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"Wir sind nicht der FC Barcelona"

Seit nicht ganz einem Jahr ist Georg Margreitter (Spielerinfo) Stammspieler der Wiener Austria.

In dieser Zeit hat es der Vorarlberger ins Nationalteam, wo er noch auf sein Debüt wartet, und zum dritten Kapitän der Wiener geschafft.

„Ich habe überhaupt kein Problem damit, Verantwortung zu übernehmen“, sagt der 23-Jährige im LAOLA1-Interview.

Der Innenverteidiger erzählt über die Kommunikation mit dem neuen Trainerteam, erklärt, warum die Austria nicht der FC Barcelona ist und spricht über die mediale Wahrnehmung seiner Beziehung mit Tamira Paszek.

LAOLA1: Wie hast du den Trainerwechsel zur Weihnachtszeit miterlebt?

Georg Margreitter: Für uns Spieler ist es sehr überraschend gekommen. Ich habe überhaupt damit gerechnet, nicht gemerkt, dass da etwas im Busch ist. Ich habe es über die Medien erfahren.

LAOLA1: Kannst du die Entscheidung der Klub-Führung nachvollziehen?

Margreitter: Wenn du bei einem Verein wie der Austria in der Liga so wenig gewinnst, wird es kritisch. Das ist der Normalzustand bei so einem Top-Verein. Von dem her ist es irgendwie nachvollziehbar. Aber das gehört nicht zu den Sachen, mit denen wir Spieler uns beschäftigen sollten.

LAOLA1: Wie sind deine ersten Eindrücke von Neo-Coach Ivo Vastic?

Margreitter: Sehr positiv. Er fährt jene Linie, die er schon als Spieler gefahren ist – eine sehr gerade und konsequente. Ich kann ihm bisher ein sehr positives Feedback geben.

LAOLA1: Wie ist es mit einem so jungen Trainer?

Margreitter: Man merkt, dass er noch sehr nahe am Spielgeschehen dran ist. Er spielt ja sogar die „Hösche“ vor dem Training mit. Da merkt man, dass er vor kurzem noch selbst gekickt hat. Für eine junge, hungrige Truppe, wie wir es sind, kann ein junger Trainer ein positiver Faktor sein.

LAOLA1: Du hast dein Bundesliga-Debüt für den LASK am 28.7.2007 beim 1:2 in Salzburg gegeben. Gestürmt hat damals Vastic…

Margreitter: Damals ist ein Bubentraum in Erfüllung gegangen. Mit so einem Star auflaufen zu dürfen, war eine große Stunde für mich persönlich.

LAOLA1: Nicht nur du, auch einige deiner Kollegen haben mit ihm zusammengespielt. Wie ist das für euch, dass er plötzlich euer Chef ist?

Margreitter: Ich war damals 18 Jahre alt, als ich nach Linz gekommen bin. Ich habe zu Vastic aufgeschaut. Er war eine Führungspersönlichkeit, die nach dem Training oft zu mir gekommen ist, um mir wertvolle Tipps zu geben. Jetzt ist er halt nicht mehr der Kapitän, sondern der Trainer. Ich glaube, dass sich zwischen den Spielern, die mit ihm gespielt haben, und ihm nicht viel ändert.

LAOLA1: Ist er ein Trainer, der viel mit seinen Spielern spricht?

Margreitter: Ja. In der Mannschaft sind auch alle sehr froh darüber, dass viel gesprochen wird. Natürlich hat man als Trainerteam nicht die Zeit, um sich um alle möglichen Wehwehchen und Sorgen zu kümmern, das ist klar. Aber sie verschaffen sich permanent einen Eindruck über die Stimmung innerhalb der Mannschaft. Das spielt in der heutigen Zeit eine sehr wichtige Rolle.

LAOLA1: Karl Daxbacher hingegen soll wenig mit der Mannschaft kommuniziert haben…

Margreitter: Man hat auf ihn zugehen müssen, um Feedback zu bekommen. Als Spieler steht es mir nicht zu, da Vergleiche zu ziehen. Jeder hat seinen eigenen Stil.

LAOLA1: Eines deiner Lieblingszitate besagt: Um nach vorne zu kommen und dort zu bleiben, kommt es nicht darauf an, wie gut du bist, wenn du gut bist...

Margreitter: …sondern wie gut du bist, wenn du schlecht bist.

LAOLA1: Trainer Vastic hat das Problem in erster Linie in der Zentrale ausgemacht. Dort hat bis zum Sommer noch Julian Baumgartlinger gespielt. Wie sehr geht er euch ab?

Margreitter: Nach den ein, zwei überragenden Saisonen von ihm hat man schon gesehen, dass es sehr schwer wird, die Lücke, die er hinterlässt, zu stopfen. Unsere Sechser, egal wer gespielt hat, haben im Herbst aber einen guten Job gemacht. Ich glaube, dass das ein viel weitergreifenderes Problem ist. Das System betrifft mehr Spieler. Für uns in der Viererkette ist es freilich einfacher, wenn die zwei Sechser bei Ballverlust nach hinten kommen. Auf der anderen Seite wird von ihnen verlangt, dass sie sich in die Offensive einschalten. Da werden die Wege über 90 Minuten sehr weit. Noch dazu haben wir zwei sehr offensive Außenverteidiger, was eine Waffe sein kann, aber auch Gefahrenpotenzial mit sich bringt.

LAOLA1: Du bist statistisch der fünftbeste Kopballspieler der Liga und liegst in der Kategorie Bodenzweikämpfe auf dem vierten Platz…

Margreitter: Ich beschäftige mich nicht mit Statistiken. Für mich zählt meine Entwicklung. Ich schaue darauf, wie ich mich fühle, ob ich den nächsten Schritt schaffe.

LAOLA1: Das trifft auf euren Herbst ganz gut zu, oder?

Margreitter: Stimmt. Eigentlich kommt das aus dem Tennis. In diesem Satz steckt sehr viel Wahrheit. Wenn es läuft, macht man die Punkte oft im Vorbeigehen. Man weiß nicht genau wie, aber es geht einfach wie von alleine. Dann gibt es Phasen, in denen es nicht läuft, in denen Gegenwind herrscht, man sich auf die Hinterbeine stellen muss. Gerade in diesen Phasen kommt es darauf an, wie schlecht du bist. Gewinnst du trotzdem? Die Bayern nehmen auch aus schlechten Spielen drei Punkte mit. Genau das macht den Unterschied zwischen dem ersten Platz und den Plätzen zwei bis fünf aus.

LAOLA1: Was war aus deiner Sicht das Problem im Herbst? Wart ihr in diesen Schwächephasen zu verunsichert oder seid ihr in den guten Phasen teilweise zu überheblich in die Spiele gegangen?

Margreitter: Es war auf keinen Fall Überheblichkeit. Wir waren uns unserer spielerischen Stärke zu jeder Zeit bewusst. Uns war klar, dass wir nicht in ein Spiel gehen und auf einmal die Brechstange auspacken. Wenn man spielerisches Potenzial in der Mannschaft hat, versucht man das in jedem Spiel zu nützen. Vielleicht fehlen uns aber die Cleverness und die gewisse Routine zum nächsten Schritt, dass wir auf ein anderes Mittel umschalten können, wenn wir merken, dass es nicht so läuft. Das brauchen wir unbedingt, wenn wir ganz oben stehen wollen.

LAOLA1: Während ihr im vergangenen Frühjahr defensiv kaum Gegentreffer zugelassen habt, wart ihr im Herbst die zweitschwächste Abwehr der Liga. Dabei hat sich in der Viererkette personell nichts verändert…

Margreitter: Wir haben aber auch sehr viele Tore geschossen. Jeder weiß, dass man sich in der Defensive oft ein bisschen schwerer tut, wenn man offensiv aufgestellt ist. Wir sind nicht der FC Barcelona, wo es vorne Tore hagelt und hinten nichts zugelassen wird. So gut ist unser Pressing nicht. Wir müssen Abstriche machen. Wenn man sich entscheidet, so offensiv zu spielen, hat das auch Konsequenzen nach hinten.

LAOLA1: Dann sprechen wir über deine persönliche Entwicklung. Bist du damit zufrieden?

Margreitter: Darüber spreche ich in der Öffentlichkeit eigentlich ungern. Aber ich glaube, dass es für mich persönlich ein positiver Herbst war.

LAOLA1: Du hast seit einem Jahr einen Fixplatz in der Innenverteidigung. Stimmt der Eindruck, dass du dort mehr und mehr Verantwortung übernimmst?

Margreitter: Das versuche ich generell. Ich habe eine zentrale Position in der letzten Verteidigungsreihe, wo ich das ganze Spiel vor mir habe. Daher sind die Spieler vor mir auch auf meine Kommandos angewiesen. Als Innenverteidiger muss einem bewusst sein, dass man nach vorne coachen muss. Ich habe überhaupt kein Problem damit, Verantwortung zu übernehmen.

LAOLA1: Unlängst war auf Puls4 in der Sendung „Pink“ ein Beitrag über deine Freundin Tamira Paszek und dich zu sehen. Wie ist das so, wenn man nicht nur aus sportlicher Sicht in den Medien ist?

Margreitter: Mich betrifft das nur am Rande, da geht es anderen viel ärger. Auch die Geschichte  bei „Pink“ hat sich um Tamira gedreht, ich war nur Begleitperson.

LAOLA1: Versucht ihr, zu vermeiden, ein Sportlerpärchen, das medial im Mittelpunkt steht, zu werden?

Margreitter: Dazu möchte ich gar nicht viel sagen. Nur so viel: Wir legen es nicht darauf an.


Das Gespräch führte Harald Prantl