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In der Krise

In der Krise

Noch nie unterlag der FC Red Bull Salzburg in der Ära Rangnick drei Mal in Folge.

Damit steckt der Meister, der stets hohe Ansprüche an sich stellt, in einer Krise. Es ist eine Situation, die zum Nachdenken anregt. Denn was ist seit dem 5:0 gegen Altach eigentlich passiert?

Der Hauptgrund liegt auf der Hand: Mit dem 0:3 in Malmö verpasste Salzburg sein riesengroßes Ziel namens Champions-League-Gruppenphase.

Es ging in dieser Saison um nichts anderes, als um die Königsklasse.

Wenn diese am Dienstag losgeht, werden alte Wunden wieder aufreißen. Der geplatzte Traum geht einfach nicht so schnell aus den Köpfen, vor allem, wenn seit Saisonbeginn von nichts anderem gesprochen wurde.

Meisterschaft und Cup-Titel zu verteidigen wird als Pflicht angesehen.

Das CL-Aus ist mittlerweile über zwei Wochen her, nagt aber offenkundig weiterhin an einigen Spielern der Meister-Mannschaft, was auch die Körpersprache in manchen Situationen widerspiegelt.

„Auch nur Menschen“

„So etwas zu verarbeiten braucht Zeit und letztlich sind wir auch nur Menschen“, gibt Kevin Kampl zu bedenken. Die Niederlage nach dem Drama von Malmö gegen Sturm (2:3) kann sicher noch darauf zurückgeführt werden. Für Trainer Adi Hütter sollte dies aber mittlerweile keine Rolle mehr spielen.

„Es war das ganz große Ziel, aber irgendwann muss es auch wieder vorbei sein. Das Spiel ist 14 Tage her, das muss man als Profi wieder vergessen machen. Das Ausscheiden war sicher ein Knacks, das hat man gegen Sturm gesehen“, so der Coach nach dem 0:1 gegen den WAC – die dritte Niederlage in Folge.

Die Kärntner beendeten eine stolze RBS-Serie. Denn seit dem ersten Spieltag der vergangenen Saison war Salzburg auf Rang eins der Tabelle, nun zogen die „Wölfe“ an den „Bullen“ vorbei.

Kampl: „Muss sich nicht Sorgen machen“

Für Kampl eine Momentaufnahme. „Man muss sich keine Sorgen machen“, antwortete der Slowene auf die entsprechende Frage und stellte sich dabei hinter seine Kollegen und seinen Trainer.

„Wir haben in der vergangenen Saison genauso viele Punkte nach acht Spielen gehabt. Wir waren jetzt 43 Runden Erster, da kann es einmal passieren, während der Spielzeit nicht Tabellenführer zu sein“, so der 23-Jährige, für den das 0:1 beim WAC auch in die andere Richtung hätte gehen können.

„Es war schwierig. Wir hatten zu Beginn eine glasklare Chance, die wir nicht genutzt haben. Wir bekommen das Tor und der WAC steht tief. Da wird es für jede Mannschaft schwierig, Lücken zu finden, so auch an diesem Tag für uns. Trotzdem hatten wir drei, vier Chancen auf den Ausgleich“, analysierte Kampl, der auch auf fehlendes Glück dieser Tage verwies.

Seine Marschroute bis zum Europa-League-Auftakt gegen Celtic Glasgow am Donnerstag: „Es heißt weiter hart zu trainieren, viel zu sprechen und einfach auch den Spaß wieder zurückzubekommen.“

Hausgemachte Probleme

Der fehlt aktuell merklich und nach dem CL-Trauma ist das auch kein Wunder. Vor allem den Brasilianern Andre Ramalho und Alan war dies am Sonntag in Klagenfurt anzusehen. Letzterer musste schließlich zur Pause vom Feld, weil der Stürmer gefrustet an einer Gelb-Roten Karte rüttelte.

Der junge Nils Quaschner kam in die Partie, er war die einzige Stürmer-Option auf der Wechsel-Bank. Massimo Bruno und Valentino Lazaro kamen später in die Partie. „Wir haben versucht, alle Offensiv-Optionen zu nützen und haben auch einige Möglichkeiten vorgefunden“, merkte Hütter an.

Ein (hausgemachtes) Problem der vergangenen Wochen: So gut der Kader qualitativ auf dem Papier sein mag, so limitiert sind die Optionen und waren sie auch schon gegen Malmö.

Man wusste, dass die Verletzten Vorsah, Rodnei und Berisha für diesen Herbst praktisch nicht in Frage kommen würden, handelte aber nicht.

Für das Altach-Spiel zwischen den Malmö-Duellen stand nur ein echter Innenverteidiger parat, wenn man Lieferings Duje Caleta-Car nicht berücksichtigt.

Falsche Entscheidungen

Aufgrund weiterer Verletzungen (Schiemer, Ulmer, Sörensen) sowie dem Fehlen von Sadio Mane saßen die unerfahrenen Konrad Laimer und Benno Schmitz in Schweden auf der Bank.

Im „wichtigsten Spiel der Vereinsgeschichte“ (Sportdirektor Ralf Rangnick) hatte Hütter mit Ankersen, Sabitzer und Lazaro in Wahrheit nur drei Alternativen, die er auch in dieser Reihenfolge bringen musste.

Das CL-Aus, Hauptgrund für die Krise, basiert auf Fehl-Entscheidungen auf mehreren Ebenen. Auch Hütters Aufstellung war kein Goldgriff, als der 44-Jährige nach zwei Jahren Martin Hinteregger als Linksverteidiger aufbot, Stefan Ilsanker zurückzog. Der junge Naby Keita war dem Spiel scheinbar nicht gewachsen und erwischte nicht den besten Tag.

Der Trainer sieht sich nun damit konfrontiert, dass sich die Gegner aktuell gut und simpel auf das Salzburg-Spiel einstellen können. Malmö machte es mit seinem physischen Spiel vor, Sturm legte mit erfolgreichem Umschaltspiel nach und der WAC zeigte ebenso notwendige Defensiv-Qualitäten.

„Ein Gegner, der sehr kompakt, sehr aggressiv spielt, vor dem Sechzehner gut verteidigt und im Konter sowie bei Standards sehr gefährlich ist, kann uns im Moment das Leben sehr schwer machen“, weiß Hütter Bescheid. In solchen Situationen wird freilich auch das fußballerische Fehlen von Mane bemerkbar, der mit seinen Aktionen auf der linken Seite immer wieder Chancen kreieren konnte.

Die Gegner wissen Bescheid

Darauf angesprochen meint Hütter: „Sadio Mane hat in 87 Spielen 45 Tore und 32 Assists erzielt. Das ist natürlich schon ein Fakt und Wert, der große Bedeutung hat. Aber diesen Spieler haben wir nicht mehr. Marcel Sabitzer hat für mich auf dieser Position ein sehr gutes Spiel gemacht.“

Dennoch fehlt Salzburg aktuell die Power, die sie bislang so ausgezeichnet hat. Die „Bullen“ kommen nicht mehr ins Gegenpressing, was für Kampl auch erklärbar ist: „Es ist schwierig, bei zwei Verteidigungslinien und vielen hoch gespielten Bällen des Gegners ins Pressing zu kommen.“

Es braucht offenkundig ein adaptiertes Konzept des eigenen Spiels, denn Hütter deutete am Sonntag an, dass sich Celtic nicht wirklich anders als etwa der WAC präsentieren würde.

Bis Donnerstag vergehen nur wenige Tage, um sich aus dieser neuen, ungewohnten Situation, dieser Krise zu manövrieren.

„Wir müssen so schnell wie möglich versuchen, wieder in die Spur zu finden. Wir brauchen ein Erfolgserlebnis. Wenn man es nicht gewohnt ist, zu verlieren, ist das Selbstvertrauen natürlich angeknackst, aber da gilt es, dass wir uns selbst aus dem Dreck ziehen und Siege feiern.“

Diesen Worten müssen am Donnerstag auch Taten folgen.

 

Bernhard Kastler