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"Es wird funktionieren"

Wenn es nicht läuft, kommt Kritik auf.

Das ist nicht nur im Fußball so, aber vor allem dort. Und im Fall der SV Ried auch nicht anders.

Hat der Kader genug Qualität? Wurde zu viel Geld in die Infrastruktur (!) und zu wenig in Transfers gesteckt? Kann dieser Pressing-Stil in Ried überhaupt funktionieren? Ist der Trainer der richtige?

Im Innviertel stellt sich die Öffentlichkeit dieser Tage einige solcher Fragen und noch andere.

Keine Kurzschluss-Reaktionen

Das ist insofern kein Wunder, als dass die „Wikinger“ am letzten Tabellenplatz in der Bundesliga rangieren und zuletzt auch im ÖFB-Cup ausgeschieden sind.

Nach acht Viertelfinal-Teilnahmen war erstmals seit zehn Jahren wieder früher Schluss im Lieblingsbewerb des zweifachen Titelträgers.

Das allerdings gegen den Leader Wolfsberg und das mit 0:1 nach 90 Minuten, in denen die Hausherren die klar bessere Mannschaft waren. So wie auch schon beim 0:1 gegen Sturm vergangene Woche.

So ist es auch kein Wunder, dass die SV Ried dieser Tage ruhig bleibt. Kurzschlussreaktionen? Die gab es in der Ära Stefan Reiter bei Ried noch nie. Weder in guten noch in schlechten Zeiten.

„Es zählt ja immer nur das Heute, aber man kann sich auch die Vergangenheit anschauen und wir haben schon viele schwierige Situationen gehabt, aus denen wir auch gelernt haben. Wir haben schon mehrmals Negatives in Positives umgeleitet. Nur das weiß man dann eben nicht mehr.“

Im Gespräch mit LAOLA1 bleibt der Manager der SV Ried ob Kritik gelassen.

„Wir sind wirtschaftlich so aufgestellt, dass wir grundsätzlich jedes Jahr mit unseren Möglichkeiten Schwierigkeiten haben, eine Mannschaft zu formen, die ‚problemlos‘ in der Liga bleiben kann. Das ist uns in den letzten Jahren gut gelungen. Ich glaube, dass es uns auch heuer gelungen ist. Wir sind zu hundert Prozent überzeugt, dass wir genügend Qualität im Kader wie auch im Trainerteam haben.“

„Mannschaft findet sich immer besser“

Hinsichtlich der nackten Fakten sind Spieler wie Trainer diesen Beweis noch schuldig geblieben. Die wenigsten Punkte und die wenigsten erzielten Tore machen dies deutlich. Doch weil ein Spiel 90 Minuten dauert, können auch andere Erkenntnisse aus der jüngeren Vergangenheit gezogen werden.

„Die Mannschaft findet sich immer besser. Das klingt zwar jetzt blöd, aber das hat sich in den letzten Spielen gezeigt. Wir wurden immer stärker, waren vor allem gegen Sturm und WAC die klar bessere Mannschaft und haben da auch teilweise sehr guten Fußball geboten. Wir haben die notwendigen Tore nicht gemacht und eine Ergebniskrise, das ist sicher Fakt“, so Reiter weiter.

Glasner muss mit der Chancenverwertung hadern

Seit über zwei Monaten warten die Rieder, die sich in ihrer zehnten Saison nach dem Wiederaufstieg in die Bundesliga befinden, auf einen vollen Erfolg. Nicht selten wird dahingehend der im Sommer durch Neo-Trainer Oliver Glasner installierte Pressing-Stil kritisch beäugt.

Pressing ist nicht das Problem

Das Rieder Urgestein verteidigt diesen gegenüber LAOLA1: „Zuletzt war das Pressing überhaupt nicht unser Problem. In Altach haben wir auf diese Weise das Spiel gedreht. Wir haben bei der Austria auf diese Weise den Ausgleich erzielt. Und gegen Sturm und WAC resultierten fast alle Torchancen auf diese Weise. Die Probleme lagen einfach bei individuellen Fehlern und der Chancenverwertung.“

Diese führten zu den Ergebnissen 2:2, 1:3, 0:1, 0:1, die auch Glasner nicht entgangen sind. „Ich bin nicht blauäugig und weiß, dass nur Ergebnisse zählen. An dem wird man gemessen und so ist es auch wichtig, dass wir hinten die Fehler minimieren und in der Offensive einfach effizienter werden. Vom Ballgewinnen alleine haben wir nichts. Aber wir sehen eben auch, dass viele Dinge funktionieren.“

Für Reiter wird das Spiel-System dieser Tage zu sehr in den Vordergrund gestellt, er räumt dabei auch eigene Fehler ein: „Vielleicht haben wir zu Beginn zu viel darüber gesprochen. Wir wurden im Sommer noch teilweise mit Lob überschüttet. Vielleicht hat uns das aber auch alle zu euphorisch gestimmt.“

Die Entscheidung, nach einem tristen Frühjahr (Reiter: „Wir haben nach einem Qualitätsverlust nicht gut gespielt“) etwas Neues zu probieren, verteidigt Reiter: „Dass Ried ab und zu auch etwas versuchen muss, um mit einer übermächtigen Konkurrenz  mitzuhalten, ist klar. Und wir sind ja auch nicht die einzige Mannschaft, die diese Spielweise umsetzt. Ich weiß, wir leben in einer Zeit, in der alles sofort funktionieren sollte. So etwas braucht eben  Zeit. Aber es wird funktionieren.“

Am Samstag gastieren die Rieder bei Wiener Neustadt, es kommt zu einem so genannten „Sechs-Punkte-Spiel“, trifft doch der Tabellen-Neunte auf den Zehnten.

Eine weitere Rieder Niederlage hätte keine Konsequenzen, auch wenn die Oberösterreicher dann vier Punkte Rückstand aufweisen würden.

„Nichts würde sich ändern, ja auch nicht, wenn wir gewinnen. Nur die Momentaufnahme würde sich etwas verschieben, aber es ändert sich nichts massiv“, setzt Reiter auf die in Ried stets gelebte Kontinuität.

Absage an Leitwolf-Diskussion

Die Arbeit seines Trainers sieht der Manager nach den ersten Monaten durchwegs positiv. „Er ist sehr konstruktiv, sehr sicher und klar. Wir sind sehr zufrieden“, sagt „Mr. Ried“, der nach weniger erfolgreichen Trainer-Amtszeiten (Fuchsbichler, Angerschmid) freilich hofft, dass die Lösung Glasner langfristig aufgeht.

Was den Kader betrifft, macht sich der Manager ebenfalls keine Sorgen.

Die in Oberösterreich aufgekommene Diskussion, dass der Mannschaft ein Leitwolf fehle, kennt zum einen Glasner aus Salzburger Zeiten, als es weniger lief, zum anderen kontert Reiter auch diese Kritik.

„Wir haben bei der Zusammenstellung nicht gesagt, wir holen nur Spieler unter 23 Jahren. Auf das Alter haben wir nicht Rücksicht genommen. Wir haben Spieler gewählt, die zu uns passen – charakterlich, sportlich und wirtschaftlich. Wäre da jemand dabei gewesen, der diese Kriterien erfüllt und 28 Jahre alt ist, wäre er auch da“, so der Manager, dem zwei Routiniers im Sommer absagten.

Die Verantwortlichen werden erst nach der Herbstsaison entscheiden, ob in diesem Kontext etwas passiert. Noch stellt man sich nicht auf den langfristigen Kampf gegen den Abstieg ein, schließlich ist erst ein Saison-Viertel gespielt.

Bis Winter wird abgewartet

„Das ist noch viel zu früh. Wir werden im Winter sehen, wie wir und wie die Konkurrenz steht. Dann kann man auch Anpassungen vornehmen“, so Reiter, der dabei auf die über viele Jahre vorbildliche wirtschaftliche Arbeit verweisen kann.

„Wir gehen immer bedacht mit unseren Mitteln um. Wir greifen nicht auf Budgets vor und stehen gesund da. So haben wir die Möglichkeit auch im Winter jemanden zu holen, den wir im Sommer vielleicht noch nicht bekommen haben.“

Reiter bleibt ruhig, Glasner bleibt ruhig, Ried bleibt ruhig.

"Wir müssen so weiterarbeiten. Wir sind alle sehr davon überzeugt, dass sich die Ergebnisse einstellen werden", sagt der Manager.

Sollten sich diese allerdings nicht einstellen, wird es mit Sicherheit auch innerhalb des Klubs nicht ruhig bleiben.

Das ist nicht nur im Fußball so, aber vor allem dort.

 

Bernhard Kastler