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"Wir wissen, dass wir an der F1 arbeiten müssen"

Dreimal hat er sich selbst die WM-Krone aufgesetzt. Nun arbeitet Niki Lauda als Anteilhaber am Mercedes-Team daran, den Status der Formel 1 als Königsklasse zu erhalten.

Vor dem Kanada-GP spricht der 66-jährige Wiener über seine Vorstellungen der neuen Formel 1 ab 2017, das Stallduell bei Mercedes und das bevorstehende Heimrennen in Spielberg.

Frage: Montreal ist auch die Generalprobe für den Grand Prix von Österreich. Gibt es Parallelen?

Lauda: "Es gibt Veranstalter und Locations, die es schaffen, aus einem Wochenende so eine Attraktion zu machen, dass es die Leute anzieht. Ich bin seit Montag hier, habe die ganze Stimmung in der Stadt mitbekommen. Im Vorjahr waren zwölf Prozent mehr Zuschauer. Daher frage ich: Sind die Kanadier andere Menschen als wir? Die Ticketpreise sind genauso hoch wie bei uns, auch hier wird davon geredet, dass Mercedes zu dominant ist. Trotzdem kommen die Leute. In Spielberg war es im Vorjahr auch gut, heuer läuft der Vorverkauf etwas schlechter. Warum? Weil wir in Österreich verwöhnt sind mit unserem eigenen, super Rennen."

Frage: Was ist die besondere Qualität von Spielberg?

Lauda: "Es freut sich jeder im Fahrerlager darauf. Weil dort die Kühe herumrennen, weil es landschaftlich unglaublich schön ist, weil es anders ist als immer in denselben Hotels. Es ist ein Spielberg der Naturgewalten, ein Gegensatz zu Montreal oder Monaco. Das zieht die Menschen an. Warum kommt man nach Österreich? Zum Skifahren und wegen der Landschaft. Das ist bei Spielberg nicht anders."

Frage: Die Naturgewalten bei den Autos sind aber nicht mehr so groß. Wirkt sich das auch auf den Fan aus?

Lauda: "Wir wissen, dass wir an der Formel 1 arbeiten müssen. Wir werden für 2017 Autos machen, die sechs Sekunden schneller fahren. Es wird alles attraktiver. Alles, was in den letzten Jahrzehnten herunterreguliert worden ist, was zur Fadesse führen kann, muss sofort korrigiert werden. Die Autos müssen 2017 schwerer zu fahren sein. Heute steigen die Fahrer aus dem Auto und schwitzen nicht einmal. Wie sich das alles entwickelt hat, ist falsch. Das wird geändert."

Frage: Welche Änderungen sind bereits auf Schiene und wie schwierig ist der Entscheidungsprozess bei den vielen verschiedenen Interessengruppen?

Lauda: "Es ist am Weg, die Voraussetzungen sind gut. Es ist ganz wichtig ist, dass man jetzt den richtigen Schritt setzt. Der gehört wohlüberlegt. Das Konzept muss bis Ende des Jahres fertig sein, damit man es im Regelwerk für 2017 umsetzen kann. Das ist möglich."

Frage: Die nicht unumstrittene Strategiegruppe soll also bleiben?

Lauda: "Das wird alles überdramatisiert. Früher mussten alle Teams einheitlich entscheiden. Jetzt sind es nur noch sechs (Mercedes, Ferrari, Red Bull, Williams, McLaren und Force India/Anm.), bei denen die Mehrheit entscheidet. Ich sehe heute kein besseres System, außer man zieht oben einen Diktator ein, und der soll ohne Teams irgendetwas für die Formel 1 entscheiden. Das gibt es heute aber nicht mehr, das geht nicht."

Frage: Das Stallduell bei Mercedes wird manchmal schon mit jenem zwischen Alain Prost und Ihnen in den 80er Jahren verglichen. Was ist der markanteste Unterschied?

Lauda: "Erstens einmal war Prost der junge Nachkommende. Ich war schon das erste Mal Weltmeister, da hat er gerade einmal seinen Führerschein gemacht. Er war natürlich einer der Besten, keine Diskussion. Er war damals Hamilton-artig, so wie er jetzt fährt. Der Hund hat schon Autofahren können. Das war das Problem."

Frage: Auch Lewis Hamilton ist ein Ausnahmetalent, Nico Rosberg liefert ihm dennoch einen harten Kampf.

Lauda: "Die treiben sich beide mit allen Mitteln zu den höchsten Grenzen. Das ist das Gute für uns, sonst wären wir nicht so gut als Team und nicht so schnell. Wenn du einen guten Fahrer hast und einen weniger guten, dann passiert diese Dynamik nicht. Das ist ein Teil unseres Erfolges. Deswegen freue ich mich auch, dass der Nico, wenn es so aussieht, als würde ihn der Lewis in Grund und Boden fahren, dann zurückkommt und zwei Rennen hintereinander gewinnt. Das ist genau das, was wir brauchen."

Frage: Wie ist Hamilton mit dem taktischen Fehler umgegangen, der ihn in Monaco den Sieg gekostet hat?

Lauda: "Er ärgert sich maßlos darüber, dass nicht nur das Team schuld war. Er sieht die Schuld auch bei sich durch diesen Funkspruch (über die schlechten Reifen). Daher ärgert er sich doppelt. Das ist wie immer im Leben: Wenn jemand anderer schuld ist, tut man sich selbst leichter. Wenn man selbst schuld ist oder glaubt, mit schuld zu sein, ist es viel härter. Er hat eine Zeit lang daran gekiefelt, aber das ist normal. Jetzt ist er hoch motiviert."

Frage: Ferrari hat bisher stark ausgesehen. Wie gefährlich sind sie aus jetziger Sicht in der WM?

Lauda: "Je nachdem, wie schnell sie ihre Entwicklung weitertreiben. Wenn Ferrari zwei Schritte auf einmal schaffen würde, werden wir sehen. Das kann hier schon soweit sein mit dem neuen Motor."

Frage: Was würde Ihnen die Wiederholung des Vorjahressieges in Spielberg bedeuten? So viel wie bei jedem anderen Rennen oder doch ein bisschen mehr?

Lauda: "Im letzten Jahr war unser Gegner Red Bull, das sind sie heuer leider nicht, sondern Ferrari. Ich möchte jedes Rennen gewinnen mit Mercedes - da wie dort. Aus Österreich mit einem Doppelsieg nach Hause zu fahren, oder zu fliegen in meinem Fall, ist aber natürlich etwas anderes als aus Montreal."