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"Wir können noch nicht mit Rapid mithalten"

Jeder hat dieses Gefühl schon einmal erlebt, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein.

Bei der Wiener Austria stellte sich dieses bei der 2:5-Heimniederlage im 314. Wiener Derby gegen den SK Rapid ein.

Keiner der violetten Protagonisten konnte so richtig fassen, was in den 90 Minuten passiert war und sich schlussendlich als höchste Derby-Heimpleite in Wien-Favoriten herausstellte.

Und trotzdem ging Trainer Thorsten Fink nicht zu hart mit seinen Spielern ins Gericht. Denn der aktuelle Entwicklungsstand der Mannschaft ließ gegen ein Kaliber wie Rapid noch nicht mehr zu.

„Wir können noch nicht mit Rapid mithalten“

Seit rund zwei Monaten hält der 47-jährige Dortmunder das Zepter bei den Violetten in der Hand und musste nach einer durchwachsenen Saison einen Neuaufbau vorantreiben.

Nach zwei Siegen und einem Remis in den ersten drei Saisonspielen wuchsen die Träume im Umfeld bereits in den Himmel. Das Derby zeigte aber, dass den Veilchen in den kommenden Wochen und Monaten noch viel Arbeit bevorsteht.

„Wir haben Rapid zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt hier gehabt“, konstatierte der Chefbetreuer, wohlwissend, dass seine Schützlinge zu früh gehypt wurden.

„Wir können noch nicht mit Rapid mithalten, da reicht es noch nicht“, setzte dieser seine Ausführungen fort und analysierte die bittere Niederlage trocken.

Nicht das, was die Fans hören wollen

Fehlende Automatismen, eine komplett umgebaute Innenverteidigung und noch viel zu viele individuelle Fehler leisteten ihren Beitrag, dass man sich dem Erzrivalen geschlagen geben musste.

Sätze wie „Gegen eine Mannschaft, wo derzeit alles stimmt, wird jeder Fehler sofort bestraft“ oder „Wenn Rapid führt, sind sie momentan fast nicht zu schlagen“ kommen bei der gebeutelten violetten Fan-Seele möglicherweise nicht so gut an.

Fink entpuppt sich in seiner Anfangszeit in Österreich jedoch als knallharter Profi, der im Haifischbecken der deutschen Medienlandschaft groß wurde und nicht vor ehrlichen Analysen zurückscheut.

Es war ja auch nicht so, dass der Chefbetreuer alles schlechtredete, was die Favoritner beim 2:5 auf dem Rasen ablieferten.

„Wichtig ist, dass sie sich in den Spiegel schauen können“

Trotz des entwicklungsbezogenen Rückstands auf den Tabellenführer war Fink gar nicht so unzufrieden mit der Leistung seiner Mannen.

„Sie haben kämpferisch alles gegeben, gefightet, Druck gemacht und den Fans gezeigt, dass sie unbedingt gewinnen wollen“, beschrieb dieser die Anfangsphase.

In puncto Willen konnte und wollte er niemandem einen Vorwurf machen, im Gegenteil. Der impulsive Dirigent an der Seitenlinie strich die positiven Facetten hervor.

„Das Auftreten war wirklich gut, die Ausstrahlung positiv. Auch nach dem 0:3 hat man gemerkt, dass sie nicht aufgeben. Ich bin mit der Einstellung zufrieden. Das Wichtigste ist, dass sie alles gegeben haben und sich jeder danach in den Spiegel schauen kann.“

Neue Philosophie benötigt Zeit

Entscheidend waren noch viele taktische Fehler, die es in Zukunft zu vermeiden gilt. Es steht noch viel Arbeit bevor, um die Austria auf das nächste Level zu hieven, das ist Fink bewusst.

Doppeltorschütze Alexander Gorgon meinte sogar, dass man möglicherweise genau zum richtigen Zeitpunkt runtergeholt wurde. Dies konnte sein Trainer nur unterstreichen.

Auch Raphael Holzhauser richtete den Blick schon wieder nach vorne: „Klar haben wir uns das anders vorgestellt. Wir sind eigentlich gut in die Saison gestartet und wollten ein Ausrufezeichen setzen. Das ist uns leider nicht gelungen. Wir dürfen aber den Kopf nicht hängen lassen.“

Für die neue Philosophie der Austria war die Leistung respektabel. Nun gilt es jedoch an den richtigen Schrauben zu drehen, um die Entwicklung kontinuierlich voranzutreiben.

„Wir müssen daraus lernen“

„So bitter es auch ist: Wir müssen daraus lernen“, stellte Kapitän Robert Almer gegenüber LAOLA1 klar.

Während offensiv bereits gute Varianten einstudiert wurden und mit Larry Kayode sowie Roi Kehat neue Alternativen für Schwung sorgten, sieht der ÖFB-Keeper die Achillesferse noch in der Defensive.

„Wir müssen besser nach hinten arbeiten und weniger zulassen. Du wirst gegen gute Mannschaften immer Tore bekommen, wenn du so verteidigst“, ärgerte sich der 31-Jährige, dass er fünf Mal hinter sich greifen musste.

Ein entscheidender Punkt wird sein, die Ruhe innerhalb der Mannschaft zu bewahren und sich nicht vom Enthusiasmus der violetten Anhängerschaft anstecken zu lassen.

„Wir sind einfach noch nicht so weit“

Denn der eingeschlagene Weg ist auch für Almer noch ein weiter und steiniger, den es erst einmal zu beschreiten gilt.

„Wir sind einfach noch nicht so weit, wo uns einige schon hinreden. Nach sieben Punkten aus den ersten drei Spielen hat es schon geheißen: Die Austria ist zurück“, erinnerte sich der ehemalige Deutschland-Legionär.

„Doch soweit sind wir noch nicht, wie wir gerne sein würden. Das ist ein Prozess, der noch dauert. Das hat man ganz klar gesehen.“

Die Austria war schlichtweg zur falschen Zeit am falschen Ort – noch. Denn schätzt Fink das Potenzial seiner Mannschaft richtig ein, heilt die Zeit alle Wunden.

Schließlich ist er sich sicher: „Wir haben ein gutes Team, das die gesteckten Ziele erreichen kann.“


Alexander Karper / Martin Wechtl

Austria Rapid
Ballbesitz 48,5% 51,5%
Zweikämpfe 49,5% 50,5%
Eckbälle 7 6
Torschüsse 16 17
Torschüsse außerhalb Strafraum 7 3
Torschüsse innerhalb Strafraum 9 14
Kopfballchancen 1 4
Abseits 0 0
Fouls 11 15