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"Jetzt liegt es nur an mir"

„Das ist eine gute Frage.“ Roman Kienast überlegt lange, seine Augen wandern von links nach rechts und wieder zurück. „Nicht immer“, sagt er letztlich.

Ob es denn im Fußball Dankbarkeit gäbe, war die „gute Frage“. Nachsatz Kienast: „Im Fußball vergeht die Zeit so schnell. Du musst einfach immer da sein, immer das Level halten. Und das ist nicht so einfach.“

Zwei Seiten der Medaille

Drei Jahre lang war der Stürmer Spieler der Wiener Austria. Mit seinem entscheidenden Treffer gegen Dinamo Zagreb hat er die Veilchen erstmals in ihrer Geschichte in die Champions League geschossen.

Sein Tor beim FC Porto war das erste, das die Violetten in der „Königsklasse“ anschreiben konnten. Wenn man eine Milchmädchenrechnung aufstellt, kommt man zum Ergebnis, dass der mittlerweile 30-Jährige dem FAK Millionen eingebracht hat.

Das ist die eine Seite der Medaille. Auf der anderen steht: Kienast konnte sich lediglich im Frühjahr 2012 Stammspieler nennen, danach pendelte er zwischen Reha, Tribüne und Joker-Rolle hin und her.

„In manche Philosophien passe ich nicht rein“

„Ich hatte viele Verletzungen, bin vier Mal operiert worden. Es waren lauter Kleinigkeiten, aus denen man sich jedes Mal wieder herauskämpfen muss“, sagt der Stürmer.

Ivo Vastic, Peter Stöger, Nenad Bjelica, Herbert Gager und Gerald Baumgartner – es waren fünf Trainer in drei Jahren, unter denen Kienast gedient hat. Bei den meisten von ihnen wurde man das Gefühl nicht los, sie wüssten nicht so recht, was sie mit dem elffachen Internationalen anfangen sollten. „Manche Trainer haben halt Philosophien, in die ich nicht reinpasse“, so Kienast.

Eine falsche Entscheidung

Irgendwie schien vor allem im vergangenen Sommer klar, dass er und Baumgartners Angriffspressing einfach nicht zusammenpassen würden. Doch der Stürmer blieb trotz einiger Angebote in Wien-Favoriten.

„Ich habe einfach versucht zu kämpfen. Ich wollte noch eine Chance bekommen. Dem war aber nicht so“, begründet er die Entscheidung für einen Verbleib. Es sollte sich als die falsche Entscheidung herausstellen.

Dementsprechend fällt auch die Herbst-Bilanz des Familienvaters aus: „Es war nicht einfach, zum Training zu gehen. Ich habe ja gemerkt, dass die Chance zu spielen sehr gering ist. Trotzdem habe ich immer versucht, das professionell aufzunehmen. Ich habe nie versucht, andere Spieler runterzuziehen.“

„Es ist ein gutes Gefühl“

Man merkt Kienast an, dass er nicht gerne über die jüngere Vergangenheit spricht. „Es war eine schwierige Zeit bei der Austria, die ich einfach hinter mir lassen will“, sagt er leise.

Da kommt der SK Sturm gerade recht. Nach drei Jahren ist der Angreifer nach Graz zurückgekehrt. „Es ist ein gutes Gefühl, wieder da zu sein, wo ich große Erfolge gefeiert habe. Es war keine schwierige Entscheidung, wieder zurückzukommen“, sagt er. Und seine Miene lichtet sich.

„Ich muss von vorne anfangen“

Mit den Steirern ist er Meister und Cupsieger geworden, hat in 61 Bundesliga-Spielen 30 Treffer erzielt und zehn Assists geliefert. Das alles unter jenem Mann, der die Grazer seit Herbst wieder trainiert – Franco Foda.

„Es waren zwei tolle Jahre unter ihm“, erinnert sich der 30-Jährige. Doch auch in Fodas Fall rechnet er nicht mit Dankbarkeit. Die Vergangenheit hilft in seiner aktuellen Saison nichts: „Ich muss wieder von vorne anfangen und schauen, dass ich in die Mannschaft komme.“

Doch die Erinnerungen an bessere Tage, an Tage beim SK Sturm scheinen Kienast jenen Mut zu geben, den er im Herbst schon fast verloren habt zu haben schien.

„Jetzt liegt es nur an mir“, sagt er.

Harald Prantl