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Reinhold Yabo: Politiker, Mann des Glaubens, Fußballer

Reinhold Yabo: Politiker, Mann des Glaubens, Fußballer

Red Bull Salzburg dürfte mit Reinhold Yabo seinen Königstransfer fixiert haben. So überraschend wie der Wechsel des von mehreren deutschen Bundesliga-Klubs umworbenen Mittelfeldspielers nach Österreich kommt, so ungewöhnlich ist auch die Person Yabo.

Politiker, Prediger, Weggefährte von Götze, Ter Stegen und Co. – der 23-jährige Deutsche ist vieles, aber der Neffe von Anthony Baffoe ist er doch nicht.

Das Supertalent Yabo

Mit dem gängigen Bild des Fußball-Profis hat Yabo außerhalb des Platzes wenig zu tun, obwohl er sich eigentlich auf demselben Weg befand, wie mancher Weltmeister und CL-Sieger.

Mario Götze, Marc-Andre Ter Stegen, Shkodran Mustafi und Bernd Leno waren etwa Mannschaftskollegen, mit denen er 2009 U17-Europameister wurde. Yabo war Ballverteiler, zog im Mittelfeld die Fäden. Der Kapitän wurde in die "Mannschaft des Turniers" gewählt und galt als eines der größten Talente Deutschlands.

Die fußballerische Heimat des Sohnes kongolesischer Eltern ist Köln, wo er diverse Jugendmannschaften des 1. FC durchlief. Aus dieser Zeit hängt ihm auch die Fehlinformation nach, Anthony Baffoe sei sein Onkel.

„Das ist völliger Mumpitz, ich habe nichts mit Ghana zu tun. Anthony ist nicht mein leiblicher Onkel“, stellt Yabo gegenbüber „bundesliga.de“ klar. „Er war damals in der U13 beim 1. FC Köln mein Pate und hat sich viel um mich gekümmert.“ Zwar hätten er und seine Kollegen Baffoe „Onkel“ genannt, „er ist aber definitiv nicht mein biologischer Onkel“, räumt er mit den Gerüchten auf.

Der gescheiterte Yabo

Yabos Herz hängt zwar immer noch am Kult-Klub, von Erfolg war die gemeinsame Geschichte aber nicht geprägt. Yabo kam nur zu fünf Bundesliga-Einsätzen für die "Geißböcke" und wurde aussortiert.

"Ich habe in Köln nie eine echte Chance bekommen, mich zu beweisen", meint er gegenüber „Die Welt“, gibt aber auch zu, nicht genug an seinen Schwächen gearbeitet zu haben. Kopfballspiel und der linke Fuß seien damals Mankos gewesen.

Über die Leih-Station Aachen landete „Ray“ im Sommer 2013 beim damaligen 2.-Liga-Aufsteiger Karlsruher SC. Bei den Badenern übernahm er wieder seine alte Rolle als Mittelfeldmotor und Führungsspieler, machte zwei starke Spielzeiten und verpasste in der Relegation gegen den HSV denkbar knapp den Aufstieg in die Bundesliga. Nur mit einem solchen wäre er zu halten gewesen.

Der abwägende Yabo

Der nächste Schritt sollte ins deutsche Oberhaus führen, letztlich wurde es aber doch Salzburg, obwohl es an Offerten nicht mangelte. „Ziemlich viele von Euch werden das nicht verstehen können, aber dennoch will ich Euch meine Entscheidung erklären: Ich hatte einige Angebote aus der Bundesliga vorliegen, bei denen mir aber entscheidende Dinge fehlten“, richtet sich Yabo via Facebook an seine Fans und erläutert, was für RBS sprach:

Yabo holte als Kapitän die U17-EM

„Ich wollte ein neues Abenteuer mit ausreichend Perspektiven in Angriff nehmen. Bei RB habe ich die große Chance, international zu spielen und diese Chance möchte ich nutzen. Dies überwiegt in der Gesamtkonstellation allen anderen Möglichkeiten, die ich zur Verfügung hatte.“

Der Politiker Yabo

Mit seinem Abgang verliert Karlsruhe nicht nur einen seiner wichtigsten Spieler, sondern auch einen Lokalpolitiker. Im Mai 2014 kandidierte er auf Anraten eines Freundes für den Stadtrat, erhielt ohne Wahlkampf 7034 Stimmen und zog als einer von drei Abgeordneten der Gruppierung „Gemeinsam für Karlsruhe“ in das Gremium ein.

"Ich dachte doch im Traum nicht daran, dass mich irgendeiner wählt", war die Überraschung groß. „Ich war echt baff. Ich saß zuhause bei meinen Eltern, dann bekam ich einen Anruf, dass ich Stadtrat bin“, sagt Yabo.

„Ich habe mich entschieden, die Verantwortung zu übernehmen. Wenn ich merke, es kollidiert mit dem Sport, dann kann ich immer noch sagen, es geht nicht. Ich bin ja in erster Linie Fußballer“, versicherte der Teilzeitpolitiker, dessen Mandat mit einem Umzug nach Salzburg erlöschen wird.

Der gläubige Yabo

Wer den schnöden Mammon als Beweggrund für seinen Wechsel zu RBS vermutet, der wird bei Yabo enttäuscht. Von „Die Welt“ auf die horrenden Summen angesprochen, die das Fußballgeschäft am Laufen halten, zitiert er aus dem neutestamentlichen Brief an die Hebräer: „Da heißt es: Die Geldgier soll uns nicht übernehmen!"

Bibelfest ist der gläubige Christ allemal. Yabo besucht die Messen einer evangelischen Freikirche in Karlsruhe und hält hin und wieder selbst Predigten.

"Reden war noch nie mein Problem", sagt er. Wenn er Exkurse in den Fußball wagt und von Teamplay und Zinedine Zidane schwärmt, erntet er Applaus. „Ich finde es immer gut, den Bezug zum Sport herzustellen: Elf können spielen, dann sitzen noch welche auf der Bank und es gibt leider auch welche, die nicht im Kader sind. Es können nicht immer alle zufrieden sein. Aber diese Unzufriedenheit für das Gemeinsame hinten anzustellen, das finde ich wichtig“, erklärt Yabo, der es versteht, seine Zuhörer mitzureißen.

Bei Herzensklub Köln klappte es nicht

Zum Glauben, der ihm in den schwierigen Phasen seiner Karriere hilft, brachte ihn seine Schwester. Bis er 16 Jahre alt war, interessierte ihn die christliche Erziehung in seinem Elternhaus nicht, doch dann wurde bei ihm ein Schalter umgelegt.

„Während des Gesprächs mit meiner Schwester über Gott, Jesus und die Bibel habe ich gemerkt, dass das der Weg ist, den ich gehen will“, erinnert sich Yabo an die Szenen in einem Eissalon. Zwar waren die Inhalte der Konversation nichts Neues für ihn, dennoch war diesmal etwas anders: „An dem Tag empfand ich es so, als würde Gott durch meine Schwester zu mir sprechen. Das war eine große innere Erfahrung.“

Daraufhin widmete er sich intensiv der Bibel und entschied, sich dem Glauben hinzugeben. Den Tag beginnt Yabo um 6:45 Uhr mit einem Gebet, das alleine reicht seiner Meinung nach aber nicht. „Es ist nicht damit getan, dem alten Herrn im Himmel ein paar Gebete zu senden. Nein, man muss den Glauben leben und seine Talente nutzen“, sagt er und stellt die Verbindung zum Fußball her: „Wenn ich mich nicht für meine Mannschaft voll einsetze, findet das nicht nur mein Trainer nicht gut, sondern auch mein himmlischer Vater nicht. Ich erinnere an das Gleichnis von den anvertrauten Talenten in der Bibel.“

Der Schrifftsteller Yabo

Talente hat „Ray“ wahrlich genug. Nur kochen kann er nicht, wie der passionierte Breakdancer selbst zugibt. Dafür plant er, auch noch unter die Schriftsteller zu gehen.

Ein Roman oder ein theologisches Sachbuch soll es sein. Vorarbeit hat er mit einem Fernstudium im kreativen Schreiben bereits geleistet. Bis vor einem halben Jahr betrieb er auch einen Blog, dazu fehlt mittlerweile aber die Zeit.

Der Fußballer Yabo

Mit seinen Fähigkeiten steht Salzburg in der kommenden Saison ein Spieler zur Verfügung, der in der Schaltzentrale den Takt im Bullen-Orchester vorgeben könnte. 

Stets anspielbar, ballsicher und mit der nötigen Übersicht ausgestattet, versteht er sich selbst als Stratege und Bindeglied zwischen den Mannschaftsteilen. Den Spielzerstörer will er nicht geben. Er versuche die meisten Aufgaben auf dem Feld spielerisch zu lösen, sagte Yabo bereits in den Anfängen seiner Karriere.

Welche Rolle er genau bei RBS einnehmen wird, als eher offensiver oder defensiver Part, weiß Yabo noch nicht, macht sich aber auch keine großen Gedanken darüber. „Ich bin mir sicher, dass ich meinen Platz in der Mannschaft finden werde. So etwas kann man nicht erzwingen. Man wächst ganz natürlich in die Rolle, für die man in der Mannschaft vorgesehen bzw. bestimmt ist“, gibt sich der Neuzugang anpassungsfähig.

"Ich freue mich auf das neue Abenteuer und auf die neue Herausforderung, die man im Leben immer wieder mal sucht", sagt er.

Auch die Liga darf sich freuen. Auf den ungewöhnlichen Fußballer Reinhold Yabo, mit all seinen Facetten.

 

Christoph Kristandl