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Auf Wiener Neustädter Art

Auf Wiener Neustädter Art

Es war bislang wieder eine typische Transferzeit für den SC Wiener Neustadt.

Den einen oder anderen Mitläufer abgegeben, den Kader ein wenig verjüngt, das Grundgerüst im Großen und Ganzen gehalten.

Zwar muss wieder das Querformat herhalten, wenn Heimo Pfeifenberger mit seinen Neuzugängen posiert, aber es handelt sich eben in erster Linie um Perspektivspieler. „Ich bin zufrieden“, sagt der SCWN-Coach, wenn er die Transferaktivitäten im Kopf durchgeht.

"Mir tut das sehr, sehr weh"

Bei einem Namen kommt er dann aber doch ins Stocken: Jürgen Säumel. Der Steirer hat dem Bundesliga-Klub nach nicht einmal einem Jahr schon wieder den Rücken gekehrt, um bei Absteiger Wacker Innsbruck anzuheuern.

„Mir persönlich tut es sehr, sehr weh. Ich hatte zu ihm eine besondere Beziehung und er war für die Mannschaft sehr wichtig“, gesteht Pfeifenberger.

Trotz der Enttäuschung darüber, den Leader an einen Verein verloren zu haben, gegen den man vor wenigen Wochen erst den Kampf gegen den Abstieg gewonnen hat, kann der Coach Säumels Entscheidung nachvollziehen: „Es ist ihm sehr viel um die Laufzeit gegangen. Wir hätten ihm keine drei Jahre garantieren können, das wäre grob fahrlässig gewesen. Das Finanzielle für drei Jahre ist noch gar nicht geregelt.“

Mit Ruhe und Realitätssinn

In Wiener Neustadt bleiben sie bodenständig. So manch anderer Klub würde nach Rang sieben vor zwei Jahren und Rang acht in der abgelaufenen Saison öffentlich davon sprechen, dass es nun an der Zeit sei, sich weiter nach oben zu orientieren.

Das ist aber weder die Sache des Trainers, noch jene von Manager Günter Kreissl. Vielmehr regieren bei den Niederösterreichern Realitätssinn und vernünftige Planung. „Unser größtes Plus ist, dass es innerhalb des Vereins sehr ruhig ist“, sagt Pfeifenberger. Nachsatz: „Wir wissen, dass wir mit vielen Vereinen finanziell nicht mithalten können. Aber wir haben sehr spannende Spieler gefunden.“

Die Hierarchie-Frage

Tobias Kainz ist einer von ihnen. Als großes Talent zum SK Sturm gekommen, hatte der 21-Jährige in der Vorsaison unter Darko Milanic so seine Probleme. In Wiener Neustadt wird ihm wesentlich mehr Vertrauen entgegengebracht. Spielerisch soll Kainz möglichst schnell in die Säumel-Rolle hineinwachsen.

Heimo Pfeifenberger posiert mit seinen Neuzugängen

Reinhold Ranftl, Domenik Schierl, Osman Ali, Julian Salamon, Christian Deutschmann, Michael Tieber und Mario Ebenhofer stehen auf der Liste der Zugänge. Mit der Zunge schnalzt da keiner. Dass es dennoch funktionieren kann, haben die Niederösterreicher aber in den vergangenen Jahren stets bewiesen.

Neue Impulse im Trainerteam

Damit sich daran nichts ändert, wurden in der Sommerpause neue Impulse gesetzt – teils freiwillig, teils unfreiwillig. Mit Thomas Raser ist ein Mann, der mehrere Funktionen übernimmt, unter anderem für Video-Analysen zuständig. „Das war ein ausdrücklicher Wunsch von mir“, sagt Pfeifenberger.

Raser ist 24 Jahre alt und Absolvent der Stronach-Akademie. Aufgrund von Verletzungen blieb ihm der große Durchbruch aber versagt, er kickte zuletzt beim SC Weiz und assistierte neben dem Studium auf einer FH auch Manager Kreissl. Nun ist er Vollzeit beim SCWN beschäftigt und wird dort auch fußballerisch tätig sein – zunächst bei den Amateuren, aber auch als Backup bei den Profis, sollte Not am Mann sein.

Und mit Christian Ilzer ist auch ein neuer Co-Trainer da. Der bisherige, Mario Posch, hatte den Verein bekanntlich Mitte der Rückrunde verlassen, um Chefcoach der Vienna zu werden. „Die Spieler sind begeistert von ihm, er bringt sehr viele neue Impulse rein“, ist Pfeifenberger mit seinem neuen Kollegen jedenfalls sehr zufrieden.

Menschlich sind andere gefragt. Immerhin ist neben Säumel auch Peter Hlinka, der stets kritische Slowake, bei dem man zuletzt das Gefühl hatte, er provoziere Konflikte bewusst, um die Mannschaft wachzurütteln, gegangen.

Pfeifenberger sieht es so: „An der Hierarchie scheitert es nicht. Wir haben ja noch Routiniers. Mimm, Pichlmann, Rauter, Prettenthaler, Sereinig – da ist schon ein Gerüst da. Vor allem Mimm ist ein sehr zuverlässiger Kapitän, der innerhalb der Truppe sehr viel regelt.“

Die Nächsten sind dran

Auf dem Feld sollen indes auch andere Spieler den nächsten Schritt machen: „Es wird höchste Eisenbahn, dass die Jungen, die sich an Hlinkas Seite weiterentwickeln konnten, einspringen. Ich spreche da von Freitag, Koch, Dobras und Schöpf.“

Das ist der Lauf der Dinge beim notorischen Underdog der Liga – wer mehr als eine Handvoll Bundesliga-Partien in den Beinen hat, wird in die Verantwortung genommen. Immerhin kommen jeden Sommer Kicker nach, die noch überhaupt keine Erfahrung in der höchsten Spielklasse gesammelt haben bzw. bei ihren ersten Anläufen gescheitert sind.

Vieles ist also neu beim SCWN. Doch die Grundeinstellung bleibt gleich. Auch an den Zielen hat sich freilich nicht viel geändert. Wieder einmal will der Klub all jenen, die ihn als Abstiegskandidaten Nummer eins sehen, ein Schnippchen schlagen. Wenngleich diverse Umfragen sowieso maximal belächelt werden. „Die legen wir sofort beiseite“, versichert der Coach.

Tüfteln an der Dreierkette

Stattdessen sagt er: „Wir wollen konstanter werden. Wir müssen die Balance finden.“ Dabei spricht er nicht zuletzt das Torverhältnis an. 43 Tore geschossen, 84 kassiert. „Wir haben zu viele Gegentore kassiert, da brauchen wir gar nicht drüber reden. 84 Gegentore sind ein absolutes No-Go. Normalerweise steigt man mit so einer Anzahl ab“, ist Pfeifenberger klar.

Nicht zuletzt deshalb tüftelt der 47-Jährige an Lösungen. In den Testspielen probierte er es vermehrt mit drei Innenverteidigern – also je nach Sichtweise mit einer Dreier- oder Fünferkette. „Das soll eine von zwei, drei Möglichkeiten werden. Wir wollen auch während der Spiele reagieren können. Das 4-2-3-1 ist aber schon unser Grundsystem. Davon leiten wir aber gewisse Systeme ein bisschen ab“, erklärt er.

Auch taktisch gilt also: Das Grundgerüst bleibt, das Rundherum wird stetig weiterentwickelt. So funktioniert das eben in Wiener Neustadt.

Harald Prantl