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Der SK Sturm und die neue Pyramide

Der SK Sturm und die neue Pyramide

„Sturm neu“ ist tot. Es lebe „Sturm ganz neu“.

Der Grazer Fußballverein stellt sich völlig neu auf. Schon wieder.

Nur wenige Monate nach der zu Jahresbeginn vollzogenen Neustrukturierung gibt es in der Murstadt die nächste Revolution auf dem Weg zur Professionalität.

Anstelle der groß propagierten Doppelspitze mit zwei Gmbh’s mit je einem Geschäftsführer folgt nun ein neues System, die Pyramide.

Goldbrich starker Mann

„Wir haben versucht, die Erfahrungen aus solchen Geschäftsführungs-Konstellationen der letzten Monate aber auch meiner ersten Vorstandsperiode in diese neue Struktur einfließen zu lassen und uns entschieden, eine Geschäftsleitungs-Pyramide zu installieren“, erklärt Sturm-Präsident Christian Jauk.

Der Geschäftsbetrieb bleibt demnach in zwei Arbeitsbereiche – Sport und Wirtschaft – getrennt, neu ist allerdings die darüber stehende Position des General Managers, die künftig Gerhard Goldbrich ausüben wird.

Der ehemalige Profi, der 1984 bis 1988 insgesamt 54 Spiele für den SK Sturm absolviert hat, entspricht dem Anforderungsprofil, „sportliche und wirtschaftliche Erfahrung und Kompetenz zu vereinen.“

Sport und Wirtschaft vereint

„Mit Gerhard Goldbrich haben wir jemanden gefunden, der nicht nur sportlich top ist, sondern auch Gesellschaften geführt hat, als Sportmanager in der Steiermark tätig war“, streut auch Vizepräsident Ernst Wustinger dem einstigen Veranstalter der „Ivica Vastic Fußballcamps“ Rosen.

Für Goldbrich, der bislang dem Vorstand angehörte, sein Mandat aber auf öffentlichen Druck hin ruhend stellen musste, bietet sich nun die Möglichkeit, seinem „Herzensverein“ etwas zurückzugeben.

„Der SK Sturm hat mir diese Tür, durch die ich gekommen bin, geöffnet“, spielt der 45-Jährige auf seine Anfänge als Jugendlicher im Dress der „Blackies“ an und gibt sogleich erste Ausblicke auf bevorstehende Aufgaben.

Neben der „Lokomotive“ Kampfmannschaft zählt Goldbrich das Amateur-Team, die Sturm-Damen und allen voran den Nachwuchs als sportliche Aufgabengebiete auf: „Ziel ist es, die Jugendarbeit so erfolgreich weiterzuführen, wie sie jetzt ist und auch auszubauen und als wesentlichen Faktor zu positionieren.“

Eine Frau folgt Houben nach

Bei all diesen Projekten (und einigen Sonder-Projekten wie etwa dem Stadion-Umbau oder einem Online-TV-Talk) bekommt der neue „starke Mann“ im Grazer Traditionsklub Unterstützung von den zwei neu erwählten Geschäftsführern.

Im finanziellen Bereich steigt mit Daniela Tscherk eine ambitionierte Betriebswirtin aus dem Sponsoring eine Stufe der internen Hierarchie höher und ersetzt den zuletzt in Personalunion agierenden Christopher Houben.

Der erst im Jänner installierte Geschäftsführer Wirtschaft habe, so Jauk, aus eigenem Antrieb heraus „entschieden, sich vom Fußball zu verabschieden.“

Wie der Präsident nutzt auch Tscherk den Moment, sich bei Houben, der seine Agenden noch bis zumindest 15. November ausüben wird, zu bedanken und enthüllt danach die Werte, mit denen es ihr gelingt, sich in der „Männerdomäne“ Fußball durchzusetzen:

„Wichtig sind Dinge, die man nicht lernen kann, wie Offenheit und ein Gespür für den Menschen; auf der anderen Seite das, was einem das Elternhaus mitgibt: Eine gehörige Portion Hausverstand, das Können, Entscheidungen zu treffen, die man in solchen Positionen braucht. Das klingt wie eine Stellenbeschreibung von der Caritas, aber ich glaube, dass es mir mit diesen Eigenschaften in den ersten vier Monaten gut gelungen ist.“

Vom "Co" zum Chef

Als sportlicher Widerpart zu Tscherk nimmt Ayhan Tumani den seit dem Abschied von Paul Gludovatz vakanten Posten des Geschäftsführers Sport ein.

Der in der Türkei geborene deutsche Staatsbürger kommt damit in die brisante Lage, vom Co-Trainer Peter Hyballas von einem Tag auf den anderen zu dessen Chef zu werden.

„Inoffiziell habe ich schon wochenlang diese Position eingenommen. Neben den Trainingseinheiten auf dem Platz habe ich viel im Büro an der Seite von Christopher Houben gearbeitet“, gibt der ehemalige Assistent von Christoph Daum bei Fenerbahce Istanbul an, dass es sich beim neuen Posten eigentlich nur um eine Offizialisierung seiner bisherigen Tätigkeiten handle.

Auch bei den (mehr als gelungenen) Transfers von Madl, Vujadinovic und Sukuta-Pasu war der Inhaber einer UEFA-Pro-Lizenz entscheidend beteiligt, „obwohl er nicht Sportdirektor war“, wie Wustinger festhält.

Weiterhin im Duo mit Hyballa

Bedenken, Woche für Woche auf der Trainerbank an der Seite von Hyballa Platz zu nehmen, hat Tumani, der weiterhin auch auf dem Platz anzufinden sein wird, nicht: „Selbst wenn ich jetzt nicht Teil des Trainerteams wäre, würde ich auf der Bank sitzen.“

„Er ist weder Co-Trainer noch Assistent. Er ist der sportliche Geschäftsführer. Aber mir gefällt der Begriff, dass er Mitglied der sportlichen Gruppe ist, nicht schlecht. Ich habe auch in der Vergangenheit gesehen, dass auf der Trainerbank der Cheftrainer und der Sportdirektor saßen“, versucht Jauk die neue Doppelfunktion des Deutsch-Türken zu konkretisieren.

Dieser könne nun selbst entscheiden, ob eine personelle Aufstockung – ein nomineller Co-Trainer – von Nöten sei.

Die Frage, wie er sich in seiner neuen Position angesichts einer in Zukunft möglichen Entlassung des Trainers, der ihn in den Verein geholt hat, fühlen würde, ließ der 40-Jährige indes unbeantwortet.

„Ich erkenne wieder die Art, direkt an das Negativste zu denken. Natürlich gibt es auch solche Situationen im Fußball.“

Thema sind sie beim SK Sturm aber nicht.

Sportlich läuft es zur Zeit ja gut.

Und strukturell hat man sich ohnehin gerade wieder selbst neu erfunden.


Christian Eberle