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"Man darf nie wieder über Stronach blöd reden!"

Eigentlich hätte es Frenkie Schinkels nicht für möglich gehalten, dass er gegen F91 Düdelingen das letzte Salzburg-Heimspiel in dieser Europacup-Saison sieht.

Insgeheim hatte der gebürtige Holländer sogar gehofft, die "Bullen" erstmals in die CL-Gruppenphase begleiten zu dürfen.

Er wird ja mit Beginn des Playoffs für den TV-Sender "Puls 4" als Experte tätig sein.

Aber RBS machte ihm und vielen Änhängern einen gewaltigen Strich durch die Rechnung, blamierte sich bis auf die Knochen und schied vorzeitig gegen einen Fußball-Zwerg aus Luxemburg aus.

Im LAOLA1-Interview rechnet der 49-Jährige nun mit den Salzburg-Versagern ab.

LAOLA1: Frenkie, du warst gestern selbst in Salzburg vor Ort, hast die Blamage hautnah miterlebt. Hast du ein paar Mal deine Augen reiben müssen, um das zu glauben?

Frenkie Schinkels: Ich habe in Salzburg doppelt getrauert. Zum einen um die Chance, mit Puls 4 Red Bull Salzburg in der Champions League präsentieren zu können. Zum anderen hatte ich mit den Salzburg-Fans schon Mitleid. Sie haben eine Mannschaft gesehen, die inferior war. Mit dieser Leistung spielen sie in Österreich um Platz sechs oder sieben.

LAOLA1: War das die größte Blamage im österreichischen Fußball?

Schinkels: Naja, das 0:1 gegen die Färöer und das 0:9 gegen Spanien waren schon auch sehr heftig. Aber gegen Düdelingen ausscheiden, ist schon fast die Krönung, weil es ja über zwei Spiele ging. Bei denen haben Leute gespielt, die wären bei manchen Bundesligisten nicht einmal Busfahrer.

LAOLA1: Wie können sie dann Salzburg eliminieren?

Schinkels: Sie haben alles gegeben, sich richtig aufgeopfert, die Räume gut zugestellt und die Salzburger aggressiv gedeckt. Und wenn dann auch noch der RBS-Trainer so aufstellt, frage ich mich, welche Gedanken er dabei hatte. Ilsanker in der Innenverteidigung, wo noch drei draußen sitzen. Dazu den „Langen“ (Stefan Maierhofer, Anm.) vorne, den er in der zweiten Hälfte noch dringend gebraucht hätte.

LAOLA1: Dafür waren acht Österreicher in der Startelf.

Schinkels: Ja, vielleicht ist das auch der Weg, den das neue sportliche Duo gehen muss. Bei Stronach war das auch schon so. Er wollte mit lauter 18-Jährigen die Champions League gewinnen. Die kannst du natürlich gewinnen, aber nur im Tischfußball.

LAOLA1: Martin Hinteregger hat gemeint, die Mannschaft ist eigentlich davon ausgegangen, zwei Mal über Düdelingen drüber zu fahren. Waren die „Bullen“ auch zu überheblich?

Schinkels: Mir muss Martin Hinteregger einmal persönlich erklären, warum er glaubt, dass Salzburg über so eine Mannschaft drüber fahren kann.

LAOLA1: Weil Red Bull die größere Qualität hat.

Schinkels: Ja, bitte, wer sind wir? Mit wir mein‘ ich Österreich. Wir sind gegen Düdelingen wieder beinhart mit der Realität konfrontiert worden. Die besten Österreicher wie Alaba spielen im Ausland. Bei Red Bull spielen Teigl, Hinteregger oder Ilsanker. Bei allem Respekt – die können vielleicht einmal etwas werden, aber sie sind noch lange nicht so gut, dass sie über irgendeinen Verein drüber fahren.

LAOLA1: Rangnick und Schmidt haben erst vor einem Monat ihr Amt angetreten. Es war der x-te Philosophie-Wechsel in der Red-Bull-Ära. Wie siehst du die Entwicklung des Vereins?

Schinkels: Man darf nie wieder über Stronach blöd reden, denn Red Bull ist auf dem gleichen Weg. Da kommen Jahr für Jahr nur Leute, die sich bereichern wollen und in ihre eigene Tasche wirtschaften. Es ist keine Liebe zum Verein da, sondern knallhartes Business. Ich wünsche Herrn Mateschitz im Fußball einen Typen wie es Herr Marko in der Formel 1 ist. Einer, der Freund und Alleskönner zugleich ist. Dann bist du erfolgreich. Ich weiß nicht, wer ihn im Fußball berät. Aber es muss einer sein, der nicht wirklich was davon versteht.

LAOLA1: Ist das Ausscheiden im Endeffekt auch positiv, da man jetzt zu einem radikalen Umbruch im Kader ansetzen kann?

Schinkels: Aber wer will Spieler wie Lindgren, Boghossian oder Zarate haben? Die kriegen bei Salzburg so viel Geld, dass sich andere Vereine das gar nicht leisten können. Ich würde gar nicht so radikal ausmisten, denn du brauchst die Qualität eines Sorianos, Schiemers oder Sekagyas. Man hätte gestern auch Leonardo gut gebrauchen können, denn so etwas können wir Österreicher einfach nicht. Stefan Maierhofer hat eindrucksvoll bewiesen, dass seine Stärken eher darin liegen, dass er positive Energie in die Mannschaft bringt. Technisch müsste er für das Champions-League-Niveau schon noch sehr viel dazu lernen.

LAOLA1: Der Rest wäre konkurrenzfähig?

Schinkels: Naja, Teigl zum Beispiel ist in den ersten fünf Minuten zwei Mal seinem Gegenspieler davon gelaufen. Wenn dann aber die Flanke nicht kommt und du 70 Minuten nicht anwesend bist, kannst du nicht derart hohe Ansprüche haben.

LAOLA1: Was muss sich in Salzburg verändern?

Schinkels: Wenn sie wirklich dauerhaft Erfolg haben wollen, müssen sie die sportliche Führung einmal drei Jahre lang arbeiten lassen. Und die sportliche Führung muss dann über diese drei Jahre eine Mannschaft aufbauen, die wirklich Qualität hat. Außerdem muss man die Gehaltsstruktur ändern. Die Mannschaft soll von mir aus viel Geld verdienen können, wenn sie Erfolg hat. Aber nicht eine Lawine an Monatsgehältern.

Das Interview führte Kurt Vierthaler