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Meidlinger: "Müssen kleinere Kuchen backen"

Meidlinger:

„Ich halte nichts von Hüftschüssen.“

Das behauptet mit Christian Meidlinger ausgerechnet jener Mann, der sich in einer Nacht-und-Nebel-Aktion zur Wahl des Schwimmverbands-Präsidenten aufstellen ließ und diese auch prompt mit deutlicher Mehrheit (104 von 139 Stimmen) gewann.

Darum ist es wenig verwunderlich, dass der 48-jährige Gewerkschafts-Vorsitzende der Gemeindebediensteten ohne jegliches Konzept in seine Amtszeit startet.

Was der bisherige Präsident des Wiener Schwimm-Verbandes allerdings hat, ist eine Mission – und diese lautet, den OSV wieder in ruhigere Gewässer zu führen. Zweifellos schwierig genug.

Wie Meidlinger das schaffen will und wo er den Hebel ansetzen will, erklärt er im LAOLA1-Interview:

LAOLA1: Herr Meidlinger, der OSV hat schon bessere Zeiten erlebt. Finanzielle Unklarheiten, sportlich blieb man in London medaillenlos und dazu ein Aushängeschild, das auf Konfrontationskurs geht – warum tut man sich da eine Präsidentschaft überhaupt an?

Christian Meidlinger: Indem man kurzfristig gefragt wird und nicht viel Zeit zum Nachdenken hat. Im Sinne, dass man versucht weiterzuhelfen, sagt man dann ja.

LAOLA1: Ihr Sohn Dominic, der jetzt im Schwimmen den Sprung ins Heeressportzentrum geschafft hat, hat von ihrer Präsidentschaft aus den Medien erfahren. Wie hat er reagiert?

Meidlinger: Grundsätzlich war er ein bisschen sauer, dass er es aus den Medien bzw. gleichzeitig von Freunden erfahren hat. Aber es war wirklich so kurzfristig und hektisch, dass sich das anders nicht mehr ausgegangen ist. Ich bin am Donnerstag noch nach Tirol geflogen. Von Paul Schauers Rücktritt war ich sehr überrascht.

LAOLA1: Der Einspruch von Dinko Jukic gegen seine Sperre wurde abgelehnt. Wie haben Sie den Verbandstag erlebt? Das Votum war ja doch sehr deutlich…

Meidlinger: Ich war überrascht davon, dass einige Vereine Doktor Thomas Krankl (Anwalt von Jukic; Anm.) in den Mund gelegt haben, einen Dringlichkeitsantrag zu stellen, um die Strafe zu mildern oder neu zu verhandeln. Zur Verwunderung vieler ist dieser Antrag aber nicht gekommen. Sein Antrag lautete stattdessen wirklich nur auf komplette Aufhebung der Strafe. Ohne Milderung.

LAOLA1: Wie sehen Sie der zu erwartenden Klage von Jukic entgegen?

Meidlinger: Ich hoffe, dass es zu keiner Klage kommt. Aber das liegt nicht mehr in der Hand des OSV. Seit Samstag ist von unserer Seite die letzte Möglichkeit ausgeschöpft. Als Vorsitzender kann ich nicht anders handeln, als das zu vollziehen. Ich arbeite dahin und warte erst einmal ab.

LAOLA1: Ist da herauszuhören, dass Sie mit Dinko noch das Gespräch suchen?

Meidlinger: Natürlich werde ich das tun. Aber wie gesagt, kann ich auf eine mögliche Klage von Seite des Verbandes keinen Einfluss mehr nehmen.

LAOLA1: Er hat gedroht, im Falle einer Sperre aufzuhören. Machen Sie sich Sorgen, dass Sie gleich zu Beginn ihrer Amtszeit das größte Aushängeschild verlieren könnten?

Meidlinger: Ich hoffe nicht, dass er aufhört, sondern dass er sich das gut überlegt. Das soll auch Teil des besagten Gesprächs sein. Er ist freilich herzlich eingeladen, wenn das alles vorbei ist, in Barcelona (Schwimm-WM 2013; Anm.) zu starten.

LAOLA1: Einer von Jukic‘ Kritikpunkten war die fehlende Professionalität im Schwimm-Verband. Wie wollen Sie das ändern?

Meidlinger: Da geht es nicht nur um mich, sondern um das gesamte Team, in dem jetzt auch einige Sportler sind. Im Zuge der Wahl wurden zwei Drittel der Funktionäre im Verband ausgetauscht. Von 14 sind neun neu. Das ist ein gewaltiger Schritt. Ich glaube, dass der Mix ganz gut ist. Es geht jetzt darum, mit den Landesverbänden und den Sportlern in Kontakt zu treten. Wir müssen uns zusammensetzen und überlegen, wo wir etwas besser machen können. Wo wir auf jeden Fall etwas ändern, und das haben wir auch schon in Angriff genommen, ist, dass wir die gesamte Struktur der GmbH von einem Wirtschaftsprüfer durchleuchten lassen, um den Verband wirtschaftlich auf moderne Beine zu stellen. Danach gilt es, auch sportlich etwas zu verbessern.

LAOLA1: Das heißt auch, dass Sie ohne Konzept kandidiert haben, sondern dieses erst jetzt erarbeitet wird?

Meidlinger: Es war aufgrund der Kürze nicht wirklich möglich, mit vielen zu diskutieren. Wir haben uns natürlich vorgenommen, das nachzuholen. Jedoch sind wir auch nicht aus heiterem Himmel dazu gewählt worden, sondern wir arbeiten ja alle schon länger in Verbänden oder Vereinen. Von daher glaube ich, dass uns das ganz gut gelingen wird.

LAOLA1: Noch einmal zurück zur fehlenden Professionalität: Ist eine schrittweise Abkehr von der Ehrenamtlichkeit angedacht?

Meidlinger: Es ist nicht so, dass der Verband nur aus ehrenamtlichen Mitarbeitern besteht, sondern da gibt es sehr wohl hauptamtliche. Da ersuche ich noch um Geduld, damit wir das vernünftig analysieren können. Ich halte nichts von Hüftschüssen.

LAOLA1: In den vergangenen Jahren war oft die Rede vom „Schwimm-Wunder“. Doch bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass Jukic und Rogan sogenannte „Insellösungen“ sind. Das heißt, dass sie ihre Leistungsfähigkeit weniger der Verbandsarbeit, sondern besonderen Umständen wie etwa einem fähigen Trainer-Vater oder den US-amerikanischen Trainingsbedingungen, verdanken. Wie wollen Sie es schaffen, auch Erfolge abseits von „Insellösungen“ zu feiern?

Meidlinger: Es gibt schon Welt- und Europameisterschafts-Teilnehmerinnen, die aus der Schule des OSV gekommen sind. Dass zu einem Sportler auch der nötige Ehrgeiz gehört, sich immer mit den Besten zu messen, ist klar. Rogan ist schließlich nicht der einzige Europäer, der in den Staaten trainiert, da gibt es viele. Fest steht jedoch, durch diese Mischung aus dem Talent der Sportler und den Wegen, die sie gegangen sind, hat es dieses Schwimm-Wunder tatsächlich gegeben. Wir hatten in den letzten Jahren eine sehr erfolgreiche Zeit, aber man kann nicht immer auf dem Niveau von Barcelona spielen. Also müssen wir auch kleinere Kuchen backen.

LAOLA1: Aber konkrete Verbesserungs-Pläne gibt es noch nicht?

Meidlinger: Da gibt es genügend Experten in den Verbänden und Trainer in den Vereinen, die Ideen und Vorschläge haben, die sie auch einbringen werden und sollen. Wir werden uns mit ihnen zusammensetzen, um zu schauen, was verwirklichbar ist.

LAOLA1: Ein nicht wegzudiskutierendes Problem im heimischen Schwimmsport ist die Infrastruktur. Es gibt zu wenige 50-m-Becken bzw. Trainingsmöglichkeiten.

Meidlinger: Ich hoffe, dass die Baumeister, die künftig in der Stadthalle am Werk sind, alles so machen, dass es passt und hält. Auch wenn mit der Traglufthalle eine Ausweichmöglichkeit geschaffen wurde, ist das Problem mit der Stadthalle natürlich nicht gelöst. In Wien gibt es jetzt zusätzlich eine Machbarkeits-Studie für ein Schwimmsport-Zentrum. Dazu gibt es in Tirol Bewegungen, eine Sport-Bahn zu installieren. Da tut sich schon was. Wir müssen mit den zuständigen politischen Verantwortlichen reden und hoffen, dass die dafür notwendigen Finanzen sichergestellt werden. Aber auch das wird nicht von heute auf morgen gehen.

LAOLA1: Ihre Amtszeit dauert vier Jahre. Was möchten Sie am Ende geschafft haben?

Meidlinger: Erstens möchte ich, dass Ruhe einkehrt, sowohl was die materiellen, als auch die sportlichen Diskussionen betrifft. Das ist das oberste Ziel. Auf der anderen Seite möchte ich, dass wir die Basis-Arbeit mit der Jugend so gestalten, dass wir auch in Zukunft wieder Chancen haben, vorne mitzuschwimmen. Ob es Medaillen geben wird, kann ich nicht versprechen. Es geht darum, dass wir die Talente, die wir in Österreich ausreichend haben, bestmöglich fördern.

Das Interview führte Reinhold Pühringer