news

"Das taugt mir heuer besonders"

Es läuft eigentlich ganz gut in Favoriten.

Anders als in der Vorsaison blühen die Veilchen zum Saisonstart.

Drei Siege, ein Remis und eine, wenn auch empfindliche, Derby-Niederlage stehen nach fünf absolvierten Parten in der Bundesliga zu Buche.

Das ergibt eine Ausbeute von 10 Punkten -  mehr  Zähler hatte die Austria vor einem Jahr erst nach dem neunten Spieltag (11).

Zudem sind die Wiener mit 14 geschossenen Toren gemeinsam mit Rapid das offensivstärkste Team der Liga. So viele Treffer erzielten die Veilchen in den ersten fünf Begegnungen zuletzt  1990 (19).

Während die Renaissance der Violetten einige Fans am Verteilerkreis sogar schon träumen lässt, versucht Alexander Grünwald die Situation richtig einzuordnen.

„Der Start war ganz okay. Wir haben ein paar Punkte am Konto, das ist wichtig. Natürlich war das Derby nicht erfrischend und der Tag danach nicht so schön. Doch der Trainer war der Erste, der in die Kabine gekommen ist und uns sofort aufgemuntert hat. Das darauffolgende Match gegen Mattersburg haben wir dann mit 5:1 gewonnen. Das stimmt mich positiv. Nach der letzten Saison kann man mit zehn Punkten schon recht zufrieden sein. Wir haben aber noch rein gar nichts erreicht. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es schnell in die andere Richtung gehen kann“, erzählt der Kärntner im Gespräch mit LAOLA1.

Er weiß wovon er spricht. Seit 2003 – mit Ausnahme von drei Jahren beim SC Wiener Neustadt – ist die Wiener Austria sein fußballerisches Zuhause.

Dementsprechend viel hat der 26-Jährige bereits erlebt und kann die aktuelle Lage richtig einordnen.

Positiver Grundgedanke

Nach fünf Runden kann bestenfalls von einer Momentaufnahme gesprochen werden, doch „mit jedem positiven Ergebnis steigt das Selbstvertrauen, die Stimmung wird besser. Man merkt, was möglich ist. Die Atmosphäre im Stadion ist eine ganz andere als noch vor einiger Zeit. Es ist ein Ruck durch den Klub gegangen.“

Der Umbruch im Kader spielt für den Mittelfeldmann dabei eine wesentliche Rolle. „Neue Spieler bringen neue Mechanismen mit. Sie haben andere Gedanken, kennen die negativen Erlebnisse aus der Vorsaison nicht. Deswegen ist von Anfang an ein positiver Grundgedanke vorhanden gewesen. Wir wollten die Vergangenheit ruhen lassen, möchten nach vorne schauen und im Hier und Jetzt leben. Darauf haben wir uns fokussiert.“

Der neue Team-Spirit gepaart mit den Einflüssen von Trainer Thorsten Fink ortet Grünwald aktuell als Erfolgsrezept. „Der Trainer hat gleich vorgelebt, dass wir erfolgreich sein wollen. Und mir taugt bisher besonders, dass wir nach einem Gegentreffer nicht aufstecken, sondern Rückstände besser verarbeiten. Letzte Saison sind wir nach einem Rückschlag fast immer eingebrochen. Doch heuer merkt man, dass, auch wenn wir zurückliegen oder den Ausgleich kassieren, die Mannschaft weiter macht. Und das wird belohnt.“

„Es gibt klare Anweisungen“

Fehlte so eine positive Stimmung im letzten Jahr?

„Ich bin nicht der Typ, der im Nachhinein Vergleiche anstellt. Egal, ob es sich um einen Spieler oder einen Trainer handelt. Fakt ist, dass Herr Fink sehr viel mit uns redet und auch auf uns zugeht. Er gibt klare Anweisungen. Er kann natürlich auch lauter werden, wenn ihm etwas nicht passt. Ihm ist jedenfalls das Menschliche sehr wichtig. Er will, dass wir alle an einem Strang ziehen. Das hat er geschafft.“

Ein ebenfalls gern genannter Grund für den violetten Aufschwung ist der Abgang diverser Leute wie etwa Heinz Lindner, Markus Suttner oder James Holland, die schon länger mit einem Tapetenwechsel spekuliert haben – in diversen Foren gerne als „Abbau der Altlasten“ bezeichnet.

„Einige Spieler haben vielleicht einmal eine Veränderung gebraucht – auch vom Kopf her. Es gab hier Höhen und Tiefen. Wir hatten in den letzten Jahren eine Berg- und Talfahrt. Deswegen hat der eine oder andere eben eine neue Herausforderung gesucht. Das muss man akzeptieren. Alle, die da geblieben sind, sind voll auf die Austria fokussiert.“

Lob von Fink

So auch Grünwald. „Ich bin vor Jahren zurück zur Austria gekommen, um etwas zu erreichen. Und das habe ich auch. Doch wie das letzte Jahr gezeigt hat, gibt es natürlich auch negative Saisonen. Ich bin aber hungrig nach Erfolgen.“

Und Austrias Nummer zehn unterstreicht seine Ambitionen am Platz. Gegenüber der abgelaufenen Spielzeit wirkt der Absolvent der Stronach-Akademie wesentlich konstanter. Nicht umsonst bezeichnet ihn Fink als „Säule der Mannschaft“.

„Die Worte des Trainers freuen mich natürlich. Das ist ein Zeichen, dass ich gut in der Vorbereitung gearbeitet habe. Ich wusste, dass ich Gas geben muss“, befindet der Ex-U21-Teamspieler seinen persönlichen Saisonstart ebenfalls als geglückt.

Spürt er den Atem von Neuerwerbung Roi Kehat und hat deswegen in der Vorbereitung einen Zahn zugelegt?

„Wenn man mich nicht kennt, hat man vielleicht ein anderes Bild von mir. Wer mich besser kennt, weiß, dass ich mein ganzes Leben hart an mir gearbeitet habe, speziell nach meinen schweren Verletzungen. Konkurrenz belebt einfach das Geschäft. Und bei der Austria hast du immer Konkurrenz. Ich bin das gewohnt und habe mich eigentlich unter jedem Trainer durchgesetzt. Ich bin immer zu meinen Spielzeiten gekommen. Ich muss daher meine Qualitäten haben, sonst würden mich die Trainer nicht aufstellen“, meint der Meister von 2013.

„Da wirke ich etwas lethargisch“

Die von Fink geforderte dominante Spielweise liegt ihm jedenfalls. „Bei der Austria ist man es gewohnt, auf Ballbesitz zu spielen. Das war immer so. Wir wollen dadurch den Gegner ins Laufen bringen, bis sich irgendwann die Lücken auftun. Es ist immer besser, wenn du den Ball hast und nicht der Gegner. Dann kann nichts passieren.“

Perfekt funktioniert die Spielweise nach so einer kurzen Zeit noch nicht – auch wenn die teilweise klaren Ergebnisse ein anderes Bild zeichnen.

„Wir müssen uns weiterentwickeln, den Ballbesitz weiter nach vorne verlagern. Und dadurch mehr Aktionen auf das gegnerische Tor spielen“, fordert der Offensivakteur.

Dafür würde ihm ein bisschen mehr Dynamik guttun. Das ist Grünwald bewusst: „Man kann bei jedem Spieler etwas finden. Der eine ist technisch nicht so versiert, der andere vielleicht nicht so schnell. Ich weiß, dass ich nicht der dynamischste Spieler bin. Aber bei den Schnelligkeits-Tests habe ich eigentlich ganz gute Werte. Die ersten fünf Meter machen den Unterschied aus, daran arbeite ich. In diesem Bereich wirke ich gegenüber anderen Leuten etwas lethargisch. Aber wenn ich im Laufen bin, komme ich zu einer guten Grundschnelligkeit.“

Noch immer Interesse aus der Türkei

Würde er dieses Attribut mitbringen, wäre er wohl schon längst im Ausland tätig. Doch was nicht ist, kann noch werden. Bereits seit einigen Wochen kursieren die Gerüchte über das  Werben türkischer Klubs.

„Es gibt noch immer Interesse. Das gibt es seit Anfang der Vorbereitungszeit. Das Transferfenster ist auch noch offen. Doch ich konzentriere mich voll auf die Austria. Ich muss hier Leistungen bringen.“

Klingt als wäre er für einen Auslands-Transfer bereit, aber nicht um jeden Preis.

 „Ich werde jetzt nicht hergehen und sagen, dass ich mein ganzes Leben in Österreich spielen möchte. Ich bin auf der anderen Seite sehr froh, bei der Austria zu sein. Das ist ein großer Klub. Aber ich bin 26 und daher in einem Alter, wo man sich Gedanken macht. Sollte es die Möglichkeit geben, im Ausland etwas Neues zu erleben, werde ich es mir überlegen. Aber es ist nicht so, dass ich mit Biegen und Brechen von der Austria und Österreich weg will. Ich bin hier schon ganz gut aufgehoben. Ich werde daher sicher keinen Schnellschuss machen.“

Denn es läuft eigentlich ganz gut in Favoriten.

 

Martin Wechtl