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"Ich kann 'Sturm Neu' nicht mehr hören"

Spötter würden meinen: Aus „Sturm Neu“ wurde „Sturm Alt“.

Da ist er wieder, Franco Foda. Der Meistertrainer von 2011. Und in Personalunion auch jener Angestellte, dessen Ablöse bei der Installation des Projekts von Präsident Christian Jauk im Frühjahr 2012 höchste Priorität hatte.

Zweieinhalb Jahre später sitzen die beiden Streithähne a.D. – flankiert von General Manager Gerhard Goldbrich und Vizepräsident Ernst Wustinger – gemeinsam auf dem Podium, um die erneute Inthronisierung des Deutschen als Trainer der „Blackies“ zu verkünden.

Ein Szenario, auf das vor nicht allzu langer Zeit nur die wenigsten Kenner der schwarz-weißen Szene gewettet hätten. Was „Männergespräche“ alles möglich machen.

Eine facettenreiche Rückkehr jenes Mannes, der wie kaum ein anderer für erfolgreiche Zeiten der Steirer steht und als Verteidiger beziehungsweise als Trainer an allen drei Meistertiteln der Vereinsgeschichte beteiligt war. Aber auch die Rückkehr eines Mannes, der trotz aller Erfolge im Sturm-Lager polarisiert wie kaum ein anderer. LAOLA1 analysiert das Comeback in black.

DER STABILITÄTSFAKTOR:

In seiner sechsjährigen Ära zwischen 2006 und 2012 war es eine Spezialität Fodas, relativ rasch für sportliche Stabilität zu sorgen. Trotz regelmäßiger Abgänge schaffte es der gebürtige Mainzer immer wieder, eine schlagkräftige Mannschaft auf die Beine zu stellen. Seit seinem Abgang ist Sturm jegliche Konstanz abhandengekommen. Auch in dieser Saison wechselten sich vielversprechende Auftritte munter mit schwachen Performances ab. Foda kennt, anders als seine Vorgänger/Nachfolger, sowohl Liga als auch Verein wie seine Westentasche. „Das ist ein positiver Aspekt, der im Gesamtbild der Entscheidung auch ein Faktor war. Aber die wesentlichsten Punkte waren schon die Anforderungen in punkto Strategie, Struktur, Spielphilosophie und natürlich hinsichtlich der Zukunft. Für eine Momentaufnahme wäre Franco Foda der Falsche, denn er garantiert Stabilität, Kontinuität und den Erfolg auf längere Jahre“, betont General-Manager Goldbrich im Gespräch mit LAOLA1.

DIE ÖFFENTLICHE WAHRNEHMUNG:

In diversen Internet-Foren schwanken die Reaktionen zwischen Erleichterung, dass der Erfolgstrainer wieder am Ruder ist, und dem dringenden Wunsch, das erworbene Abo ob dieser Entscheidung wieder zurückgeben zu können. „Das liegt in der Natur unserer Gesellschaft. Es gibt immer Leute, die positiv oder negativ gestimmt sind“, gibt sich Foda gelassen, bittet jedoch gleichzeitig: „Ich finde, man sollte nicht den Fehler machen, schon im vorhinein gewisse Dinge abzuwerten, sondern sollte uns einfach in Ruhe arbeiten lassen.“ Jauk verweist darauf, dass Erfolgsmenschen polarisieren würden: „Polarisieren heißt letztlich auch immer, einen Weg gegen Widerstände zu gehen. Ich bin zutiefst überzeugt, dass Franco der richtige Mann ist, seine Kritiker wieder zu jenen Begeisterungsstürmen wie 2010 oder 2011 zu führen.“

DIE NEUE MENSCHLICHKEIT:

Es gibt Gründe für die Skepsis gegenüber Foda. Zum Beispiel den eher nüchternen Fußball, den er in der Schlussphase seines letzten Engagements spielen ließ. Aber auch den Vorwurf, dass er sich während seiner erfolgreichen Ära zum Alleinherrscher im Verein entwickelt hätte. Auch sein Führungsstil der Mannschaft gegenüber wurde während und nach seiner Amtszeit, vorsichtig formuliert, nicht gerade positiv besprochen. In Kaiserslautern scheiterte der 48-Jährige dem Vernehmen nach an der fehlenden Chemie mit seinen Spielern. Umso mehr ließ bei seiner Präsentation der Hinweis aufhorchen, dass er sich im zwischenmenschlichen Bereich weiterentwickelt habe. „Ich bin ein Trainer mit klaren Ansagen, aber es ist fehl am Platz, zu autoritär zu sein“, verdeutlicht Foda und betont, dass man mit der heutigen Spielergeneration anders umgehen müsse. „Man muss die klaren Ansagen mit Spaß und Freude verbinden.“

DIE MÄNNERGESPRÄCHE:

So weit die Punkte, die hauptsächlich Foda betreffen. Die Facetten, die andere Protagonisten des Vereins ins Spiel bringen, sind indessen durchaus spannend. Vor allem bezüglich Jauk. Die Führungs-Crew ist zwar bemüht, die Vergangenheit so weit wie möglich ruhen zu lassen. Ganz so einfach funktioniert dies im konkreten Fall natürlich nicht. Fakt ist: Die zweieinhalb Jahre seit dem Abgang Fodas waren von sportlicher und zwischenmenschlicher Trostlosigkeit gekennzeichnet. Ruhe kehrte in der schwarz-weißen „Soap Opera“ nur selten ein. Wer wie zu wem steht, lieferte denkbar viel Gesprächsbedarf, die Personalfluktuation in der Anfangszeit von „Sturm Neu“ ist noch in allzu guter Erinnerung. Friede, Freude, Eierkuchen mag auch während der Foda-Ära nicht geherrscht haben, man hat allfällige Probleme jedoch disziplinierter aus der Öffentlichkeit herausgehalten. Eine Konsequenz der damals eher provinziellen Strukturen war, dass Jauk angetreten ist, den Verein auf moderne, professionelle und zukunftsträchtige Beine zu stellen. Bei diesem Neubeginn stand Foda 2012 im Weg. Umso skurriler, dass ausgerechnet dessen langjähriger Intimfeind nun der möglicherweise letzte Rettungsanker des Präsidenten für eine doch noch erfolgreiche Ära als Vereinsoberhaupt ist. Ob ein Trainer funktioniert oder nicht, weiß man im Vorfeld nie, die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns ist mit dem bestens bekannten Foda jedoch tendenziell geringer als mit dem nächsten Experiment. Man weiß, welche Stärken und Schwächen man bekommt. Um Foda überhaupt zu kriegen, mussten erst in „Männergesprächen“, in denen man sich „beschnuppert“ und wieder „Vertrauen aufgebaut“ habe, die Differenzen der Vergangenheit begraben werden. Zweifel an Motiven und der zwischenmenschlichen Basis sind erlaubt, man kann Jauk jedoch zumindest zu Gute halten, dass er über seinen Schatten gesprungen ist. Bei dieser Gelegenheit sei erwähnt, dass der Sturm-Boss das Gerücht, dass er vergangene Woche dem Aufsichtsrat seinen Rücktritt angeboten habe, frei nach Günter Neukirchner mit dem Hinweis auf „keine gescheite Frage“ zurückwies: „Auf derartige Gerüchte gehe ich nicht ein.“ Ein simples Dementi hätte vielleicht mehr Klarheit geschaffen.

„STURM NEU“ ODER „STURM ALT“:

 „Ich kann das Schlagwort ‚Sturm Neu‘ eh nicht mehr hören“, gesteht Goldbrich, verweist jedoch gleichzeitig auf die zahlreichen Umstrukturierungen: „Es war vielleicht nicht immer die richtige Personalentscheidung dabei, aber wie diese Struktur langsam zu greifen beginnt und wenn man die Arbeitsweise im ganzen Verein sieht, muss man sagen, dass wir einen großen Schritt weitergekommen sind. Das Einzige, wo wir wirklich noch hängen, ist die Stabilität in der aus meiner Sicht qualitativ sehr guten Kampfmannschaft. Ich glaube, es war sogar mit ein Grund für Franco Foda zurückzukommen, dass jetzt wirklich klare Strukturen vorherrschen, wie man sie auch aus der deutschen Bundesliga kennt. Wir sind inzwischen ein weites Stück vom klassischen Verein weg.“ Der Kreis hat sich also geschlossen. Derjenige, der Sturms vielzitierten Neustart doch noch in sportlich erfolgreiche Bahnen lenken soll, ist der Architekt der Vorgänger-Ära. Dies entbehrt nicht einer gewissen Ironie.


Peter Altmann

DER BESTELLUNGSPROZESS:

Die Suche nach einem neuen Coach war offenkundig eine aufwändige, ehe man vor der eigenen Haustür fündig wurde. Was es eigentlich über den Prozess einer Trainerbestellung sage, wenn „Männergespräche“ notwendig seien? „Das sagt gar nichts. Ob im Geschäftsleben oder im Fußball, das ist überall notwendig. Wichtig ist das Ergebnis, dass der Präsident und Franco Foda miteinander gesprochen, wahrscheinlich einiges ausgeräumt haben und vor allem gemeinsam mit der vollen Überzeugung aus dem Gespräch herausgegangen sind, dass Franco Sturm erfolgreicher machen wird“, will Goldbrich die Notwendigkeit dieser Aussprache nicht überbewerten. Das Vorschlagsrecht bezüglich Trainer liegt in Sturms Struktur bei der Geschäftsführung, sprich bei Goldbrich. Der GM hatte stets einen Dreier-Vorschlag angekündigt. Ob Foda diesem angehört hätte? „Er war dabei, ja“, stellt Goldbrich klar. Die Zügel der Kontaktaufnahme musste dann, wohl zwecks Vertrauensaufbau, jedoch Jauk in die Hand nehmen. Stolz stellte der Präsident fest, dass es am Ende in sämtlichen Gremien einen einstimmigen Beschluss pro Foda gegeben hätte. Dies wäre in seiner Amtszeit nicht bei jeder Trainerbestellung der Fall gewesen.

FODA UND DIE STRUKTUREN:

Die weitumfassende Macht Fodas während seiner letzten Ära wurde bereits thematisiert. Zwischenzeitlich übte er in Personalunion auch die Agenden des Sportdirektors aus. Nun heißt es, sich in geänderte Strukturen einzufügen. Dass der Deutsche etwa für eine Arbeitsentlastung Goldbrichs sorgt und Teile von dessen Aufgaben übernimmt, sei ausgeschlossen. Goldbrich: „Das haben wir klar besprochen. Es war auch eine Grundvoraussetzung von Francos Seite, dass er der Trainer von Sturm Graz ist und nichts darüber hinaus. Wir werden die konstruktive Zusammenarbeit wie bei Darko Milanic mit täglichem Austausch genau in dieser Form weiterführen.“