

LAOLA1: Ist es ein Vorteil, dass ihr von Anfang an auf den Kampf gegen den Abstieg eingestellt gewesen seid? Im Gegensatz zur Admira etwa, die in der Schlussphase der Meisterschaft ein wenig die Nerven zu verlieren scheint.

Mimm: Wenn man von Anfang an weiß, dass man der klare Außenseiter ist, hat man einen Druck, durch den man vielleicht gar nicht an seine Leistungsgrenze herankommt. Wenn man weiß, dass man weiter vorne spielt, ist das nicht so – da spielt man befreiter, alles hat eine gewisse Leichtigkeit. Ich habe das in den ersten Jahren in Innsbruck erlebt. Unser Vorteil ist vielmehr, dass wir eine unbekümmerte Mannschaft sind, weil viele Spieler ihr erstes Jahr in der Bundesliga sind, sich hier beweisen wollen und diesen beinharten Kampf gegen den Abstieg gar nicht so im Fokus haben.

"Wenn Wacker absteigen würde, wäre das für die ganze Liga schlecht"

LAOLA1: Kannst du als Tiroler nachvollziehen, dass es in Innsbruck offenbar nicht möglich ist, kontinuierlich vernünftige finanzielle Rahmenbedingungen zu schaffen?

Mimm: Es ist traurig und extrem schade, weil dort ein tolles Stadion steht und das der einzige richtige Verein in Tirol ist. Wenn der FC Wacker absteigen würde, wäre das für die ganze Liga schlecht. Eigentlich sollten sie ein Top-4- oder Top-5-Budget haben. Warum das nicht klappt, weiß ich nicht. Ich gehe aber davon aus, dass die handelnden Personen ihr Bestes tun.

LAOLA1: Zweifelt man als Spieler an sich selbst, wenn man zwei Mal in Folge absteigt?

Mimm: Nein. Am Ende bin ich einer von elf Spielern. Ich habe in jeder Mannschaft meine Spiele gemacht, bin selten auf der Bank gesessen. Das ist eine gewisse Qualität und zeigt mir, dass ich bei einem Verein spielen könnte, der ein bisschen weiter vorne steht. Jeder Verein wollte mit mir verlängern, auch wenn wir abgestiegen sind. Das heißt, dass ich meinen Job dort erfüllt habe und die Klubs mit mir zufrieden waren. Mir war halt der Schritt zu einem Top-Verein bisher nicht vergönnt.

LAOLA1: Heißt das, dass du dich damals verspekuliert hast, als du Altach nach dem Abstieg verlassen hast und ein halbes Jahr arbeitslos warst?

Mimm: Es war die Option Norwegen vorhanden. Es hat danach ausgesehen, als ob ich sicher zu Aalesunds FK gehen könnte. Diesen Schritt wollte ich unbedingt machen. Dass es doch nicht geklappt hat, war nicht meine Schuld. Ich habe mich dort sehr gut verkauft und der Verein wollte mich unbedingt haben. Dann hat sich aber ihr Tormann verletzt und die Wirtschaftskrise hat in den skandinavischen Ländern eingeschlagen. Sie hatten dann nicht mehr das Geld, um einen weiteren Spieler zu holen.

LAOLA1: Wie war das halbe Jahr ohne Klub für dich?

Mimm: Für meine Entwicklung war das extrem wichtig, ich habe am meisten gelernt. Obwohl ich keinen Klub hatte, bin ich eigentlich in dieser Zeit zu einem Führungsspieler gereift. Danach in Pasching habe ich miterleben dürfen, wie es ist, wenn man eine Mannschaft führen kann. Für mich war das die wichtigste Erfahrung meiner Karriere, auch, wenn es bitter war. Ich habe das gebraucht. Ich war immer ein netter Bua, der sich zurückgehalten und geglaubt hat, es reicht, wenn man seine Leistung bringt. Dann habe ich gelernt, dass das nicht genug ist, dass man sich im Fußball mehr einbringen kann als nur auf dem Platz.

LAOLA1: Wenn du die aktuelle Situation mit jener in Innsbruck 2007/08, als ihr abgestiegen seid, vergleichst, wie fällt dein Fazit aus?

Mimm: In Innsbruck war es einfach absehbar. Ich bin damals beim Verein geblieben, weil ich gerne dort war und ein Tiroler bin. Ich hätte den Verein aber früher verlassen müssen. Es war ein schleichender Prozess, dass das Geld ausgegangen ist. Wir haben die Klasse damals fünf Jahre gehalten und vier davon war es ein Kampf. Irgendwann erwischt es dich dann halt. Wenn die finanziellen Rahmenbedingungen nicht passen, steigt man irgendwann ab.

LAOLA1: Und wie war es im Jahr darauf in Altach?

Mimm: Da hatten wir im Herbst eine sehr schlechte Mannschaft. Im Frühjahr hatten wir zwar ein sehr gutes Team, aber wenn man ganz unten steht, ist es schwierig, da wieder rauszukommen. Am Schluss haben die Leute gesagt, dass wäre die beste Mannschaft gewesen, die jemals in Altach gespielt hat. Es war ein versöhnlicher Abschluss. Der Unterschied von damals zu heute ist: Es ist aktuell leichter, mit einem geringen Budget mitzuhalten, weil andere Vereine das gleiche Problem haben.

LAOLA1: Die finanzielle Lage des FC Wacker, die du vorhin geschildert hast, ähnelt jener von heute, oder?

Mimm: In Fankreisen wird immer von Herz und Leidenschaft gesprochen. Aber das muss sowieso vorhanden sein. Am Ende werden aber jene Mannschaften weiter vorne stehen, die kontinuierlich arbeiten können und im April schon ihre Mannschaft für die kommende Saison beisammen haben, anstatt im Juni schauen zu müssen, was noch am Markt ist. Bessere Spieler kommen auch wegen finanziellen Aspekten – das ist klar und soll auch so sein. Im Sport ist es überall so: Wo mehr Geld ist, kann man ruhiger arbeiten.

"Fußballer zu sein ist der geilste Job, den man machen kann"

LAOLA1: Vielleicht war es ja sogar positiv, weil der Öffentlichkeit einmal vor Augen geführt wurde, dass ihr doch nicht alle verwöhnte Millionäre seid…

Mimm: Schön wär’s! Um heutzutage im Fußball Millionär zu werden, muss man viele Jahre spielen und keinen Cent ausgeben (lacht). Aber trotzdem ist es der geilste Job, den man machen kann. Auch, wenn nicht mehr so viel Geld im Fußball ist, ist es erstrebenswert, diesen Job zu machen. Wir haben viel Freizeit, viel vom Leben und miteinander einen Riesenspaß. Es ist ein ganz besonderer Beruf.

LAOLA1: Obwohl es mit Aalesunds FK nicht geklappt hat, warst du später doch noch im Ausland, nämlich ein halbes Jahr bei Unterhaching. Warum nur so kurz?

Mimm: Das war eine blöde Situation. Ich war einer von fünf Spielern, die während der Saison gekommen sind. Der Klub ist aber auf einen Investor reingefallen. Der ist sehr großkotzig dahergekommen, wollte einige Immobilien in München kaufen, den Verein in die zweite Liga bringen und hat versprochen, groß einzusteigen. Er hat sich dann aber als Betrüger entpuppt, weshalb Unterhaching große finanzielle Probleme gekriegt hat. Jeder, der einen anderen Klub hatte, konnte daraufhin gehen, weil der Klub über jede Einsparung froh war. Ich habe mich dann entschlossen, zurück nach Pasching zu gehen. Noch dazu hatte ich einen sehr leistungsbezogenen Vertrag. Wenn ich gespielt habe, habe ich ihnen also mehr gekostet, als wenn ich nicht gespielt habe – das ist in so einer Situation natürlich nicht gut. Trotzdem war die kurze Zeit toll, ich möchte sie nicht missen.

LAOLA1: In der vergangenen Saison warst du noch beim FC Lustenau. Bist du froh, den Klub rechtzeitig verlassen zu haben, wenn du dir so ansiehst, was dort los ist?

Mimm: Ich finde es extrem schade. Das ist ein sehr familiärer Verein mit extrem viel Tradition. Mir tun die ganzen Angestellten und Spieler dort sehr leid. Ich bin nicht froh, dass ich weggekommen bin, im Gegenteil tut es mir für den ganzen Verein extrem leid.

LAOLA1: Wenn man deine Geschichten so anhört: Verzweifelt man da nicht irgendwann?

Mimm: Es ist einfach ein Riesenkampf. Jeder Verein kämpft ums Überleben, um den Klassenerhalt, um sein Budget. Alle sitzen im selben Boot. Für die handelnden Personen ist es nicht einfach. Ich würde nie aufstecken, für mich war jede Station toll, auch, wenn nicht immer alles super war. Aber so ist das Leben und ich bin eben nicht immer auf die leichtere Seite gefallen. Aber meinen Weg habe ich immer gemacht. Deswegen gibt es auch keinen Grund, um zu verzweifeln.


Das Gespräch führte Harald Prantl

LAOLA1: Du bist im Winter 2006/07 mit deiner Aussage zum Thema Schwarzgeld in die Schlagzeilen geraten, weshalb du sogar vor dem Ethikkomitee der Bundesliga aussagen musstest.

Mimm: Im Nachhinein betrachtet hätte ich mir das ersparen können. Ich habe etwas gesagt, das man anscheinend nicht sagen darf. Ich wollte aber dazu stehen, obwohl mir mehrmals die Möglichkeit angeboten wurde, es zurückzunehmen. Aber man sollte auch dazu stehen, wenn man einen Blödsinn macht. Man sollte Mann genug sein, um sich nicht abzuputzen. Es war eine schwierige Zeit, auf mir hat ein unglaublicher Druck gelastet. Das hat fraglos meiner Karriere geschadet.

LAOLA1: Faktisch war es ja nichts Falsches, was du gesagt hast.

Mimm: Natürlich nicht! Aber man sollte nicht alles sagen, was richtig ist. Wenn man so etwas sagt, ist das nicht förderlich. Mittlerweile ist das aber erledigt. Ich denke auch, dass sich die Lage gebessert hat und in der Bundesliga kein Thema mehr ist. Es hat dann auch einen Kollektivvertrag gegeben. Es war ja nicht nur für mich, sondern auch für andere Herren eine Drucksituation – man kann das ja nicht einfach so stehen lassen. Immerhin habe ich vor dem Ethikkomitee Recht bekommen – das war wahrscheinlich für andere nicht so lustig.

LAOLA1: Im April 2008 hat die „Tiroler Tageszeitung“ die Gehälter des gesamten Wacker-Kaders fein säuberlich aufgelistet. Auch deines. Wie ist es euch damals damit gegangen?

Mimm: Man muss sich im Fußball eh nicht mehr schämen, so gut verdient man ja nicht mehr (lacht). Mir war das egal, ich hatte kein Problem damit. Keine Frage, normalerweise gehört so etwas nicht in die Presse. Irgendwer hat sich damals halt wichtig gemacht, wir haben nicht gewusst, wer das war. Das ist die höchste Liga in Österreich, wo eine Handvoll Spieler ihr Geld verdienen. Normalerweise sollten diese Spieler auch gut verdienen. Immerhin werden die TV-Rechte an „Sky“ verkauft und es ist eine Riesenwerbung für die Sportindustrie. Fußball ist nach wie vor ein Riesengeschäft. Und wer soll daran verdienen, wenn nicht die Spieler?