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"San Iker" ist Spaniens Fels in der Brandung

Iker Casillas verhinderte in den vergangenen Jahren mehrmals das Ende der spanischen Dominanz im internationalen Fußball. Der 31-jährige Tormann wird in seiner Heimat zwar bereits als "Heiliger" gepriesen, doch "San Iker" ist ein Retter ohne Allüren.

Es gibt Phasen im Spiel der Spanier, da könnte man meinen der Welt- und Europameister bräuchte gar keinen Schlussmann. Dann, wenn der Ballbesitz der Iberer gegen 70, 80 Prozent tendiert, sieht Casillas den Ball nur von weitem.

Er macht dann eher einen gelangweilten Eindruck, ist ein stiller Beobachter, der nicht die gleiche Präsenz ausstrahlt wie etwa ein Manuel Neuer, der mit seiner Masse das halbe Tor zu füllen scheint, oder ein Gianluigi Buffon mit seinen langen Armen.

Kroaten zerschellten an Iker

Der 1,85 m große Tormann von Real Madrid erwacht erst dann zum Leben, wenn sich der Ball seinem Gehäuse nähert. Die einfacheren Aufgaben erledigt er dabei stets mit Sicherheit und Ruhe, die schwierigen oftmals mit phänomenalen Reflexen.

"Er macht die wichtigen Paraden im richtigen Moment", sagt sein Club- und Teamkollege Xabi Alonso über seinen Kapitän.

Wenn es einer Mannschaft einmal gelingt, sich einen Torschuss gegen die Spanier zu erarbeiten, steht am Ende Casillas noch im Weg. Diese schmerzliche Erfahrung mussten auch die Kroaten bei der 0:1-Niederlage im letzten Gruppenspiel machen, als er mit Glanztaten gegen Rakitic und Perisic einen Rückstand und das vorzeitige EM-Ausscheiden verhinderte.

Casillas der Elfer-Töter

Ohne Casillas würde die Fußballwelt anders aussehen. Öfter, als man vielleicht in Erinnerung schwelgend vermutet, war der Madrilene das Zünglein an der Waage, derjenige, der überhaupt dafür sorgte, dass man vom spanischen Kurzpassspiel, dem mittlerweile weltberühmten "tiqui-taca", sprach.

Im EM-Viertelfinale 2008 in Wien gegen Italien, als die spanische Dominanz ihren Anfang fand, hielt Casillas im Elferschießen zwei italienische Versuche. Auch im WM-Viertelfinale 2010 gegen Paraguay und am Mittwoch gegen Portugal wehrte er entscheidende Penaltys ab. Dazu kommen noch die Paraden im WM-Finale 2010 gegen den Niederländer Arjen Robben.

Schon bei den Junioren ein Titelsammler

Bei Real Madrid ist die Liste seiner Großtaten sogar noch deutlich länger. Im Champions-League-Finale 2002, als der spanischer Meister seinen bisher letzten großen Europacup-Triumph feierte, sicherte er den 2:1-Sieg gegen Bayer Leverkusen mit drei brillanten Abwehraktionen in der Nachspielzeit.

In der abgelaufenen Saison war er vor allem in den Partien gegen den Erzrivalen FC Barcelona mehrmals der Retter in der Not und feierte am Ende seinen fünften Meistertitel. Neben den fünf Meistertiteln, gewann er auch zweimal die Champions League und war Welt- und Europameister - auch mit den Junioren!

"San Iker" ("Heiliger Iker") ist aufgrund seiner beeindruckenden Erfolgsquote jener Spieler, auf den man hofft, wenn die Lage fast aussichtslos scheint. In den 136 Länderspielen, die er bisher bestritten hat, spielte er 78-mal zu null.

Das ist genauso ein Rekord wie die 99 Siege, die er im Trikot der Spanier bisher gefeiert hat. In den jüngsten drei Turnieren - EM 2008, WM 2010 und EM 2012 (vor dem Finale) - musste er sich nur insgesamt sechsmal geschlagen geben.

Nur Zidane konnte Casillas bezwingen

In der K.o.-Phase ist er seit dem WM-Achtelfinale 2006 (1:3 gegen Frankreich) ohne Gegentor. Sein letzter Bezwinger war damals sein damaliger Real-Clubkollege Zinedine Zidane.

"Ich habe das Glück, in einer überragenden Mannschaft zu spielen", lautet Casillas' Standardsatz, um Lobeshymnen auf seine Person abzuwehren. Dass er trotz seiner Bescheidenheit Eingang in Klatschspalten von Zeitungen und Illustrierten gefunden hat, liegt an seiner Verlobten, der Journalistin Sara Carbonero.

Die auch schon von einem Männermagazin als schönste Sportjournalistin der Welt gekürte 28-Jährige und Casillas entzückten Spanien, als er sie nach dem gewonnen WM-Finale in Johannesburg vor laufender Kamera küsste.

"Ich bin aus Mostoles!"

Ganz speziell verehrt wird Casillas in seiner Heimatstadt Mostoles, wo eine Straße nach ihm benannt ist. Dort, wo die "Avenida de Iker Casillas" beginnt, steht auf einem Stein ein Zitat des Welttorhüters der vergangenen vier Jahre, eines, das ihn gut charakterisiert: "Ich bin kein Galaktischer, ich bin aus Mostoles."

Das sagte er vor rund zehn Jahren, als die Profis von Real Madrid noch die "Galaktischen" genannt wurden. Auch heute kann er die Erfolge noch einordnen: "Der Fußball ist in der momentanen Wirtschaftskrise, in der sich Spanien befindet, ein Ort, wo die Leute alles ein wenig vergessen können, eine Art Oase." Und San Iker ist deren heiliger Wächter.