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"Es war unheimlich schön, mit dem Team zu arbeiten"

Warum tut er sich das noch an?

Diese Frage hörte man am Tag der Verkündung, dass sich Didi Constantinis Amtszeit als ÖFB-Teamchef dem Ende zuneigt, mehr als einmal.

Am Dienstag beschloss das ÖFB-Direktorium bekanntlich, den mit Jahresende auslaufenden Vertrag mit dem Tiroler infolge der verpassten EM-Qualifikation nicht zu verlängern, jedoch auch keinen sofortigen Schlussstrich zu ziehen

Gelingt es der Verbandsspitze um Präsident Leo Windtner nämlich nicht, rechtzeitig vor den Oktober-Matches in Aserbaidschan und Kasachstan einen Nachfolger aus dem Hut zu zaubern, wird der 56-Jährige auch in den beiden abschließenden EM-Qualifikations-Begegnungen auf der Bank Platz nehmen.

„Es war die Bitte des Präsidenten, dass ich diese zwei Spiele mache, wenn er bis dahin keinen Nachfolger gefunden hat“, betont der entmachtete Coach.

„Geht mir nicht um die Finanzen“

Über die Hintergründe, warum sich Constantini selbst diese „Lame-Duck-Phase" noch antut, lässt sich spekulieren. Finanzielle Motive verneint der Tiroler:

„Es geht mir nicht nur um die Finanzen. Ich habe schon mehrmals erklärt, dass ich meine Verträge einhalte. Ich habe in meiner Karriere mehr Handschlagverträge gehabt als schriftliche. Da habe ich auch jeden eingehalten. Das ist auch jetzt so.“

Vertragstreue ist ehrenwert, das Fußball-Geschäft funktioniert jedoch bekanntlich trotz im Vorfeld geäußerter Treueschwüre im Normalfall nach anderen Mechanismen.

Ein gewisses Restrisiko birgt nämlich auch der Trip zu den beiden Underdogs in der Qualifikationsgruppe. Aktuell rangiert Österreich in der Tabelle nämlich nur einen Zähler vor Aserbaidschan. In Baku ist es also Pflicht, wenigstens den vierten Platz abzusichern.

„Extrem unterschiedliche Typen im Kader“

Dass bereits erste Befürchtungen geäußert werden, dass sich der eine oder andere Spieler mangels Qualifikations-Chance die Reise in den Osten ersparen könnte, kommt wenig überraschend. Ein Umstand, der wohl nicht in Betracht käme, wenn man sich unter einem neuen Teamchef empfehlen müsste.

Constantini glaubt nicht, dass es für die Oktober-Länderspiele eine Absagenwelle geben werde: „Ich gehe davon aus, dass das alles Profis sind. Mit Ausnahme von Belgien, wo es ein bisschen chaotisch abgelaufen ist, war die Stimmung jedes Mal sehr gut. Jeder ist gerne gekommen. Ich gehe daher davon aus, dass sich so gut wie keiner verletzt – das wäre amateurhaft.“

„Da gibt es bei jedem Spieler, der am Feld steht, so viele Möglichkeiten für Fehler. Das hat uns des Öfteren das Genick gebrochen“, schob der Coach eine Teilschuld an seinem Scheitern mehr oder weniger subtil seinen Schützlingen zu.

Rückblickend gesehen brachte die Amtszeit von Constantini, der im März 2009 als Nachfolger von Karel Brückner installiert wurde, keine allzu großen Fortschritte – eine Enttäuschung, da dem „Feuerwehrmann“ sicherlich das beste Spielermaterial seit längerer Zeit im österreichischen Fußball zur Verfügung stand.

„Nachdem ich gekommen bin, habe ich die Mannschaft ziemlich schnell umgestellt, weil vorher die Harmonie im Kader nicht so da war – ohne die Zeit vor mir schlechtzureden“, blickt Constantini zurück.

„Wünsche dem nächsten Teamchef, dass er sich qualifiziert“

Andreas Ivanschitz verabschiedete der neue Betreuerstab, Martin Stranzl und Alex Manninger folgten schon im Sommer 2009 aus freien Stücken. Die Liste der freiwilligen und unfreiwilligen „Outlaws“ wuchs im Laufe der zweieinhalb Jahre dauernden Ära an, auf ihr standen unter anderem Akteure wie György Garics, Andreas Ibertsberger oder Christoph Leitgeb.

Constantini positionierte sich gerade zu Beginn als Förderer der Jugend. Dauerhaft als Stammspieler etablieren konnten sich jedoch die wenigsten von ihm forcierten Talente. Eine mehr als hoffnungsvolle Ausnahme stellt aktuell David Alaba dar.

„Viele junge Spieler wie Beichler, Jantscher oder Dragovic sind reingekommen. Nicht jeder Spieler macht den gleichen Weg. Manche werden von Spiel zu Spiel besser, zum Beispiel Alaba. Es ist Fakt, dass der eine oder andere abhebt, schwächer wird und wegbricht“, kritisiert er die Weiterentwicklung des einen oder anderen Jungspunds.

Wie auch immer: Ein Fundament für die Zukunft ist im österreichischen Fußball vorhanden. Wer auch immer neuer Teamchef wird, wird darauf aufbauen können.

„Ich wünsche dem nächsten Teamchef, dass er sich für ein Turnier qualifiziert, weil ich glaube, dass sich die Mannschaft weiterentwickeln wird“, so Constantini.

„Die Entscheidung ist die richtige“

Man muss dem Betreiber von Nachwuchs-Camps zu Gute halten, dass er es sich vorerst ersparte, Schmutzwäsche zu waschen und zumindest auch einen gewissen Realitätssinn bewies:

„Die Erfolge waren nicht da, also ist die Entscheidung auch die richtige“, gab er unaufgeregt zu Protokoll und behauptete: „Irgendwie war es zu erwarten, dass es so kommt, also hält sich die Enttäuschung in Grenzen.“

Gelitten habe er jedenfalls zu keinem Zeitpunkt: „Ganz ehrlich, ich habe es genossen – auch wenn das vielleicht ein bisschen pervers ist.“

Sprach’s und verabschiedete sich grinsend mit seinem neuen– auf der vor zwei Wochen abgebrochenen Kaderbekanntgabe beruhenden – Running Gag: „Ist es okay, wenn ich jetzt gehe?“

Noch lautet die Frage, wann Constantini endgültig geht.

Peter Altmann

Ein Motiv, vorübergehend im Amt zu bleiben, dürfte sein, dass Constantini sehr gerne mit dieser Mannschaft gearbeitet hat. Diesen Eindruck vermittelt der in Bälde nicht mehr ranghöchste Fußball-Lehrer der Nation glaubhaft:

„Es ist ein Kader, in dem extrem unterschiedliche Typen drinnen sind. Das musst du einmal auf einen Haufen zusammenbringen. Dass da ein Kollektiv rauskommt, ist nicht so einfach, wie sich das viele vorstellen. Aber im Großen und Ganzen war es bis auf ein paar schwierige Zeiten, wo einmal der gefehlt hat oder sich der andere aufgeregt hat, weil etwas nicht gepasst hat, unheimlich schön, mit der Mannschaft zu arbeiten. Das Verhältnis zu den Spielern ist top.“

Fehlen zeitgemäßer Standards

Dieser subjektive Eindruck mag aus Constantinis Sicht nicht von der Hand zu weisen sein. Allzu große Rückendeckung von Spielerseite hat der scheidende Trainer jedoch auch nicht zu erwarten.

So monierte etwa Paul Scharner im „Kurier“, dass es „wieder einmal eine österreichische Lösung“ sei, dass Constantini die beiden restlichen Spiele auf der Bank sitze und brachte sich kurzerhand selbst als Teamchef ins Gespräch.

Man muss Constantini zugestehen, dass er seiner Elf einen gewissen Zusammenhalt und Glauben an sich selbst eingeimpft hat. Nach Rückschlägen brach die ÖFB-Elf nicht mehr so oft auseinander, wie dies in der Vergangenheit der Fall gewesen sein mag. Dass eine gute Moral alleine jedoch nicht reicht, machte wohl die Niederlagenserie im Jahr 2011 deutlich.

Es waren vor allem diverse umstrittene Personalentscheidungen und der stetige Vorwurf, taktisch und konzeptionell nicht nach zeitgemäßen Standards zu arbeiten, die Constantinis Scheitern beschleunigten.

Keine Selbstkritik

Im Rahmen der Verkündung seines Abschieds verzichtete der 56-Jährige jedoch auf Selbstkritik. Auf seine Fehler angesprochen, fiel ihm nur ein, dass jeder Trainer bei Aufstellungen daneben greife.