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"Es steht nicht dafür, für ein halbes Jahr zu riskieren"

Ried-Urgestein Oliver Glasner tritt nach 18 Profi-Jahren im Alter von 36 Jahren zurück. Sein vor der Europa-League-Quali in Kopenhagen erlittenes Blutgerinnsel im Gehirn zwingt ihn rund ein Jahr vor dem geplanten Karriereende seine Fußballschuhe an den Nagel zu hängen.

Damit geht eine bewegende Laufbahn zu Ende, ist Glasner doch seit 1994, mit einer einjährigen Auszeit beim LASK, für den Klub aus dem Innviertel tätig.

Rückblickend ist der gebürtige Salzburger eine der prägenden Personen der Liga in den letzten Jahren. Mit 410 Bundesliga-Einsätzen schafft es der Innenverteidiger immerhin ex aequo mit Ali Hörtnagel auf Platz 27 der ewigen Statistik.

"Für mich unser Spieler des Jahrhunderts"

Unter anderem ist es diese Bilanz, die Oliver Glasner speziell in Ried zu einer Ikone macht.

"Wir haben nächstes Jahr unsere 100-Jahr-Feier. Und obwohl wir viele Spieler hatten, die in der Nationalmannschaft gespielt haben oder international Karriere gemacht haben, ist für mich jetzt schon klar, wer der Spieler des Jahrhunderts der SV Ried sein wird", meint etwa Manager Stefan Reiter.

Aussagen, die den kompromisslosen Defensivspieler, der nur fünf Tage vor seinem 37. Geburtstag der aktiven Zeit Lebwohl sagt, sicher stolz machen.

Doch noch mehr dürften ihn wohl folgende Worte von Reiter freuen: "Wir verlieren mit ihm nicht nur einen großen Sportsmann, sondern einen wunderbaren Menschen, der im so schnelllebigen Profi-Fußball-Geschäft immer Größe gezeigt hat. Oliver ist in jeder Hinsicht für jeden ein Vorbild."

Im Rahmen einer Pressekonferenz spricht Glasner über seinen Verletzungs-Schock, seine Zukunft und den Zusammenhalt im Rieder Furore-Team.

 

OLIVER GLASNER ÜBER...

...SEINE ENTSCHEIDUNG, DIE KARRIERE ZU BEENDEN:

„Ich habe im Krankenhaus in Kopenhagen schon darüber nachgedacht, ich hatte ja sehr viel Zeit. Die Entscheidung habe ich dann im Krankenhaus in Ried getroffen. Die Ärzte haben mir abgeraten, wieder zu spielen. Auch ich habe mir gedacht, dass es einfach nicht mehr dafür steht, für ein halbes Jahr Fußball irgendetwas zu riskieren. Das wäre meiner Familie und auch mir gegenüber sehr fahrlässig. Es war für mich die erste Verletzung, bei der ich nicht mehr diesen unbedingten Willen verspürte, wieder zurückkommen zu müssen. Ich war sonst immer sehr ehrgeizig, ich habe jetzt aber abgeschlossen und es ist der richtige Zeitpunkt. Natürlich ist mir diese Entscheidung wahnsinnig schwer gefallen. Der Fußball war 30 Jahre das bestimmende Element in meinem Leben. Ich war wahnsinnig gern bei der Mannschaft, das war mir sehr ans Herz gewachsen. Auch die Situation in Kopenhagen hat mir wieder gezeigt, was diesen Verein auszeichnet. Das Sportliche war zweitrangig. Allen war wichtig, dass es mir gut geht und alles war dem untergeordnet. Das rechne ich Stefan Reiter und allen Verantwortlichen des Vereins sehr hoch an.“

...SEINE ZUKUNFT:

„Ich will jetzt einmal ganz gesund werden. Diese Zeit will ich mir jetzt nehmen. Mit Stefan Reiter habe ich vereinbart, dass wir uns im Herbst dann einmal zusammen setzen und nachdenken, in welcher Form ich weiter im Verein tätig sein könnte. Ab Jänner würde ich gerne in irgendeiner Funktion für den Verein arbeiten.“

...DIE UNTERSTÜTZUNG IN DEN VERGANGENEN WOCHEN:

„Ich möchte mich beim Verein für die großartige Unterstützung sehr bedanken. Ganz besonders bei Stefan Reiter, der sich hier so für mich engagiert hat. Bei meiner Frau Bettina, weil es für mich sehr wichtig war, dass in Kopenhagen eine Vertrauensperson an meiner Seite war. Beim Ärzteteam in Kopenhagen, die – wie auch die Ärzte in Ried bestätigt haben – eine tolle Arbeit gemacht haben. Beim ganzen Team im Krankenhaus Ried, die mich optimal betreut haben und mir sehr viel Ruhe ermöglicht haben. Und bei allen Medienvertreten, die alle meinen Wunsch respektiert haben, nicht kontaktiert zu werden und sich mit den Informationen des Vereins begnügt haben. Diese Ruhe hat zum positiven Heilungsverlauf sehr viel beigetragen.“

...SEINEN MOMENTANEN GESUNDHEITSZUSTAND:

„Mir geht es sehr gut, ich bin eigentlich wieder völlig hergestellt und brauche so gut wie keine Schmerzmittel mehr. Ich habe noch leichte Gedächtnis- und Konzentrationsschwächen – das ist laut den behandelnden Ärzten nach so einer Operation aber normal. Ich mache deshalb in Ried zwei Mal pro Woche eine Therapie, nach drei bis sechs Monaten sollte dann wieder alles o.k. sein. Die Ärzte haben bereits nach meiner Rückkehr nach Ried eine deutliche Besserung festgestellt, sie sind mit dem bisherigen Heilungsverlauf sehr zufrieden. Ich muss mich jetzt körperlich noch schonen, gehe aber jetzt schon eine halbe Stunde bis eine Stunde spazieren, um den Kreislauf anzuregen. Ich darf aber noch nicht zu viel tun. Ich bin am vergangenen Donnerstag nach Hause gekommen und habe mir das Europa League-Spiel gegen PSV Eindhoven schon zuhause angesehen. Ich werde jetzt auch mit der Mannschaft nach Eindhoven zum Rückspiel fliegen. Mir ist das sehr wichtig, dass ich da dabei sein kann. Von den Ärzten habe ich dafür grünes Licht bekommen, es spricht nichts dagegen.“

...DEN TAG DER OPERATION IN KOPENHAGEN:

„Ich habe mich nach dem Training entschieden, nicht zu spielen, weil ich bei den Kopfbällen doch leichte Schmerzen gehabt habe. Und ich dachte mir, dass ich der Mannschaft sicherlich nicht helfe, wenn ich verhalten und nicht voll spiele. Nach dem Training bin ich dann ins Zimmer gegangen, habe meine Frau Bettina angerufen und ihr gesagt, dass ich nicht spielen werde. Dann bin ich duschen gegangen und habe unter der Dusche starke Kopfschmerzen bekommen. Thomas Gebauer war auch im Zimmer und ich habe ihm gesagt, dass er den Doktor holen soll. Von da an weiß ich nichts mehr. Leichte Erinnerungen habe ich an das erste Krankenhaus in Kopenhagen. Ich habe noch kurz meine Frau angerufen und ihr gesagt, dass ich in eine Spezialklinik überstellt werde. Dann weiß ich bis nach der Operation gar nichts mehr. Um etwa fünf Uhr in der Früh bin ich munter geworden. Und ich weiß nicht mehr woher, aber ich habe gewusst, dass wir 2:4 verloren haben und aufgestiegen sind. Ich habe dann noch ein paar Glückwunsch-SMS geschickt und habe dann wieder weitergeschlafen.“

...DIE SCHWERE DER VERLETZUNG:

„Mir war das die ersten ein, zwei Tage nicht so bewusst. Es war da für mich wie bei einer Fußverletzung, ich konnte die Tragweite nicht abschätzen. Am übernächsten Tag haben mir die Ärzte dann die CT-Bilder gezeigt. Der Bluterguss hatte das Gehirn schon stark verdrängt. Sie haben mir gesagt, dass sie den Druck haben wegnehmen müssen. Die Operation war also dringend erforderlich.“

...DAS PROBETRAINING VOR DEM BRÖNDBY-SPIEL:

„Ich wollte das Probetraining unbedingt machen. Und rückblickend war das auch die richtige Entscheidung. Wer weiß, was passiert wäre, wenn ich gespielt hätte und die Bälle mit noch viel mehr Härte gespielt hätte. Das Training war richtig, weil diese Entwicklung sonst auch nicht auszuschließen gewesen wäre. Und ich wollte ja auch unbedingt spielen.“