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"Constantini hat Mut bewiesen"

NAC Breda, AZ Alkmaar, SC Heerenveen, VVV-Venlo, Roda Kerkrade und ADO Den Haag kann Marc Janko von seiner Liste streichen.

Gegen all diese Klubs hat der 28-Jährige in der laufenden Saison bereits getroffen. In jedem der bisherigen sechs Liga-Spiele konnte er sich in die Torschützenliste eintragen, insgesamt hält der Blondschopf bei sieben Volltreffern.

Damit führt Janko die Liste der Top-Torjäger gemeinsam mit Dries Mertens von der PSV Eindhoven an. Janko selbst zeigt sich von seiner Super-Serie überrascht. "Mit so etwas kann man nie rechnen", so der Team-Stürmer im Gespräch mit LAOLA1.

Spitzenspiel vor der Brust

Nachdem er auch im Cup gegen VV Zwaluwen (Ergebnis: 8:1) getroffen hat, steht ihm am Samstag der bislang härteste Brocken bevor. Im Spitzenspiel gastiert Janko mit dem FC Twente bei Rekordmeister Ajax Amsterdam.

Janko ist sich sicher, dass es "keine leichte Aufgabe" werde. Trotzdem glaubt er an sich und seine Kollegen, die sich besser auf sein Spiel eingestellt haben.

Wer dabei eine besonders wichtige Rolle spielt und was er vom ÖFB-Chaos in Sachen Teamchef hält, verrät der 1,96m-Hüne im großen Interview.

LAOLA1: Marc, bei dir läuft es gerade wie am Schnürchen. Konnte man mit einem derartigen Erfolgslauf rechnen?

Marc Janko: Mit so etwas kann man nie rechnen. Es kommen derzeit einfach einige Dinge zusammen, die zu meinem Lauf beitragen. Wir haben mit Co Adriaanse einen Trainer, bei dem ich weiß, wie er spielen lässt. Sein Spielsystem ist eher offensiv ausgerichtet. Zudem kennt er mich und weiß genau, wie man meine Stärken am besten einsetzen kann.

Sechs Liga-Spiele, sieben Tore: Bei Janko läuft es wie am Schnürchen

LAOLA1: Wie funktioniert das?

Janko: Im letzten Jahr sind die Außenspieler häufig nach innen gedribbelt. Jetzt variieren wir mehr mit Flanken. Er hat der Mannschaft immer wieder gesagt, dass wir dadurch immer wieder gefährlich werden können. Das heißt aber nicht, dass ich nur nach Flanken Tore erziele. In der letzten Saison gab es wenige und ich war dennoch Twentes Top-Torschütze. Meine Tore schieße ich immer. Ein wichtiger Punkt ist auch, dass ich das zweite Jahr hier bin. Ich kenne die Begebenheiten und das Umfeld und weiß, was zu tun ist. Es heißt ja immer, dass das zweite Auslandsjahr einfacher ist. Es läuft wirklich gut, es wäre schön, wenn es so weiter geht. Wenn der Schnitt so hoch bleibt, wird es wohl meine letzte Saison bei Twente sein.

LAOLA1: Gibt es denn auch Baustellen, die noch behoben werden müssen?

Janko: Es gibt immer Sachen zu verbessern. Ich bin ja von Natur aus ein Perfektionist und arbeite im Training hart daran. Angesichts meines Laufs ist es aber Jammern auf hohem Niveau. Ich bin aber nicht der Typ, der jetzt abhebt.

LAOLA1: Du hast mit Adriaanse höchst erfolgreiche Zeiten in Salzburg erlebt, jetzt blühst du wieder unter ihm auf. Wie würdest du das Verhältnis zu ihm beschreiben?

Janko: Es ist immer schön, wenn man einen Trainer wieder trifft, mit dem man bereits sehr erfolgreich zusammengearbeitet hat. Bei Salzburg war es eine historische Saison (39 Treffer, Anm.). Ich bin immer noch sehr stolz darauf, was ich dort geschafft habe. Bei unserem Wiedersehen hat er mir gesagt, er kennt mich sehr gut und schätzt meine Persönlichkeit. Er hat auch in den Medien immer wieder erwähnt, dass er viel von mir hält. Das stärkt natürlich das Selbstvertrauen.

LAOLA1: Treffenden Stürmern wird nachgesagt, einen Torinstinkt zu haben. Kann man sich diesen aneignen, ist er erlernbar?

Janko: Den hat man oder hat man nicht. Es ist eine Art von Gefühl: Jetzt muss ich dort hin, dort könnte der Ball hinkommen. Dann kommt der Ball wirklich in diesen Raum. Auf so hohem Niveau macht das den Unterschied aus. Dann habe ich den entscheidenden Vorsprung gegenüber dem Verteidiger. Es ist ein abstraktes Thema, das schwer zu erklären ist.

LAOLA1: Wie verhält es sich, wenn es nicht so läuft?

Janko: In solchen Phasen muss man die einfachen Dinge gut erledigen. Da helfen Hacke und Spitze nicht weiter. Glücklicherweise hatte ich in meiner Karriere nie wirklich längere Abschnitte, in denen es nicht geklappt hat. Einzig im Nationalteam habe ich eine längere Durststrecke. Diese ist aber auch mit dem Spielsystem verbunden. Da hat man meine Stärken zu wenig gebraucht. Dazu kommt meine fast schon unglaubliche Verletzungshistorie. Für mich ist es schon fast unangenehm, darüber zu sprechen.

Marc Janko wünscht sich eine schnelle Teamchef-Lösung

LAOLA1: Macht sich der Erfolg auch bei der Wertschätzung durch die Medien bemerkbar?

Janko: Nein, nicht unbedingt. Das ist ein differenzierteres Thema. Einige Journalisten sind pro Amsterdam, andere pro Eindhoven. Da werden auch manchmal Sachen geschrieben, um Unruhe bei Twente reinzubringen oder weil sie es uns nicht gönnen. Im Großen und Ganzen ist aber der Verein von extremer Sympathie geprägt.

LAOLA1: Wie betrachtest du deine persönliche Wertschätzung innerhalb des Vereins und bei der Anhängerschaft Twentes?

Janko: Sehr positiv. Wie bereits erwähnt, war ich ja Top-Torschütze im letzten Jahr. Dazu habe ich im Cup die zwei wichtigsten Tore geschossen. Im Halbfinale das 1:0, im Finale auch das entscheidende Tor. Das sind Momente, die ich nie vergessen werde, die Fans aber auch nicht. Wir sind erstmals seit zehn Jahren wieder Cup-Sieger geworden, dadurch ist mein Standing bei den Fans gestiegen. Ohne größenwahnsinnig wirken zu wollen, glaube ich doch, dass mich die Fans spätestens nach diesen Toren in ihr Herz geschlossen haben.

LAOLA1: Dein Ex-Klub Red Bull Salzburg ist nach acht Spieltagen noch ungeschlagen und führt die Bundesliga-Tabelle an. Wie schätzt du den bisherigen Saisonverlauf der „Bullen“ ein?

Janko: Ich verfolge nahezu jedes Spiel mit. Was ich bisher so gesehen habe, wird es ein Alleingang von Salzburg. Rapid ist zu sehr mit eigenen Problemen beschäftigt, um Salzburg Paroli bieten zu können, die Austria kann noch am ehesten mithalten.

LAOLA1: Alles andere als gut läuft es mit dem ÖFB-Team. Es gab das Hin und Her mit Didi Constantini, der sich letzten Endes doch dazu entschied, sofort das Handtuch zu werfen. Das ganze Hickhack wirft kein gutes Licht auf den Verband. Ist die Teamchef-Debatte in deinen Augen unglücklich verlaufen?

Janko: Prinzipiell steht es mir nicht zu, öffentlich Schmutzwäsche zu waschen. Natürlich hätte man es eleganter lösen können. Insgesamt muss man Didi Constantini Dank aussprechen für die Bemühungen und die Arbeit, die er geleistet hat. Er hat Mut bewiesen und Spieler, die andere Trainer nicht in Betracht gezogen hätten, ins Nationalteam geholt. Das muss man ihm zugutehalten. Ich wünsche ihm alles Gute und möchte auch nicht mehr dazu sagen.

LAOLA1: Die Teamchef-Suche gestaltet sich schwierig. Was muss der neue starke Mann mitbringen?

Janko: Ich weiß nicht, ob nur ein Trainer gesucht wird. Es wurde ja auch kolportiert, dass auch ein Sportdirektor gesucht wird. Ich würde eine Lösung vorschlagen, die auch einen Sportdirektor miteinbezieht. Man spricht ja immer vom deutschen Vorbild, bei den Kollegen sieht man, dass dieser eine wichtige Funktion hinsichtlich einer Spielphilosophie und eines Systems einnehmen kann. Ich bin schon gespannt, wie sich die Herren vom ÖFB entscheiden werden.

LAOLA1: Auf Vereinsebene läuft es nicht nur für dich, sondern generell für den FC Twente nach Wunsch, ihr seid Tabellenführer. Nun wartet am Samstag Ajax Amsterdam im Spitzenspiel. Was rechnet ihr euch aus?

Janko: Einiges. Wir haben es heuer im „Johan Cruijff Schaal“ (Niederländischer Supercup, Anm.) schon einmal geschafft und in Amsterdam gewonnen. Natürlich haben wir aber seither mit Bryan Ruiz einen wichtigen Spieler verloren. Er war immer für besondere Momente gut. Wir sind dabei, uns wieder zu finden und ihn zu ersetzen. Es wird keine einfache Aufgabe, Ajax ist spielerisch stark und richtig gut drauf. Gerade zu Hause ist Amsterdam immer spielbestimmend.

LAOLA1: Du hast bei deinem Schritt, ins Ausland zu wechseln, bewusst den Sprung in die Niederlande gewählt. Was zeichnet die Eredivisie aus?

Janko: Sie ist eine sehr gute Liga. Ich spiele im Land des Vize-Weltmeisters. Hier gibt es unzählige Spieler mit hoher Qualität. Es kommen ständig gute Leute nach, wodurch auch die kleineren Teams guten Fußball spielen. In jedem Match muss man voll zur Sache gehen, Nachlässigkeiten kann man sich nicht leisten. Dazu sind die Stadien immer voll, mit Österreich ist das nicht zu vergleichen. Aber wie du schon sagst, der Schritt war bewusst gewählt. Ich war aufgrund meiner Karriere in Österreich der Meinung, dass es langsamer gehen sollte. Ich denke aber, dass die holländische Liga gleich nach den Top-Ligen Europas kommt. Nicht umsonst schaffen sehr viele Akteure den Sprung zu den Top-Vereinen. Wenn es möglich ist, würde ich natürlich gerne noch einen Schritt machen.

LAOLA1: Ist ein möglicher Wechsel bereits bei dir im Hinterkopf verankert?

Janko: Natürlich wünscht man sich immer, dass es noch weiter geht. Auf der anderen Seite fühle ich mich hier unheimlich wohl und die Lebensqualität stimmt auch. Wenn es aber so weiter geht, werde ich auf jeden Fall die Herausforderung suchen, wenn sie sich offenbart. Ich spiele aber auch so bei einem tollen Verein in einer tollen Liga.

LAOLA1: Der FC Twente ist nicht der ganz große Traditionsverein in den Niederlanden, bewegt sich aber seit Jahren auf Augenhöhe mit Ajax oder PSV. Was zeichnet deinen Arbeitgeber aus?

Janko: Den Verein zeichnet die von Konstanz geprägte Philosophie aus. Die Verantwortlichen haben Ahnung von dem, was sie machen, und konnten den Verein auf gesunde Beine stellen. Wir wurde als einziger Verein in Sachen Wirtschaftlichkeit mit der Note „Gut“ bewertet. Ajax und PSV haben finanzielle Probleme. Twente ist eine große Familie, eine ganze Region ist begeistert.

LAOLA1: Wie macht sich das bemerkbar?

Janko: Es gab letzte Saison in einem Umkreis von 60 Kilometern wohl kaum ein Haus, aus dem keine Twente-Fahne gehangen ist. Auf den Busfahrten zu den Spielen haben uns die Leute auf den Autobahnen verabschiedet. Es gab dadurch teilweise kilometerlangen Stau. Für mich war das eine komplett neue Erfahrung. Es war wirklich unfassbar, welch große Euphorie und Dankbarkeit vorhanden war. Jedes Heimspiel ist ausverkauft und wenn wir einmal in Rückstand geraten, feuern uns die Zuschauer noch lauter an. So etwas konnte ich während meiner Zeit in Österreich nicht immer sagen.

LAOLA1: Ein Deutscher scheint in der Pole Position zu sein, Franco Foda gilt als Favorit. Ein Trainer, dessen Arbeitsweise dir zusagt?

Janko: Er ist ein Trainer, der a) die Liga in- und auswendig kennt und b) mit Sturm große Erfolge gefeiert hat. Er hat die Mannschaft nach dem Konkurs übernommen und zu einer Meistermannschaft geformt. Das spricht für seine Qualität.

LAOLA1: Die aktuelle Spielergeneration genießt – individuell betrachtet - einen guten Ruf, viele Akteure verdienen sich ihre Sporen in Top-Ligen. Warum können die Kräfte im Nationalteam nicht gebündelt werden?

Janko: Ich habe es ja auch schon mehrfach erwähnt, dass das vorhandene Spielermaterial gut wie lange nicht ist. Mit dieser Qualität, die die Mannschaft hat, mit den Spielern, die in den Vereinen Woche für Woche ihre Leistung bringen, muss mehr möglich sein. Wir sollten langsam wieder den Anspruch haben, uns für ein Großereignis zu qualifizieren. Dazu benötigt es ein gewisses System des Trainers und auch die notwendigen Strukturen des Verbandes. Es vergeht sonst zu viel Zeit. Daher ist es wichtig, die richtigen Leute zu installieren.

LAOLA1: Wäre es aus deiner Sicht wichtig, dass der neue Teamchef schon vor den Länderspielen in Aserbaidschan und Kasachstan bestellt wird, damit dieser die beiden EM-Qualifikationsspiele zum Neuaufbau nutzen kann?

Janko: Ich würde mir am liebsten gestern als morgen eine Entscheidung wünschen

LAOLA1: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Christoph Nister