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"Chelsea ist mit ähnlichem Fußball Meister geworden"

Altach hat in dieser Saison bereits oft Prügel einstecken müssen - allerdings nicht sportlich, sondern verbal.

Von "ekliger" Spielweise bis hin zur Rangnick-Kritik ließ die Konkurrenz nicht unbedingt ein gutes Haar an der Canadi-Truppe.

Der Erfolg gibt den Vorarlbergern aber recht. "Aus unserer Sicht ist das clever. Chelsea ist jetzt auch mit ähnlichem Fußball Meister in England geworden", rechtfertigt sich Felix Roth im Gespräch mit LAOLA1.

Der deutsche Legionär hat großen Anteil am Erfolgslauf der Altacher. Und trotzdem könnte der 27-Jährige der einzige sein, der den Verein im Sommer verlassen muss.

Wie es um seine Zukunft bestellt ist, wieviel Toni Kroos in ihm steckt, wie die Kritik an Altach abprallt und wie man ausgerechnet gegen Rapid und Co. alles aus sich herauskitzelt, verrät Roth im Interview.

LAOLA1: Was hättest du erwidert, wenn dir vor der Saison jemand gesagt hätte, dass ihr in der 32. Runde noch die Chance habt, Platz zwei anzugreifen?

Felix Roth: Vor der Saison hätte ich sicher gesagt: Okay, das wird als Aufsteiger schwierig. Wobei wir uns als Mannschaft auch intern hohe Ziele gesetzt haben. Wenn man sich den Saisonverlauf und die bisher geleistete Arbeit ansieht, dann kann man sagen, dass es absolut verdient ist und wir zurecht dort oben stehen.

LAOLA1: Doch auch bei den internen Zielen wäre Platz zwei wohl zu viel des Guten gewesen.

Roth: Das stimmt schon! Platz zwei war sicher kein Thema, aber wir wollten so weit oben wie möglich mitspielen. Bis jetzt läuft es ganz gut.

LAOLA1: Ist es eine Art Genugtuung, Großklubs wie Rapid oder Sturm in dieser Saison ständig ärgern zu können?

Roth: Genugtuung nicht. Altach ist halt ein kleiner Verein, im Vergleich zu den Großen haben wir ein geringeres Budget. Aber wir versuchen einfach, durch gute Arbeit unsere Leistungen jedes Wochenende auf den Platz zu bringen. Anders als mit gutem Teamgeist und sehr harter Arbeit wäre das nicht möglich. Das versuchen wir immer abzurufen. Wenn wir dann noch den einen oder anderen Großen ärgern können, freut uns das natürlich.

Zusammenhalt wird bei Altach groß geschrieben

LAOLA1: Wie bodenständig ist Altach wirklich, um bei all diesen Erfolgen auf dem Boden zu bleiben?

Roth: Ich denke sehr bodenständig. Es funktioniert nur so. Wenn das mal nicht stimmt, dann müssen wir auch Niederlagen wie jetzt gegen den WAC einstecken. Wir werden nicht abheben, da wir als Mannschaft nur erfolgreich sein können, wenn wir die Grundlagen erfüllen.

LAOLA1: Inwieweit empfindest du es als Reifeprozess, da im ersten Bundesliga-Jahr noch nicht alles so funktionieren kann?

Roth: Absolut! Das erste Jahr Bundesliga ist für ganz viele Spieler neu, das haben noch nicht viele erlebt. Von dem her ist es schon ein Reifeprozess auswärts in größeren Stadien bei ganz anderer Atmosphäre zu spielen. Daraus muss man einfach auch lernen.

LAOLA1: Heißt das, dass man Altach kommende Saison noch mehr auf dem Zettel haben muss?

Roth: Davon gehe ich aus. Die Mannschaft wird größtenteils zusammengehalten, der Trainer wird auch bleiben. Viele Spieler sind im besten Fußballer-Alter, aber trotzdem ist die Mannschaft noch entwicklungsfähig. Daher denke ich, dass man nächste Saison auf jeden Fall mit Altach rechnen muss.

Altach ist Roth mittlerweile ans Herz gewachsen

LAOLA1: Wieviel Herzblut steckst du bei Altach mittlerweile hinein?

Roth: Sehr viel. Wir sind aufgestiegen, spielen jetzt äußerst erfolgreich in der Bundesliga. Das macht sehr viel Spaß. Ich versuche, bei jedem Verein hundert Prozent zu geben und mich mit Herzblut reinzuhauen.

LAOLA1: Woher kommt deine Vorliebe für Vorarlberg nach drei Jahren bei Austria Lustenau und nun zwei in Altach? Dein großes Hobby Skifahren wird nicht der einzige Grund sein.

Roth: Na gut, ich bin nach Lustenau gekommen, wo mein Vertrag sofort verlängert wurde. Dann wollte ich eine Veränderung, da hat sich Altach angeboten. Das ist nicht abgezielt auf Vorarlberg, wobei es mir sehr gut gefällt, hohe Lebensqualität vorhanden ist und meine Freundin, die in der Nähe am Bodensee in Deutschland studiert, zu mir gezogen ist. Das lässt sich gut verbinden.

LAOLA1: Da sind wir bereits beim Thema. Von Altacher Seite hat es geheißen, dass dein Vertrag nicht verlängert werden soll, zuletzt wurde doch wieder spekuliert. Wie ist der Stand der Dinge?

Roth: Es ist so, dass es doch noch dazu kommen könnte. Aber es wird sich noch bis Ende Mai hinauszögern, da hängen noch andere Personalien dran. Ich habe eigentlich keinen Stress und Optionen mit anderen Vereinen. Ich werde noch die letzten paar Runden abwarten und in den nächsten drei, vier Wochen eine Entscheidung treffen.

LAOLA1: Du wärst einer der wenigen, wenn nicht der einzige, der nach dieser starken Saison gehen müsste. Wäre das für dich verständlich?

Roth: Verständlich nicht unbedingt, weil ich eigentlich über die ganze Saison gesehen Stammspieler war, wir erfolgreich waren und ich ein wichtiger Teil der Mannschaft war. Aber ich sehe das professionell, die Entscheidung des Vereins gilt es zu akzeptieren. Die Entscheidungen sind für den Verein auch nicht immer leicht, das war in dem Fall so. Das haben sie mir mitgeteilt. Wir werden sehen, wohin mein Weg führt.

LAOLA1: Die Qualifikation für den Europacup wäre die absolute Krönung für Altach. Wäre es für dich nicht besonders bitter, diesen Weg nicht mitgehen zu können?

Roth: Dann drücke ich den Jungs alle Daumen, dass sie soweit wie möglich kommen. Ich verstehe mich mit allen sehr gut, das haben sie sich auch verdient. Schauen wir mal, ob sie es schaffen sollten.

LAOLA1: Du hast betont, dass ihr verdient so weit oben steht. Dein Landsmann Ralf Rangnick sah das erst kürzlich anders, als er meinte, dass Altachs Erfolg nicht gerade für das Gesamtniveau der Liga spricht. Wie habt ihr das aufgenommen?

Roth: Das war eine Aussage von ihm, das muss man nicht zu hoch hängen. Für uns ist wichtig, gut zu arbeiten. Ich denke, dass es der Rest in Österreich sehr wohl honoriert, wenn gut gearbeitet wird. Solche Aussagen stören uns nicht, wir schauen auf uns. Das ist uns bis jetzt gut gelungen.

LAOLA1: Wenn über Altach geredet wird, ist das auch indirekt wieder ein Kompliment, dass man scheinbar einiges richtig gemacht hat.

Roth: Das stimmt, das kann man absolut so stehen lassen.

LAOLA1: Salzburgs Marco Djuricin meinte etwa, es ist eklig gegen euch zu spielen. Muss Altach eklig spielen oder ist es aus eurer Sicht einfach clever?

Roth: Aus unserer Sicht ist es natürlich clever. Wir versuchen, mit unseren gegebenen Mitteln das Bestmögliche herauszuholen und mit den vorhandenen Spielern die Taktik auszupacken, um Erfolg zu haben. In erster Linie geht es darum, als Aufsteiger defensiv gut zu stehen. Das machen wir eigentlich sehr gut. Chelsea ist jetzt auch mit ähnlichem Fußball Meister in England geworden. Trotzdem wissen wir auch, dass noch Luft nach oben ist. Etwa, um besser im Ballbesitz zu sein oder vielleicht einmal beim Pressing höher zu stehen und zu attackieren. Aber das ist ein Entwicklungsprozess.

LAOLA1: Trotzdem seid ihr immer sehr gut auf die Gegner eingestellt. Trainer Damir Canadi gilt als Taktikfuchs. Ist er deiner Meinung nach wirklich so ein „Mastermind“?

Roth: Absolut. Er stellt uns immer bestmöglich auf den Gegner ein und passt die Taktik individuell an. Wir sind sehr variabel und haben in dieser Saison schon sehr viele Systeme gespielt. Das zeichnet uns als Mannschaft und ihn als Trainer aus. Das ist eine unserer Stärken. Man braucht auch die Spielertypen dazu, die das verstehen und umsetzen können.

LAOLA1: Du kennst mit Freiburg und Austria Lustenau auch andere Vereine. Wodurch hebt sich Altach deiner Meinung nach ab?

Roth: So einen Teamgeist habe ich noch nie erlebt. Das ist eine echt geile Truppe mit sehr vielen guten Charakteren. Auch wenn nicht immer alles super und eitel Sonnenschein ist, muss man sich auch konstruktiv kritisieren können. Es zeichnet uns aus, dass wir sehr akribisch arbeiten. Das sind unterm Strich unsere Erfolgsrezepte.

LAOLA1: Deine Tendenz: Du würdest gerne bleiben, oder höre ich das falsch heraus?

Roth: Ich würde schon bleiben, falls es möglich ist. Wenn nicht, wird mein Weg woanders weitergehen, das ist auch kein Problem. Über Alternativen will ich jetzt noch nicht sprechen, die Heimat ist aber unter anderem Thema. Es gibt mehrere Optionen. Ich denke aber, ich habe in den letzten Spielen bewiesen, dass mich die offene Entscheidung nicht beeinflusst.

LAOLA1: Auf der Klub-Homepage wird Toni Kroos als dein Lieblingsspieler genannt. Wieviel Kroos steckt in Felix Roth?

Roth: Eigentlich bin ich gelernter Zehner, wenn nicht Stürmer. Erst seit Altach spiele ich etwas defensiver auf der Sechs oder Acht. Von dem her ist Toni Kroos ein Spieler auf der Position, den ich sehr bewundere, weil er elegant, einfach spielt und wenige Fehler macht. Wieviel von ihm in mir steckt, weiß ich nicht. Er ist einfach ein Weltklasse-Spieler, ein Deutscher, der noch dazu Weltmeister geworden ist. Ein geiler Spieler!

LAOLA1: 7 Punkte gegen Sturm, 6 gegen Salzburg, 5 gegen Austria und 6 gegen Rapid. Kommen da am Sonntag im Spitzenspiel noch drei dazu?

Roth: Hoffentlich. Vielleicht holt in diesen Spitzenspielen einfach jeder Spieler noch diese paar Prozent heraus. Es ist ein Heim- und Livespiel, volles Stadion, es gibt nichts Schöneres als Fußballer. Da ist jeder hundertprozentig motiviert. Dementsprechend kommen die guten Ergebnisse zustande.

LAOLA1: Gibt es noch eine Kampfansage in Richtung Platz zwei, oder wäre Platz drei oder vier auch okay?

Roth: Kampfansage wird es sicherlich keine geben. Platz drei oder vier wäre auch okay, aber wir haben noch fünf Endspiele. Dann wird man sehen, was dabei herauskommt.


Das Gespräch führte Alexander Karper