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Die Bilanz der Ära Rangnick

Die Bilanz der Ära Rangnick

Für ihn ist es ein wirkliches Finale.

Das Cup-Endspiel zwischen Austria Wien und Salzburg beendet die Ära von Sportdirektor Ralf Rangnick bei Red Bull in Österreich.

Nach 1067 Tagen - oder drei Jahren bzw. drei Saisonen - im Amt konzentriert sich der 56-Jährige nur noch auf Schwestern-Klub Leipzig.

Dort kehrt der Deutsche überraschend wieder auf den Trainer-Stuhl zurück, um den Klub in die Bundesliga zu führen. Eine Rückkehr an die Seitenlinie hatte der Doppel-Sportdirektor über die Jahre ausgeschlossen.

Nun sei es die "sinnvollste Lösung".

In Österreich wurde Rangnick zwei Mal Meister und könnte am Mittwoch sein zweites Double einfahren.

LAOLA1 wirft einen Blick zurück.

Mit Ralf Rangnick kam aus Paderborn Roger Schmidt als Trainer, der als unbeschriebenes Blatt in Österreich zur Kenntnis genommen wurde. Der Rest ist Geschichte: Mittlerweile trainiert dieser Bayer Leverkusen.

Zwei von drei Saisonen schloss Salzburg in der Ära Rangnick als Meister ab. In der ersten Spielzeit gab es an einer überragenden Wiener Austria unter Peter Stöger kein Vorbeikommen. In jeder anderen der bisherigen zehn Bullen-Saisonen hätte Salzburg, das sich im Umbruch befand, mit 77 Punkten den Titel geholt. Nie verlor man zudem weniger als drei Spiele.

Im zweiten Versuch klappte es dafür so früh wie noch nie in der österreichischen Liga-Geschichte: Bereits im März wurde der Titel fixiert. Doch der Segen war ein Fluch zugleich. Der Druck fiel ab, die Punkte am Weg zum Rekord wurden verschenkt. Es reichte für den Torrekord (110).

Die dritte Saison, die erste unter Schmidt-Nachfolger Adi Hütter, war die von den Punkten und Gegentoren her schlechteste, was auch mit den Umständen währenddessen (Malmö-Drama, Abgänge der Stars) zu tun hatte. Am Ende wurde aber recht souverän der Titel geholt. Das zählt.

In allen drei Saisonen kamen die "Bullen" auf zumindest 22 Saisonsiege und erzielten nicht weniger als 300 Tore.

Saison Rang Sp S U N Tore Diff. Punkte
<span style=\'color: #ff0000;\'>2014/15 1 36 22 7 7 99:42 57 73
<span style=\'color: #ff0000;\'>2013/14 1 36 25 5 6 110:35 75 80
<span style=\'color: #ff0000;\'>2012/13 2 36 22 11 3 91:39 52 77
2011/12 1 36 19 11 6 60:30 30 68
2010/11 2 36 17 12 7 53:31 22 63
2009/10 1 36 22 10 4 68:27 41 76
2008/09 1 36 23 5 8 86:50 36 74
2007/08 2 36 18 9 9 63:42 21 63
2006/07 1 36 22 9 5 72:25 47 75
2005/06 2 36 20 3 13 62:42 20 63

Mit einem Final-Sieg über die Austria könnte der zweite Cup-Sieg und das zweite Double in der dreijährigen Ära fixiert werden.

Im ersten Rangnick-Jahr blamierte man sich im Halbfinale gegen Regionalligist Pasching, das damals mit Red-Bull-Geld unterstützt wurde. Der spätere Sieger gewann in (!) Salzburg gegen eine durchrotierte Schmidt-Elf 2:1.

Sollte Salzburg am Mittwoch in Klagenfurt gewinnen, wäre es der neunte RBS-Titel im zehnten Jahr. Sechs Meisterschaften sowie drei Cup-Erfolge stünden dann zu Buche. Rangnick käme auf vier Titel in drei Jahren.

Saison Ausgang
<span style=\'color: #ff0000;\'>2014/15 Finale gegen Austria Wien
<span style=\'color: #ff0000;\'>2013/14 Cup-Sieg nach 4:2 gegen St. Pölten
<span style=\'color: #ff0000;\'>2012/13 Aus im Halbfinale nach 1:2 gegen Pasching
2011/12 Cup-Sieg nach 3:0 gegen Ried
2010/11 Aus in 2. Runde nach 1:3 bei BW Linz
2009/10 Aus im Achtelfinale nach 0:2 bei Sturm
2008/09 Aus im Achtelfinale nach 1:2 gegen Austria A.
2007/08 Kein Cup-Bewerb wegen EURO
2006/07 Aus im Halbfinale nach 2:3 gegen Mattersburg
2005/06 Aus in 2. Runde nach 0:1 bei Austria A.

Das zweite Spiel in der Rangnick-Ära wird kein heimischer Fußball-Fan vergessen, schließlich handelte es sich um eine riesige Blamage: 0:1 gegen den luxemburgischen Meister Düdelingen im Hinspiel der zweiten Quali-Runde zur Champions League. Das Rückspiel endete mit einem 4:3-Heimsieg. Salzburg scheiterte per Auswärtstorregel.

Die Eindrücke dieses Duells sowie eine sang- und klanglose Niederlage gegen Rapid vor eigenem Publikum (0:2) leiteten den folgenschweren Umbruch ein. Sadio Mane und Kevin Kampl wurden etwa verpflichtet.

Eine Saison später scheiterten die Salzburger im Nicht-Meister-Weg trotz einer Vielzahl an Chancen an Fenerbahce Istanbul (1:1/h, 1:3/a). Es folgte die beste Europa-League-Saison der Red-Bull-Geschichte, die mit einem bitteren Aus gegen Basel (0:0/a, 1:2/h) im Achtelfinale endete.

Nur die Champions League fehlt

Vor dieser Saison war alles auf die Champions League ausgerichtet. Ob der herausragenden Vorsaison waren sich alle sicher, dass es im siebenten Anlauf endlich reichen sollte, doch das tat es in Malmö (2:1/h, 0:3/a) nicht. Im April zuvor meinte Rangnick damals noch:

"Wir werden diese Mannschaft zusammenhalten, keiner wird die Mannschaft verlassen und wir werden sie noch verstärken. Denn wir wollen nicht nur in die Champions League kommen und dort einfach dabei sein. Wir wollen dort auch eine Rolle spielen.“

Rangnick hat wie seine Vorgänger mit Red Bull Salzburg die Champions League nie erreicht. "Das ist schade, es hat speziell dieses Jahr gegen Malmö auch sehr weh getan", meinte der Sportdirektor unlängst.

Saison CL-Quali EL bzw. UEFA-Cup
<span style=\'color: #ff0000;\'>2014/15 CL-Quali-Aus (Playoff) Aus im EL-Sechzehntelfinale
<span style=\'color: #ff0000;\'>2013/14 CL-Quali-Aus (3. Runde) Aus im EL-Achtelfinale
<span style=\'color: #ff0000;\'>2012/13 CL-Quali-Aus (2. Runde) Nicht qualifiziert
2011/12 Nicht qualifiziert Aus im EL-Sechzehntelfinale
2010/11 CL-Quali-Aus (Playoff) Aus in EL-Gruppenphase
2009/10 CL-Quali-Aus (Playoff) Aus im EL-Sechzehntelfinale
2008/09 Nicht qualifiziert Aus in 1. Runde
2007/08 CL-Quali-Aus (3. Runde) Aus in 1. Runde
2006/07 CL-Quali-Aus (3. Runde) Aus in 1. Runde
2005/06 Nicht qualifiziert Nicht qualifiziert

Mit seinem Team, dem seine beiden Nachfolger Christoph Freund (Sportchef) und Jochen Sauer (Geschäftsführer) angehören, gelang es Rangnick in seiner Ära, die Bestimmung zu umgehen, wonach kein Amateur-Verein in der zweithöchsten Spielklasse spielen darf.

Der FC Liefering ist juristisch gesehen ein eigenständiger Verein. Die Trikots und die Einbindung auf der Klub-Homepage sagen freilich etwas anderes.

Sportlich gesehen ist das von seinem engen Vertrauten Peter Zeidler gecoachte Team nicht nur für Salzburg von Vorteil. Beispiel Stefan Lainer, der sich diese Saison in Ried etablierte. Auch andere Vereine wie Grödig haben Ex-Lieferinger in ihren Reihen.

Rangnick verpasst "Quintupel"

Liefering machte Rangnick in Salzburg immer am meisten Spaß: "Die Entwicklung ist fantastisch, wir haben viele Spieler dieses Jahr eingebaut."

Interessant: Hätte Liefering den Erste-Liga-Titel geholt, was möglich gewesen wäre, wäre Rangnick mit allen gewonnenen Meisterschaften von Profis über Amateure bis in die drei Akademie-Stufen hinunter nach Deutschland gezogen. Das "Quintupel" blieb ihm aber versagt.

Im Nachwuchs sicherte sich Red Bull erstmals die Meisterschaft in allen drei Akademiestufen - und das just in jener Saison, in der Europas größte Nachwuchsakademie (für Fußball und Eishockey) seine Türen öffnete.

Als Rangnick kam, gab es auch hier tabula rasa. Die niederländische Schule, die in ihrer letzten Saison nur knapp das Triple verpasste, wich für die deutsche Schule. Ernst Tanner, Rangnick aus gemeinsamen Tagen in Hoffenheim bekannt, kam für Percy van Lierop als Nachwuchschef.

Seither wird von oben bis unten mit den Begriffen "Gegenpressing" und "nach vorne verteidigen" gearbeitet. Die Umstellung brauchte seine Zeit, wie die Ergebnisse der Vorjahre zeigen. Mit Konrad Laimer schaffte einer allerdings jedoch quasi direkt den Sprung von der Akademie in die Erste.

Rangnick sagt zum Abschied: "Es waren drei lange und intensive Jahre, wir haben relativ viel verändert, auch in der Struktur des Vereins, im Nachwuchsbereich. Insgesamt ist der Weg, den wir eingeschlagen haben, extrem auf hochtalentierte junge Spieler zu setzen, absolut richtig gewesen."

Saison Bewerb Rang Sp S U N Tore Diff. Punkte
<span style=\'color: #ff0000;\'>2014/15 EL 2 36 20 5 11 70:55 15 65
<span style=\'color: #ff0000;\'>2013/14 EL 3 36 16 9 11 72:48 24 57
<span style=\'color: #ff0000;\'>2012/13 RL 1 30 23 5 2 94:23 71 74
2011/12 RL 4 30 14 10 6 72:48 24 52
2010/11 RL 1 30 21 5 4 78:23 55 68
2009/10 EL 6 30 13 5 15 58:49 9 44
2008/09 EL 7 30 12 7 14 41:56 -15 43
2007/08 EL 6 33 13 7 13 51:52 -1 46
2006/07 RL 1 30 23 4 3 97:34 63 73
2005/06 RL 2 30 23 4 3 93:31 62 73

DAS SAGT LAOLA1

Unabhängig vom Ausgang des Cup-Finals war die Ära von Ralf Rangnick in Salzburg zwar kein Erfolg auf allen Linien (Champions League), dafür ein großer Erfolg auf den wichtigen Linien. Denn nach jahrelanger Suche einer passenden Identität hat sie der Deutsche gefunden. Junge, talentierte, entwicklungsfähige Spieler, die schnell und dynamisch agieren. Das macht nicht nur fußballerisch in Österreich Sinn, sondern passt am Ende auch zur Marke Red Bull. Diese Spieler wissen, dass Salzburg nicht das Ende ist, nicht das Ende sein soll. Deswegen legen sie sich ins Zeug. Die Spielanlage mit den vielen Toren ist für die Zuschauer attraktiv. In der Ära Rangnick schaffte es Salzburg mit dem Schmidt'schen Pressing-Stil gar in die New York Times. Spieler und auch Trainer haben hier eine Chance zur Weiterentwicklung und nutzen sie, wie die Beispiele Sadio Mane oder Roger Schmidt zeigen. Für diesen erfolgreichen Umbruch und Weg, der seit 2012 gegangen worden ist, zeichnet Ralf Rangnick verantwortlich. Er mag als Chef streitbar und mühsam sein, am Ende des Tages zählt letztlich das, was am Platz herauskommt. Und Dietrich Mateschitz dürfte darüber alles andere als unglücklich sein.

 

Bernhard Kastler

Saison Rang U15 Rang U16 Rang U18
<span style=\'color: #ff0000;\'>2014/15 1 1 1
<span style=\'color: #ff0000;\'>2013/14 5 3 1
<span style=\'color: #ff0000;\'>2012/13 4 1 3
2011/12 1 2 1
2010/11 2 1 3

TRANSFERS

In seiner Ära erfolgten Rekord-Transfers. Allen voran jener von Sadio Mane, der als teuerster Spieler die österreichische Bundesliga für 15 Millionen Euro gen Southampton verließ. Kevin Kampl (Dortmund) brachte zwölf Millionen ein, Alan (Guangzhou) elf. Binnen weniger Monate hatte Rangnick fast 40 Millionen Euro eingenommen. Mane kam für vier Millionen aus Metz, Kampl für drei aus Aalen - Alan vor der Rangnick-Ära für 3,5 Millionen aus Brasilien. Hier wurde stets ein sattes Plus erzielt.

Freilich war nicht jeder Spieler (bislang) ein Goldgriff - etwa Peter Ankersen für 2,5 Mio. Euro oder Yordy Reyna für 1,5 Mio. Euro - doch der eingeschlagene Weg, Talente in der Ausbildungsliga (Zitat Rangnick) zu entwickeln und dann zu verkaufen zahlt sich aus. Vor dieser Ära wurde nur mit einem Spieler-Verkauf richtig Geld eingenommen, jenem von Marc Janko nach Twente für sieben Millionen Euro.