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"Es ist wie ein Meisterschaftsspiel, nur ein Zuckerl"

"Legia wird uns nach diesem Spiel unterschätzen."

Thomas Hinum war und ist Optimist. Er erkennt bei offensichtlich schlechten Dingen auch etwas Gutes.

So etwa nach der damals mehr als dürftigen Leistung beim Rückrundenspiel der zweiten Quali-Runde gegen Soligorsk (0:0), als er danach diese Aussage in Richtung des Warschau-Hinspiels tätigte.

Nach dem Aufstieg kam Legia ins Innviertel - und ging als favorisiertes Team überraschend mit einer 1:2-Niederlage vom Platz.

Legia-Fans ausklammern

Nun bedarf es erneut einer sensationellen Leistung der "Wikinger".

Trotz Halbzeit-Führung nach 90 Minuten sind die Rieder im Rückspiel (19 Uhr, LAOLA1-Ticker) in Warschau keineswegs Favorit.

Legia ist vom Papier her in allen Belangen über die Innviertler zu stellen. So die überwiegende Meinung der Oberösterreicher.

Zudem werden die Hausherren noch mehr lautstarke Unterstützung bekommen, als ohnehin schon durch die 700 mitgereisten Fans in Ried.

Hinum kennt sich mit Zuckerl aus

Bis Mittwoch waren zwar nur 10.000 Tickets abgesetzt, doch auch gegen Zweitrunden-Gegner Liepajas war das 30.000 Zuschauer fassende Legia-Stadion voll und trieb das Team zu einem 5:1.

Hinum stellt seine jungen Kollegen wie folgt auf Spiele in diesem Bewerb ein: "Ich sage ihnen immer, sie sollen solche Partien wie Meisterschaftsspiele sehen. Nur, dass sie Zuckerl sind."

Einige Zuckerl hat der Mittelfeldspieler beziehungsweise Rechtsverteidiger - in Warschau ist der gebürtige Linzer in letzterer Position zu erwarten - in diesem Bewerb schon erlebt.

Birmingham, Kopenhagen, Warschau?

Vor zwei Jahren feierte der damalige Rapid-Spieler mit den Hütteldorfern dank eines sensationellen 3:2-Sieges bei Aston Villa den Einzug in die Europa-League-Gruppenhase. Damaliger Siegtorschütze war sein heutiger Teamkamerad Rene Gartler.

In Birmingham verfolgte Hinum das Geschehen noch von der Bank, ein Jahr später stand der Oberösterreicher beim nächsten Wunder selbst am Platz.

Beim 2:4 gegen Bröndby in Kopenhagen wurde Hinum zur Pause beim Stand von 0:2 eingewechselt - die zwei Treffer reichten zum vielumjubelten Aufstieg ins Europa-League-Playoff.

"Das waren natürlich tolle Erlebnisse", blickt der Blondschopf gerne zurück. Auch auf das eine Jahr bei Rapid, in dem er nach seinem Wechsel von Austria Kärnten insgesamt nur auf 19 Einsätze kam.

Rapid kein Schritt zurück

"Viele sagen, es wäre ein Schritt zurück gewesen, aber das war er nicht. Diese Zeit möchte ich nicht missen. Ich habe etwa auch auswärts gegen den FC Porto gespielt."

In Ried fühlt sich Hinum seit mehr als einer Saison pudelwohl, ist unangefochtener Stamm- und auch Führungsspieler.

Bei Rapid kam Hinum kaum zu Einsätzen

Das Umfeld bringt den Erfolg: "Jeder versteht sich mit jedem, das ist das, was es ausmacht."

Hinums Uhren-Tick

Offenbar hilft aber auch sein Aberglaube etwas mit. In seiner Toilettasche befindet sich ein ungewöhnlicher Talisman - eine Uhr.

"Die habe ich von meiner Oma bekommen, ist immer dabei und spricht auch mit mir", lacht Hinum, als die Digitaluhr per Knopfdruck die Zeit hörbar wiedergibt.

Der modebewusste Kicker hat überhaupt einen Uhrentick. Es wird ihm nachgesagt, dass er nicht außer Haus geht, ohne dass Uhr und Schuhe aufeinander abgestimmt sind.

Hinum verneint mit einem lauten Lacher: "Nein, so ist das sicher nicht. Es passt halt immer ganz gut zusammen.“

Ernsthaft muss er aber zugeben, dass er um die 15 Uhren besitzt. "Aber keine teuren."

Blick auf die Karriere-Uhr

Wie spät es in seiner Karriere ist? "Ich hoffe noch eher früh wie spät", grinst der immer gut aufgelegte Ex-Paschinger.

Erst am 24. Juli feierte die Nummer 18 seinen 25. Geburtstag. Zeit, um auch etwas über die Karriere nachzudenken. Wird Ried, wo Hinum einen Vertrag bis 2014 besitzt, eine Dauerlösung?

"Es will jeder weiterkommen und es ist jetzt nicht mein Ziel, dass ich immer nur bleiben will. Natürlich will ich mich weiterentwickeln und versuchen, wieder zu einem großen Klub zu kommen", so der Kicker, den Ex-Teamkollege und WAC-Coach Nenad Bjelica nicht weit vom Nationalteam entfernt sieht.

Ein Blick auf die Uhr zeigt aber aktuell nur den Countdown zum Legia-Match.

"Die Mannschaft war auch schon vor dieser Saison mit individueller Klasse bestückt, jetzt mit Gartler, Schicker und Reiter noch umso mehr. Sie helfen uns auch weiter", ist Hinum optimistisch.

Am Ende soll der Zeiger auf der nächsten Sensation in der Europa League stehen. Mit diesen und Uhren kennt sich Hinum bestens aus.

 

Bernhard Kastler