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"Jedes Jahr sagt man, das ist ein neuer Arnautovic"

Reifer, verantwortungsbewusst und gelöst.

Eigenschaften, die im ersten Moment nicht unbedingt mit Marko Arnautovic assoziiert werden.

Doch wer den 23-Jährigen an Tagen wie diesen zu Gesicht bekommt, wird eines Besseren belehrt.

Keine großen Sprüche, keine Selbstinszenierung, keine extravagante Frisur. Arnautovic ist bodenständig, teilweise sogar demütig geworden.

Der Wandel der einstigen „Skandalnudel“ trägt einen Namen: Emilia – seine Tochter, die am 16. Juli das Licht der Welt erblickt und seitdem sein Leben verändert hat.

„Da geht mir das Herz auf“

„Ich bin überglücklich, Vater einer Tochter zu sein. Wenn ich mit meiner Frau telefoniere und im Hintergrund die Kleine schreien höre, geht mir das Herz auf. Meine Familie gibt mir Kraft. Das möchte ich in mein Spiel einbringen“, erzählt der Bremen-Legionär.

Die Vaterrolle erfüllt den jungen Österreicher mit serbischen Wurzeln mit großem Stolz und prägt ihn.

„Natürlich wird man reifer. Man hat als Vater eine gewisse Verantwortung. Das muss man durchziehen. Ich bekomme es auch gut hin. Leider bin ich nicht oft zu Hause, das stört mich. Aber das ist mein Leben. So ist der Fußball. Meine Frau kann damit aber sehr gut umgehen.“

Windelwechseln kein Problem

Gut umgehen kann Arnautovic mit dem Windelwechseln. „Das bekomme ich perfekt hin. Meine Frau und ich wechseln uns da ab.“

Seine Nachtruhe wird nur selten gestört. „Die Kleine schläft sehr brav. Nur wenn sie Hunger hat, dann schreit sie – das mache ich aber auch“, berichtet der Offensiv-Akteur mit einem Lächeln im Gesicht.

Sein familiäres Glück spiegeln auch seine Leistungen am Platz wider. Der 19-fache Internationale erhielt bei seinen beiden Bundesliga-Einsätzen von Beginn an für Bremen gute Kritiken. Beim Auftakt gegen Dortmund lieferte er zudem mit einer herrlichen Flanke den Assist zum zwischenzeitlichen 1:1.

Bremens neues System

Doch nicht nur die Geburt seiner Tochter spornt den Ausnahmekönner zu Höchstleitungen an, sondern auch das neue 4-3-3-System, das Trainer Thomas Schaaf bei den Nord-Deutschen praktizieren lässt. Und mit dem Niederländer Eljero Elia kickt zudem noch sein alter Kumpel aus Twente-Zeiten bei den Hanseaten.

„Wir spielen jetzt ein System, das mir entgegen kommt, wo ich meine Qualitäten ausspielen kann. Mir gelingt auch die Defensiv-Arbeit recht gut. Ich hoffe, es geht so weiter.“

Auch Teamchef Marcel Koller lobte die bisherigen Auftritte des Flügelspielers in der deutschen Bundesliga, die Bezeichnung „neuer Arnautovic“ will er aber nicht hören.

„Jedes Jahr sagt man, das ist ein neuer Arnautovic. Ich bin noch immer derselbe. Nur bin ich eben ruhiger geworden.“

„Sind immer für eine Überraschung gut“

Ruhe ist auch in der WM-Qualifikation gegen Deutschland gefragt. „Wir dürfen hinten nichts zulassen und müssen vorne etwas bewirken“, lautet seine einfache Devise.

Die Vorfreude auf den ersten Team-Einsatz als Papa steigt von Stunde zu Stunde. „Es ist ein besonderes Spiel, weil es das erste in der Qualifikation ist und es gleich gegen den stärksten Gegner geht. Noch dazu daheim in einem vollen Stadion. Das ist etwas Spezielles. Wir werden alles versuchen, um nicht das zu wiederholen, was wir in Gelsenkirchen veranstaltet haben.“

„Podolski ist Weltklasse“

Somit wird es der ehemalige Holland-Legionär nicht nur aller Voraussicht nach mit Bayerns Holger Badstuber zu tun bekommen, sondern auch das eine oder andere Mal mit Neo-Gunner Lukas Podolski.

„Lukas ist Weltklasse. Ich werde unseren rechten Verteidiger unterstützen, damit er nicht alleine gegen ihn verteidigen muss. Doch auch der deutsche Verteidiger wird aufziehen. Es wird ein heißes Spiel. Ich freue mich sehr drauf.“

Gut zu verteidigen wird im Duell mit dem dreifachen Welt- und Europameister auch ein entscheidender Schlüssel  zum Erfolg sein.

„Wir müssen die Deutschen früh stören, dürfen sie nicht ins Spiel kommen lassen. Wenn sie Raum vorfinden, sind sie Weltklasse. Wenn man gut draufgeht und sie stellt, können sie Probleme bekommen“, weiß Arnautovic.

„Wollen das ganze Land glücklich machen“

So wie die Fans wünscht sich auch der frischgebackene Familienvater endlich wieder ein Erfolgserlebnis gegen eine deutsche Auswahl.

„Alle stehen hinter uns. Wir wollen unsere Fans und das ganze Land glücklich machen, werden alles geben. Am Ende werden wir sehen, was rausspringt.“

Auf die Frage, ob sogar der erste Sieg seit dem 4:1 am 29. Oktober 1986 bei der Neueröffnung des damaligen Praterstadions möglich ist und sich damit die jetzige Generation das Wort „legendär“ verdient, kontert Arnautovic wiefolgt:

„Wir können uns zu einem legendären Team machen, wenn wir nach Brasilien fahren.“

Reifer, verantwortungsbewusst und gelöst eben.

Martin Wechtl

Das 2:6 am 2. September 2011 war Arnautovic‘ bisher einziges Kräftemessen mit dem großen Nachbarn. Es war gleichzeitig sein Comeback im rot-weiß-roten Dress, nachdem der Wiener von Ex-Teamchef Didi Constantini in den drei Länderspielen davor nicht berücksichtigt wurde – darunter die unglückliche 1:2-Niederlage gegen den Weltranglisten-Zweiten im Happel-Stadion.

Der Respekt vor der DFB-Auswahl ist groß. Doch obwohl das Team von Bundestrainer Jogi Löw von den letzten 74 Quali-Spielen nur zwei verloren hat, ist durchaus der Glaube an eine Überraschung vorhanden.

„Deutschland ist Zweiter in der Rangliste – also eines der besten Teams der Welt. Wir sind aber nicht schlecht, sind immer für eine Überraschung gut. Wir werden voll dagegenhalten.“

DFB kann nicht überraschen

Die Deutschen werden die Österreicher auf jeden Fall nicht überraschen können. „Wir werden wohl aus einer Legionärstruppe  bestehen. Die meisten davon spielen auch in Deutschland. Sie wissen, was auf sie zukommt, wie die Deutschen mit dem Ball umgehen und wie sie taktisch ausgerichtet sind. Dementsprechend werden wir uns verhalten.“

So wie in Bremen wird Arnautovic wohl auch im ÖFB-Team am rechten Flügel auflaufen. Eine Tatsache, die ihn zuversichtlich stimmt.

„Wir spielen im Team das gleiche System wie in Bremen.  Ich bin rechts außen. Das liegt mir. Ich kann meine Eins-gegen-Eins-Situationen ausspielen.“