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"Anderer Weg macht keinen Sinn"

Ralf Rangnick hat seine Nachfolge in Salzburg bekanntgegeben.

Geschäftsführer Jochen Sauer und Sportkoordinator Christoph Freund werden wie erwartet ab Sommer seine Agenden übernehmen, wenn der Deutsche nur noch in Leipzig als Sportchef tätig ist.

In einem Mediengespräch hatte der 56-Jährige nicht nur diesbezüglich etwas zu sagen und sprach auch über seinen Abschied aus Salzburg, Routine und Anfeindungen in seiner Heimat.

RALF RANGNICK ÜBER...

...SEINE NACHFOLGE

Wir wollen von der Grundausrichtung so weiterarbeiten. Das ist auch der ausdrückliche Wunsch von Herrn Mateschitz. Da geht es um die Entwicklung hochtalentierter Spieler sowie die Spielweise. Wir haben uns schon zu Weihnachten Gedanken gemacht, was die beste Lösung wäre. Zu diesem Zeitpunkt war mir schon klar, dass es absolut Sinn macht, es mit der internen Besetzung weiterzumachen. Jochen ist kurz nach mir gekommen, Christoph ist schon sehr lange hier, kennt den Verein in- und auswendig, in allen Facetten und Entwicklungsstufen. Wir haben in den vergangenen drei Jahren sehr eng zusammengearbeitet. Fast alles, was im Verein passiert ist, haben wir gemeinsam besprochen und umgesetzt. Deswegen ist es für mich nur logisch, dass wir die Arbeit mit Jochen und Christoph so fortsetzen. Von der Aufgabenverteilung her: Christoph wird sportlicher Leiter und am Thema Fußball noch direkter dran sein. An der ersten Mannschaft, am Trainer, am Spielerrat. Das Gleiche gilt für den FC Liefering und die Akademie. Es besteht ein enges Vertrauensverhältnis. Jochen wird das machen, was er bislang schon gemacht hat, aber natürlich etwas näher an den Sport heranrücken.Wenn es um neue Spieler geht, Vertragsverlängerungen, dann werden beide so wie bisher am Tisch sitzen und die Gespräche führen.

…DIE KONTINUITÄT IM SPORTLICHEN BEREICH

Was diesen Bereich angeht, haben wir damals Roger Schmidt ja auch nur sehr ungerne ziehen lassen, weil wir zwei Jahre sehr intensiv gemeinsam gearbeitet und die Entwicklung vorangetrieben haben. Es wird von unserer Seite sicherlich kein Trainerwechsel angestrebt oder forciert. Wir glauben, dass es extrem wichtig ist, Kontinuität zu behalten und zu bewahren, aber auch Entwicklung. Das ist einfach ein wichtiger Punkt, gerade mit diesen jungen Spielern. Wenn ich mir den FC Liefering anschaue, dann ist das die Mannschaft, die aktuell sehr viel Spaß macht. Wir haben da auch bewusst Spieler abgegeben, wie etwa Stefan Savic oder Nikola Dovedan. Dazu kamen Spieler wie Felipe Pires, die hochgezogen wurden. Die starke Mannschaft aus der Hinrunde hatte durchaus ein paar Abgänge zu verzeichnen und da gab es auch Stimmen, wonach es in dieser durchaus nicht so schlechten zweiten Liga möglicherweise nicht reicht, vorne mitzumischen. Die Antwort waren zwei Auswärtssiege in Lustenau und Innsbruck. Bei Wacker haben wir uns vor vier Monaten noch mit der ersten Mannschaft mit Müh' und Not via Verlängerung im Pokal in die nächste Runde gerettet. Dort gewinnt nun der FC Liefering mit einer neu zusammengestellten, jungen Mannschaft 3:0 und der Sieg hätte noch höher ausfallen können. Das ist die Mannschaft, die zeigt, wohin der Weg von Salzburg auch in Zukunft gehen muss. Über den FC Liefering, aber auch mit dem einen oder anderen Spieler, den wir von auswärts dazuholen. Stichwort Naby Keita oder Massimo Bruno. Herr Mateschitz hat das auch in einem seiner seltenen Interviews richtig gesagt: Das wird auch vom Ligaformat vorgegeben. Es macht in einer Zehnerliga überhaupt keinen Sinn, als RB Salzburg einen anderen Weg zu gehen als jenen, den wir jetzt gehen. Das setzt aber auch voraus, dass wir die Spieler fördern sowie fordern und aus den hochtalentierten Spielern binnen zweier Jahre Top-Spieler machen. Das ist uns in den ersten beiden Jahren gelungen, deswegen gab es auch die Begehrlichkeiten. Für mich ist es nach wie vor eine Sensation, dass wir Spieler in Top-Ligen abgegeben haben und sie dort absolute Stammspieler sind. Das zeigt, was mit richtig guter Arbeit, einem Plan in der Tasche möglich ist - auch in einer kleinen Liga wie Österreich. Deswegen soll das weiterhin der Weg sein.

...DEN MANGEL AN ERFAHRENEREN SPIELERN

Das Durchschnittsalter beider Mannschaften im Spiel gegen Villarreal betrug im Hinspiel je 25 Jahre. Unsere Spieler hatten davor 350 internationale Einsätze (CL und EL) zu Buche stehen, bei Villarreal waren es 168. Wir hatten auf unserer Seite doppelt so viele internationale Spieleinsätze. Beim Rückspiel waren wir etwas jünger, 23,3 Jahre, Villarreal wiederum 25. Dabei war das unser besseres Spiel. Internationale Einsätze: 248:168. Mehr brauche ich dazu wohl nicht sagen. Wir sind gegen eine bessere Mannschaft ausgeschieden, nicht gegen eine erfahrenere. Warum sind sie besser? Das hat auch Villarreals Trainer nach dem Spiel richtig analysiert. Sie spielen in La Liga und gewinnen da auch gegen den 16. nicht automatisch. Sie spielen regelmäßig gegen Real und Atletico Madrid, FC Barcelona, FC Sevilla. Mit Erfahrung hat das nachweislich nichts zu tun. Mit dem Ligen-Format schließt sich der Kreis in der Argumentationskette. Ich habe diesbezüglich resigniert. Ich war bei sechs oder sieben Workshops dabei und ich habe nach zwei Jahren beschlossen keine Energien mehr reinzustecken, weil es nichts bringt. Ich finde mich schwer mit einem Nein ab, aber in diesem Fall ist in naher Zukunft nichts zu machen. Deswegen macht es Sinn, diesen Weg weiterzugehen. Warum soll auch ein 27-Jähriger hierher kommen und seine Karriere fortsetzen? Aus den Gründen, warum sie früher hierher gekommen sind. Schöne Lebensqualität im Sommer und im Winter. Gutes Geld, sicheres, ruhiges Arbeiten. Wenn man mal nicht gewinnt, macht es auch nichts. So war es. Jetzt haben wir eine Mannschaft, egal ob in Salzburg oder in Liefering, in der sich Spieler mit dem Klub und dem Weg identifizieren. Mit der Art des Fußballs. Das ist jetzt eine ganz andere Motivationslage als bei einigen Spielern vor drei, vier Jahren. Früher spielten die Hintereggers und Ilsankers nicht, dafür etwa ein Mendes oder Lindgren. Heute spielen die 18-Jährigen eben gleich. So muss es aber auch reichen, wenn wir die Spieler entsprechend entwickeln, Meister zu werden.

...DIE JÜNGSTEN ANFEINDUNGEN GEGEN RB LEIPZIG IN KARLSRUHE

In Österreich war das nie der Fall, einmal im Pokal gegen Kalsdorf vielleicht, aber das richtete sich weniger gegen den Verein. In Deutschland ist ein Trend erkennbar, der zur Vergrößerung des Aggressionspotenzials hingeht. Von gewissen Teilen, die Zugang zum Stadion haben. Rund um das Spiel Stuttgart-Hertha gab es verletzte Polizisten. Was mit Marcel Reif passiert ist, was bei Gladbach-Köln war. Was in Aue war. Es gab eine Entschuldigung vom Präsidenten, aber was ist mit denen, die diese Plakate gemalt und hochgehalten haben, juristisch passiert? Klar muss man sich mit den Ursachen beschäftigen. Aber die Bundesliga muss sich auch damit beschäftigen, wie sie diesen Auswüchsen Einhalt gebietet. Es geht um Minderheiten, aber die sorgen momentan für Situationen, wo ich sage: Das geht nicht. Wenn du dir in einem Hotel, 30 Kilometer vor Karlsruhe, in einem Landgasthof, nicht mehr sicher sein kannst, ob irgendwelche Chaoten in das Hotel reinstürmen und nichts anderes als Angst und Schrecken verbreiten wollen, dann sind wir an einen Punkt gekommen, wo alle an einen Tisch müssen. Vereine, DFB, Liga, auch die Behörden. Es muss jemanden geben, der Regeln aufstellt und die Konsequenzen einfordert, wenn sie ständig gebrochen werden.

 

Bernhard Kastler

...SEIN EINWIRKEN AUF SALZBURG VON LEIPZIG AUS

Ich werde bei keinen Gesprächen, die neue Spieler für Salzburg oder Liefering betreffen, dabei sein. Ich werde auch nicht die Entscheidungshoheit haben, das liegt alleine bei Christoph und Jochen. Es geht auch rein energetisch nicht mehr. Leipzig ist als Verein weit entwickelt. Ich war zu Beginn 70 Prozent meiner Arbeitszeit in Österreich. Mittlerweile sind es 50:50 oder 60:40 Leipzig. Aber ich habe auch das Gefühl, dass ich noch mehr dort sein müsste, weil in Leipzig viel passiert. Wir haben neue Spieler geholt, haben einen neuen Trainer. Ich wäre am liebsten überall gleichzeitig, das geht nicht. So ist es besser für beide Standorte, wenn hier Jochen und Christoph das Sagen haben und ich mit meinen Mitarbeitern in Leipzig bin. Dass wir weiterhin fachlich und freundschaftlich verbunden bleiben, ist völlig klar.

...SEINEN ABSCHIED AUS SALZBURG

Die Saison ist noch nicht zu Ende. Wir haben noch zwölf Meisterschaftsspiele, der Pokal kommt auch noch dazu. Da versuche ich natürlich bei dem einen oder anderen dabei zu sein, wie am Sonntag gegen Sturm Graz. Wir haben als Familie auch eine Wohnung hier, unser jüngerer Sohn studiert hier Medizin und deswegen ist Salzburg auch ein Standort, mit dem wir immer verbunden bleiben werden. Ich werde sicher auch in den nächsten Jahren immer wieder einmal hier sein und mir Spiele anschauen. Mir gefällt es hier unglaublich, es ist ein Standort mit einer ganz hohen Attraktivität. Lebensqualität sowieso, aber auch was den Verein betrifft. Wir sind, was den Nachwuchs und Liefering angeht, richtig gut aufgestellt. Ich gehe mit einem weinende Auge, aber ich weiß auch, dass wir hier nun Strukturen und Mitarbeiter sowie Spieler und Mannschaften haben, das mit einem guten Gewissen in die Hände von Jochen und Christoph geben kann.

…DIE ROLLE DES CHEFS NACH SEINEM ABGANG

Ich war nach außen hin, weil ich wohl auch Trainer in der Bundesliga und Champions League war, das Gesicht, aber die Entscheidungen haben wir immer gemeinsam getroffen. Das war nie ein Alleingang. Es wird so sein, wie zuvor angesprochen: Christoph hat mehr im sportlichen Bereich die Zuständigkeit und wird da eher Rede und Antwort stehen. Wenn es um Ausrichtung oder strukturelle Dinge geht, dann wird es eben mehr Jochen sein, der dazu Stellung nimmt.