news

"Es gibt viele Ex-Spieler, die keine guten Trainer sind"

"Die Austria spielt eine brillante Saison, wir spielen ein brillantes Frühjahr",  sagt WAC-Trainer Nenad Bjelica.

Ein Aussage, die so stehen bleiben kann.

Die Kärntner rangieren in der Frühjahres-Tabelle hinter dem überlegenen Tabellenführer und Fast-Meister auf dem zweiten Platz. Alle acht Spiele im Kalenderjahr 2013 blieben die Wölfe ungeschlagen. Fünf Siege und drei Remis sprangen heraus.

Der Klassenerhalt war vor Saisonbeginn das erklärte Ziel, doch mittlerweile ist sogar die Europacup-Teilnahme in Reichweite.

Drei Punkte beträgt der Rückstand auf den viertplatzierten SK Rapid, vier Zähler auf Platz drei.

Und die Wolfsberger glauben an ihre Chance. „Wir wissen, dass wir stark genug sind, um das zu schaffen. Es wäre ein Traum für den Klub für das Land Kärnten, wenn wir uns tatsächlich qualifizieren.“

Was macht den Aufsteiger derzeit so stark? Was sind die Erfolgsgeheimnisse? Im LAOLA1-Interview gibt Nenad Bjelica Auskunft und spricht über seine Zukunft.

LAOLA1: Herr Bjelica, der WAC ist acht Spiele ungeschlagen, das zweitbeste Team im Frühjahr. Sind Sie vom Erfolgslauf ihrer Mannschaft überrascht?

Nenad Bjelica: Es wäre überheblich, jetzt nein zu sagen. Unsere Serie überrascht mich. Ich habe nicht damit gerechnet, dass wir fünf Spiele gewinnen und drei Unentschieden holen. Jeder WAC-Trainer wäre überrascht. Ich weiß aber, wie wir arbeiten, weiß, wie sich jeder einzelne im Training verhält. Daher habe ich gute Leistungen erwartet, aber nicht in diesem Ausmaß. Wir wären auch mit weniger Punkten zufrieden gewesen. Ich nehme aber gerne alle Zähler mit.

LAOLA1: Sie haben im Winter angekündigt, dass man das Leistungspotenzial ihres Teams erst im Frühjahr richtig sehen wird. Hatten Sie da schon eine kleine Vorahnung?

Bjelica: Nein, aber ich habe gewusst, dass wir im Winter einiges erarbeiten können. Die Mannschaft ist dann sechs Monate zusammen. Es sind im Sommer einige Neue dazugekommen. Sie gleich auf unseren Stil zu adaptieren war schwierig. Mittlerweile ist die Truppe eingespielt, kennt meine Philosophie, weiß, was ich verlange. Es war daher zu erwarten, dass wir besser werden. Doch dass wir im Frühjahr derart einschlagen, war natürlich nicht zu erwarten.

LAOLA1: Die Eingespieltheit ist wohl ein Grund für den derzeitigen Erfolg. Welche weiteren Punkte gibt es?

Bjelica: Da gibt es sehr viele Punkte. Wir haben eine sehr gute Atmosphäre, die hatten wir aber eigentlich schon immer. Der Vorstand lässt uns in Ruhe arbeiten. Das sind zwei Dinge, die sehr wichtig für die Entwicklung sind. Und die Mannschaft entwickelt sich gut. Wir können daher sehr positiv in die Zukunft blicken.

LAOLA1: Siege steigern das Selbstvertrauen. Misserfolge sorgen für Verunsicherung. Positives  Beispiel dafür ist eben der WAC, negatives Beispiel Rapid. Wird ein Spiel also im Kopf entschieden?

Bjelica: Alles spielt sich im Kopf ab. Nicht nur der  Fußball, sondern das ganze Leben. Wir sind zurzeit mental sehr stark, doch das waren wir auch schon in der Vergangenheit. Die letzte Saison in der Ersten Liga war sehr schwierig. Doch wir haben uns dank unserer mentalen Stärke durchgesetzt. Das Team hat in kritischen Moment sehr gut reagieren und mit Druck umgehen können. Das zeichnet uns auch jetzt aus. Und ich hoffe, dass wir sowohl spielerisch als auch mental bis zum Schluss stark auftreten können.

LAOLA1: Die Spieler loben Sie, das Umfeld lobt Sie. Was zeichnet den Trainer Nenad Bjelica aus?

Bjelica: Es ist schwer drüber zu reden. Das sollten andere tun. Wir arbeiten sehr hart für den Erfolg. Und wir respektieren uns - ich die Spieler und die Spieler mich. Meine Jungs haben außerhalb des Platzes große Freiheiten. Am Feld zählt jedoch nur die Leistung. Wer das nicht kann, hat dann Probleme. Was das betrifft, sind alle Spieler in unserem Kader auf einem Top-Niveau. Ich bin sehr glücklich, solche Leute trainieren zu dürfen.

LAOLA1: Wenn man mit den Spielern über Sie redet, kommt immer ihre menschliche Komponente ins Spiel. Ist der Umgang mit den einzelnen Akteuren wesentlich wichtiger, als noch vor ein paar Jahren?

Bjelica: Absolut. Das unterscheidet auch den Fußball von früher. Heutzutage kann man jedes Training im Internet sehen. Jede Übung kann man sich abschauen. Dementsprechend einfach erscheint der Trainerjob. Aber den Umgang mit Spielern kann man nicht lernen. Das hast du entweder im Blut oder nicht. Ich kann nicht erklären, warum es mir gelingt. Ich freue mich einfach, dass meine Jungs mitmachen und tolle Leistungen bringen. Ich versuche auch immer auf der Seite der Spieler zu stehen und Verständnis bei etwaigen Problemen zu zeigen.

LAOLA1: Kommt ihnen dabei auch zugute, dass sie früher selbst aktiv waren und daher sehr gut die Seite der Spieler kennen?

Bjelica: Es ist ein Vorteil, keine Frage. Es gibt viele Ex-Spieler, die keine guten Trainer sind. Ich denke immer noch manchmal, was mir als Spieler im Training gefallen würde. Was würde mir passen? Deswegen ist es vielleicht etwas leichter. Man geht Krisensituationen anders an. Ich habe erlebt, was sich abspielt, wenn man Fehler macht, wenn man in zehn Spielen kein Tor erzielt, oder nicht zum Einsatz kommt. Ein Trainer, der niemals aktiv als Spieler am Platz gestanden ist, kann nicht verstehen, was einem durch den Kopf geht. Ich kann einiges meiner Mannschaft weitergeben.

LAOLA1: Wie wichtig ist Ihnen die Zusammenarbeit mit Co-Trainer Slobodan Grubor?

Bjelica: Wir arbeiten seit fünfeinhalb Jahren zusammen. Unsere Philosophien sind sehr ähnlich. Wir zwei können mittlerweile praktisch blind zusammenarbeiten. Jeder weiß, wie der andere tickt. Slobodan ist sehr wichtig. Doch auch Adi Preschern (Tormanntrainer, Anm. d. Red.) und Rene Poms (Individualtrainer, Anm. d. Red.) sind wichtig und leisten hervorragende Arbeit.

LAOLA1: Euer Ziel war immer der Klassenerhalt. Man muss kein Prophet sein, um zu sagen, dass der WAC die Klasse halten wird. Träumt man angesichts der Tabellenkonstellation sogar vom Europacup?

Bjelica: Ja, wir träumen davon. Warum soll ich jetzt auch lügen und sagen: Das interessiert uns nicht. Es wäre unsportlich. Wir haben immer gesagt, dass wir erst weiterschauen, wenn wir 40 Punkte haben und in der Bundesliga bleiben. Auch wenn es derzeit „erst“ 39 Zähler sind, wird sich das ausgehen. Jetzt können wir unbekümmert, ohne Druck spielen und schauen, was passiert. Wenn wir konzentriert, diszipliniert und mit vollem Einsatz weitermachen, erfüllen sich vielleicht auch unsere Träume. Wir wissen, dass wir stark genug sind, um das zu schaffen. Vielleicht ist unsere Unbekümmertheit am Schluss unser großer Vorteil.

LAOLA1: Der Admira ist es letztes Jahr gelungen, als Aufsteiger in den Europacup zu kommen. Als Vorbild dürften sie aber nicht dienen, denn heuer kämpfen die Südstädter gegen den Abstieg. Machen Sie sich auch schon Gedanken über das zweite Jahr in der Bundesliga? Dies gilt bekanntlich als das schwierigste.

Bjelica: Überhaupt nicht. Für uns war das zweite Jahr in der Ersten Liga unser erfolgreichstes. Wir sind in die Bundesliga aufgestiegen. Ich bin überzeugt, dass der WAC auch nächste Saison eine gute Rolle in Österreichs höchster Spielklasse abgeben wird – ob so gut wie heuer, besser oder schlechter weiß ich nicht, denn ich bin kein Hellseher. Ich habe keine Angst und will mich auch nicht mit anderen vergleichen.

LAOLA1: Im Sommer laufen 13 Spielerverträge aus. Sind die derzeitigen Erfolge eine gute Basis für Verlängerungen, oder könnte der eine oder andere daher seine Forderungen erhöhen?

Bjelica: Ich gehe davon aus, dass wir alle Spieler, die wir behalten wollen, auch halten können. Die Jungs wissen, was wir bezahlen. Es geht nicht, dass wir jetzt plötzlich das doppelte Gehalt anbieten. Die Spieler sind gerne bei uns. Es ist schwer jemanden zu finden, der weggehen will. Das einzige, was passieren kann, wenn sie gut spielen, ist, dass andere Klubs auf sie aufmerksam werden. Wenn jemand den Sprung zu einem Topklub schafft, würde ich mich für ihn freuen. Das wäre eine Bestätigung für unsere Arbeit. Und: Alle, die wir in den letzten Jahren verlängern wollten, haben wir auch verlängert – und zwar nicht nur wegen des Geldes, sondern weil sie sich wohl fühlen und beim WAC weiterentwickeln können. Das sieht man bei Dobnik, Kehre, Falk oder Topcagic. Sie sind alle von der Ersten Liga oder Regionalliga gekommen. Jetzt spielen sie eine tolle Rolle in der Bundesliga.

LAOLA1: Und Sie sind auch nicht abgeneigt ihren bis 2014 laufenden Vertrag vorzeitig zu verlängern, oder?

Bjelica: Grundsätzlich bin ich daran interessiert. Es gab auch schon ein Gespräch mit Präsident Dietmar Riegler. Es wurden noch keine Details genannt – aber es gibt von beiden Seiten Interesse. In den nächsten Wochen werden wir erneut reden. Der Klub kennt meine Ambitionen, irgendwann in Deutschland oder Spanien arbeiten zu wollen. Wenn wir meinen Vertrag beim WAC verlängern, wird es eine Ausstiegsklausel geben.  Ich bin jedenfalls sehr gerne hier. Soviele Freiheiten wie her, werde ich wohl nirgends mehr genießen können. Ich plane jedenfalls so, als würde ich noch weitere zehn Jahre hier bleiben.

Das Gespräch führte Martin Wechtl