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"Der Sportklub ist ein Vorzeige-Fanverein"

Es war eine der größten Überraschungen in der jüngeren Geschichte der Regionalliga Ost.

Als der Wiener Sportklub nach der enttäuschenden Hinrunde mit Tabellenplatz 13 und nur sechs Punkten Vorsprung auf einen Abstiegsplatz die Verpflichtung von Trainer Helmut Kraft bekanntgab, wunderten sich doch einige heimische Fußballfans, warum sich ein renommierter Trainer die dritte österreichische Liga antut. „Es ist eine neue Erfahrung und ich mag Herausforderungen“, beantwortet der Tiroler die Frage.

Denn rein von der Statistik ausgehend, können so manch aktuelle Bundesliga-Trainer von Krafts Erfolgen nur träumen. So wurde der 52-Jährige nicht nur Vize-Meister mit der SV Ried, sondern ebenso zweimal Meister in der Ersten Liga und die Regionalliga West gewann er auch einmal. „Für mich ist es aber kein Untergang, dass ich keinen Job in der Bundesliga habe“, beschwichtigt der Neo-Dornbacher seine Situation gegenüber LAOLA1.

PR-Berater in der Austrian Football League

Der ehemalige Bundesliga-Trainer arbeitet nach dem Motto: Die Aufgabe ist wichtiger als der Verein.

"Ich will um den Aufstieg mitspielen"

So erklärt sich auch sein Wechsel in die Austrian Football League, in der er 2011/2012 in der Öffentlichkeitsabteilung  der Wiener Neudorf Rangers gearbeitet hat. „Nach der Entlassung beim LASK hatte ich genug vom Fußball“, meint der Sportklub-Coach. „Zudem hatte ich immer schon Interesse an anderen Sportarten. Und American Football war mir komplett neu.“

Kraft betrachtet die Zeit in der AFL als Erfahrungsgewinn, vor allem wenn er über das Selbstengagement der Footballer spricht, gerät er ins Schwärmen: „Die Jungs haben sich die Ausrüstung und Trainingsfahrten selbst bezahlt. Im Fußball bekommen die Spieler in der fünften und sechsten Liga schon einen Lohn. Das sind unterschiedliche Welten.“

„Der Sportklub ist etwas Besonderes“

Die Entscheidung, für den Wiener Sportklub zu unterschreiben, fiel dem Tiroler nicht schwer: „Ich habe den Verein und die Fans immer schon geschätzt. Und als ich das Angebot erhielt, haben sich Präsident Udo Huber und ich bereits nach wenigen Minuten geeinigt.“

Über den ehemaligen Ö3-Charts-Moderator Udo Huber wird von Krafts Seite nur positiv gesprochen. „Er lässt mich arbeiten und mischt sich nicht ein.“ Denn Vergleiche kann der Neo-Trainer durchaus ziehen. Immerhin sind unter seinen Ex-Chefs der ehemalige Wiener-Neustadt-Präsident Frank Stronach oder Peter-Michael Reichel vom LASK, welche in der Fußball-Szene durchaus als eigen beschrieben werden, zu finden. „Am meisten imponiert mir an Udo Huber, dass er dem Verein viel gibt, aber nichts nimmt.“

Auf sein Dornbach-Debüt muss der Coach des Tabellen-Dreizehnten noch warten. Denn wie so viele andere Fußballspiele, wurde der Auftakt der Regionalliga Ost ebenso um eine Woche auf den 9. März nach hinten verschoben.  

Nichtsdestotrotz ist Kraft mittlerweile schon ein fixer Bestandteil der „Schwarz-Weißen“ Fanabende. „Ich war schon bei einigen Treffen dabei. Denn es hat mir immer imponiert, wie respektvoll der Anhang mit der eigenen Mannschaft, dem Gegner und dem Schiedsrichter-Team umging. Und das habe ich auch bei den Abenden gesehen. Ich lernte sehr interessante Menschen kennen, die andere Personen wegen Äußerlichkeiten nicht ausgrenzen. Man kann schon sagen, dass der Sportklub ein Vorzeige-Fanverein ist.“

Kapitän Szabo (li.) und Präsident Huber (re.) gehören zum WSK-Inventar

Der Aufstieg ist geplant

Ein sportliches Ziel hat der 52-Jährige heuer nicht mehr. „Es bringt nichts, einen fixen Tabellenplatz zu fordern. Ich will eine Mannschaft zusammenstellen, die nichts mit dem Abstieg zu tun hat und Fußball spielt.“

Zu diesem Team gehört seit dem Winter-Transferfenster auch der ehemalige Bundesliga-Stürmer Rade Djokic. „Er hat einen sehr guten linken Fuß und wird uns speziell bei Standard-Situationen weiterhelfen“, analysiert der Trainer einen seiner sechs Neuzugänge.

Die Publikumslieblinge Ingomar Szabo und Sertan Günes sollen aber weiterhin ein fixer Bestandteil der Mannschaft bleiben. „Beide sind verrückt und passen vom Typ zum Sportklub“, gerät der Tiroler ins Lachen, wenn er über den Kapitän und den Stürmer befragt wird.

Zudem ist es Sertan Günes zu verdanken, dass der 13-fache türkische Meister Besiktas Istanbul auf den Hernalser Klub aufmerksam geworden ist. „Im türkischen Trainingslager hat Sertan dem ÖFB-Spieler Veli Kavlak ein Video geschickt, indem die ganze Mannschaft so getan hat, als wären sie Besiktas-Fans. Den Türken hat dies so gut gefallen, dass sie nun alle Sportklub-Anhänger sind.“

Helmut Kraft betrachtet den Wiener Sportklub und die Regionalliga Ost nicht als Abstieg und freut sich auf seine neue Herausforderung. „Ich will mit der Mannschaft und mit diesen Fans um den Aufstieg spielen. Denn die haben es sich einfach verdient.“

 

Alexander Planasch