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"Vor Lucas liegen schon noch ein paar Wege"

Spätestens seit dieser Woche ist den meisten heimischen Tennis-Fans klar: Neben Dominic Thiem haben wir mit Lucas Miedler ein zweites großes Talent in den eigenen Reihen, das das Potenzial hat, in die Fußstapfen von Jürgen Melzer zu treten.

Während der mittlerweile 19-jährige Thiem als Weltranglisten-309. langsam in den oberen Ranking-Regionen anklopft, spielte sich der drei Jahre jüngere Miedler bereits bei seinem ersten Junioren-Grand-Slam-Turnier in die Schlagzeilen.

Neben einem mehr als respektablen Achtelfinal-Einzug im Einzel, wo er erst gegen den topgesetzten Serben Nikola Milojevic verlor, schaffte er es bei seinem Major-Debüt im Doppel-Bewerb gar sofort ins Endspiel.

Trimmel von Kaltblütigkeit beeindruckt

Diese Kaltblütigkeit beeindruckte auch ÖTV-Sportdirektor und Davis-Cup-Kapitän Clemens Trimmel im Gespräch mit LAOLA1: „Meiner Meinung nach sind Erfolge bei einem Junioren-Grand-Slam sehr wichtig. Ich war bei meinem ersten sehr nervös. Man sieht bei vielen Jugendlichen auch sofort, ob die schon mal bei einem Grand Slam dabei waren oder nicht.“

„Lucas hat das super gemeistert. Die Jugendlichen müssen einmal diese Turnierspannung finden.  Am Anfang lässt du dich ziemlich leicht von dem ganzen Drumherum ablenken. Man muss sich auf das eigene Tennis konzentrieren.“

Haider-Maurer: „Luci ist körperlich schon sehr weit“

Gar nicht so überrascht zeigt sich Andreas Haider-Maurer über die Performance des Youngsters. Der 25-jährige Waldviertler, aktuell als Weltranglisten-109. die klare Nummer zwei in Österreich, absolvierte bereits im Dezember eine Trainings-Session mit Miedler und konnte sich dabei ein Bild von ihm machen.

„Er ist ein richtiger Wettkampf-Typ. Er bringt bei jedem Training sein Bestes und ist für sein Alter körperlich schon sehr weit. Er macht einen sehr fitten Eindruck.  Das liegt sicherlich auch daran, dass er sehr viel dafür tut“, sieht „AHM“ seinen Landsmann auf einem guten Weg.

„Er hat ein super Spiel und meiner Meinung nach auch eine Zukunft. Da ist viel möglich“, so Haider-Maurer, der auch das Trainer-Team um Coach Norbert Richter hervorhebt. „Es wird schon sehr professionell bei ihm gearbeitet.“

Melzer tritt auf die Euphorie-Bremse

Etwas auf die Euphorie-Bremse tritt Jürgen Melzer. „Er ist erst 16 Jahre alt. In diesem Alter etwas vorherzusagen, ist sehr schwierig. Er ist auf jeden Fall einmal dabei, aber im Grunde ist das halt noch Kindertennis - du merkst, dass er noch ein Junior ist. Er hat Potenzial und schöne Schläge. Vor ihm liegen aber noch ein paar Wege, die er gehen muss.“

Österreichs Nummer eins schlug sich mit Miedler vor seinem Drittrunden-Match gegen Tomas Berdych in der 10.500 Zuschauer fassenden Hisense Arena ein. „Die war zwar leer, aber ich glaube schon, dass das für ihn ein Erlebnis war. Ich finde es cool, wenn man einem Jungen so etwas zeigen kann.“

Die Trainingseinheit fädelte übrigens Davis-Cup-Kapitän Trimmel ein. „Clemens hat mich gefragt und ich habe sofort Ja gesagt. Wenn ich an meine Junioren-Zeit zurückdenke, wäre es cool gewesen, wenn mich damals jemand gefragt hätte. Deshalb war das für mich überhaupt kein Thema“, stellt sich der 31-jährige Melzer gerne in den Dienst der Sache. „Es war sicher eine nette Erfahrung für ihn.“

Trimmel: „Mit seiner Entwicklung sehr zufrieden“

Dieser Meinung ist auch Trimmel. „Ich weiß noch aus eigener Erfahrung, dass das für einen Jungen immer eine super Sache ist“, sagte der 34-jährige Wiener, der Miedler ebenso wie Melzer nicht allzu schnell hochjubeln will.

„Ich war von seinem soliden und schnellen Spiel sehr beeindruckt. Mit seiner Entwicklung kann man sehr zufrieden sein. Es ist aber noch ein weiter Weg  - so ehrlich muss man sein.“

Haider-Maurer fühlt sich bei Miedlers Erfolgslauf auch ein bisschen an seine eigene Junioren-Zeit zurückerinnert. „Ich habe damals bei den Grand Slams leider nicht so gut gespielt, aber auch einige große Turniere gewonnen“, erzählt der ehemalige Weltranglisten-Neunte bei den Junioren.

„Ich habe den Einstieg auf die Herren-Tour relativ schnell geschafft. Vielleicht ging es sogar zu schnell, weil ich mir gedacht habe, dass das jetzt immer so weiter geht. Es ist schwieriger als man glaubt.

Knowle: „Hat einen großen Stellenwert“

Das Gefühl, im Doppel-Finale eines Junioren-Grand-Slams zu stehen, kennt Julian Knowle. Gemeinsam mit Johannes Unterberger verlor der 38-jährige Vorarlberger im Jahr 1991 das Finale bei den French Open.

„Für mich hatte das einen sehr großen Stellenwert“, erinnert sich der rot-weiß-rote Doppel-Pionier, der bei den US Open 2007 als erster Österreicher ein Grand-Slam-Turnier im Doppel gewann, gerne an einen seiner ersten großen Erfolge zurück.

„Für die Öffentlichkeit war das leider nicht so. Das ist das Leiden des Doppelspielers.  Da können sie sich gleich von Anfang an daran gewöhnen“, kann sich Knowle einen kleinen Seitenhieb auf die geringe Wertschätzung des Doppels nicht verkneifen.

Ob Einzel oder Doppel, ob bei den Erwachsenen oder bei den Junioren - eines ist für den Vorarlberger und auch seine Team-Kollegen klar: „Ein Grand-Slam-Finale ist immer eine super Leistung!“

Christian Frühwald