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Pacult: "Irgendwann bekommt jeder Klub Angst"

Pacult:

Manchmal geht alles ganz schnell. 

"Wir haben als Verein Handlungsbedarf gesehen", sagt FAC-Sportchef Peter Eigl nach zwei Niederlagen in Folge.

Dass ausgerechnet nach einem knappen 0:1 gegen Tabellenführer Liefering das Ende von Langzeit- und Aufstiegscoach Hans Kleer beschlossen wird, mutet ungewöhnlich an. Die Gedanken an einen neuen Trainer seien aber schon länger in den Verantwortlichen geschlummert.

"Gesten Abend hat permament das Handy geläutet. Mir wurden schon mehrere Trainer angeboten", sagt Eigl mit dem Nachsatz: "In unserer Situation brauchen wir gar keinen Trainer, sondern schon fast einen Zauberer."

Dieser Zauberer soll jetzt Peter Pacult sein. Jener Mann, der von seiner Wohnung in Floridsdorf bis zuletzt das Training des aktuellen Tabellenachten der Ersten Liga beobachten konnte.

Wie kam es zum Engagement, was hat Pacult vor und warum sollte es möglicherweise sogar drei Absteiger geben?

PETER PACULT ÜBER...

...DAS ZUSTANDEKOMMEN DES ENGAGEMENTS: Es war eine kurzfristige Anfrage. Ich habe aber zum Peter (Eigl, Anm.) gesagt, dass er das Spiel abwarten soll. Ich bin kein Trainer, der auf der Tribüne sitzt und hofft, dass der aktuelle Trainer verliert. Ich kenne die Situation und weiß, wie schwer es ist. Dadurch war es für mich kein Ja dazu, sondern ein Abwarten. Nach dem Spiel hat es sich so ergeben. Man muss sich bei Hans Kleer für eine großartige Arbeit bedanken. Ich hoffe, dass er so schnell wie möglich wieder ins Trainergeschäft einsteigen kann. 

...DIE NACHVOLLZIEHBARKEIT DER KLEER-ENTLASSUNG: Ich kann von außen nicht zu sehr in die Mannschaft hineinschauen. Es war sicher nicht nur von diesem Spiel abhängig. Wenn sie erfolgreich gewesen wären, hätte kein Handlungsbedarf bestanden. Aber so hat es sich ergeben. Es ist egal, ob das nach einem Spiel gegen Liefering ist oder gegen einen anderen Gegner. Die letzten Heimspiele waren ausschlaggebend. Letztlich ist es eine 50-50-Entscheidung. Wir können alle nicht in die Zukunft schauen. Aber so war die Entscheidung und wir versuchen das Beste daraus zu machen.

....DIE NÄHE ZUM FAC: Dadurch, dass ich hier aufgewachsen bin und die letzte Wohnung genau gegenüber vom Platz ist, wo ich oft vom Balkon aus beim Training zusehen habe können, musste ich nicht lange nachdenken. Ich will dem FAC helfen, das Saisonziel zu erreichen. Mir war nie im Sinn, dass ich an dieser Entscheidung zweifle. Man hat an den gestrigen Ergebnissen gesehen, wie knapp es zugeht. Nichtsdestotrotz habe ich sehr viele positive Dinge in dieser Mannschaft gesehen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir die Liga halten.

...KURZFRISTIGE PLÄNE MIT DER MANNSCHAFT: Ich werde mich zuerst mit dem Trainerstab zusammensetzen und mir anhören, was sie sagen. Ich habe natürlich auch eigene Vorstellungen. Es gibt nur sieben Spiele in sechs Wochen. Viele taktische Dinge kann man da nicht machen. Da muss man andere Dinge machen. Wir haben nur 48 Stunden Zeit bis zum nächsten Spiel. Wir müssen da konzentriert auftreten und die Fehler abstellen, die ich gesehen habe. Wir fahren zu jedem Spiel, um es zu gewinnen. Das war bei mir als Trainer jeder Mannschaft so, egal ob im Abstiegskampf oder bei einer Meistermannschaft. Das will ich den Spielern vermitteln.

...SEINE FÄHIGKEITEN ALS ZAUBERER: Wenn jeder Trainer etwas Neues erfinden könnte, wäre jeder ein Zauberer. Jeder Trainer hat seine Art und Weise, seine Mannschaft zu führen. Wir können nicht alle gleich sein. Ich bringe einige Erfahrung mit, habe erst mit Dynamo Dresden gekämpft und weiß, wie schwer das ist. Da kann ein Spieler vielleicht etwas Positives mitnehmen. Die Zeit ist begrenzt. Aber wir werden sie nützen, um die Prozent rauszukitzeln. 

...FEHLENDE EINSTELLUNG BEI MANCHEN SPIELERN: Ich tue mir schwer damit, wenn Spieler in die Öffentlickeit gehen und über Kollegen sprechen. Ich appelliere an die Spieler, dass sie mit solchen Aussagen aufpassen müssen. Da kommt schnell eine Missstimmung rein. So etwas brauchen wir in so einer Situation nicht. Da geht es nicht nur um die Existenz des Vereins, sondern auch um die Existenz der Spieler. Wenn man absteigt, reißen sich die Vereine nicht um einen. Ich wurde mit dem Hintergedanken verpflichtet, dass ich mit meiner Erfahrung den Abstiegskampf bewältige. Ich weiß, was gefordert werden muss. Auch von den Spielern. Das werde ich versuchen, einzubringen. Sie sollen nicht mit einem Rucksack in das Spiel gehen, sondern mit einer Freude. Es soll ja etwas sein, was sie gerne machen.

...VERGLEICHE MIT DER SITUATION IN DRESDEN: Der Vergleich mit Dresden ist schwer. Bei Dynamo haben wir aber bei weitem nicht so gute Trainingsmöglichkeiten gehabt wie hier. Das klingt komisch, ist aber so. Dort haben wir Tag für Tag geschaut, wo wir überhaupt trainieren können. Entweder war der Trainingsplatz gesperrt oder die Wildenten hatten Legetag, sind darauf herumgerannt und der Zoodirektor hat gesagt, es geht nicht oder die Enten haben eben mit uns trainiert. Aber Training ist immer eine Einstellungssache. Wenn ich sage, dass der Platz schlecht ist, gebe ich den Spielern ein Alibi. Es geht um Tugenden, die ich verlangen will. Ich habe die Spieler jetzt nicht nur einmal gesehen. Da kann man etwas rauskitzeln. Das wird meine Aufgabe sein.

...DIE TABELLENSITUATION IN DER LIGA: Wenn man sich die Tabelle ansieht, sieht man, dass sich bis Platz vier keiner sicher sein kann. Da kann keiner in Ruhe schlafen. Es wird noch etliche Runden dauern, da kann sich vielleicht der eine oder andere Klub absetzen. 

...DIE UNZÄHLIGEN TRAINERENTLASSUNGEN IN DER LIGA: Ich denke, dass sich in den letzten Jahren bei Freistellungen sehr viel verändert hat. Es ist auch verständlich, weil es um Existenzen von Vereinen geht. Irgendwann bekommt jeder Klub Angst. Das hat es vor 10-12 Jahren noch nicht gegeben. Das liegt auch an den Medien, da entsteht ein anderer Druck, auch durch die ganzen Foren und so weiter. Die Zeit ist eine andere. Da kommt ein Verein schneller in die Versuchung. Man hat es auch in Deutschland gesehen mit den ganzen Lippenbekenntnissen. Im Endeffekt hat wieder ein Trainer gehen müssen. Davon dürfen wir Trainer uns nicht beeinflussen lassen. 

...ZWEI FIXABSTEIGER UND DIE AUFSTIEGS-REGELUNG: Ich finde die Situation nicht gut, dass die Regionalligisten als Meister nicht aufsteigen dürfen. Das habe ich auch als Rapid-Trainer heftig kritisiert. Da hat es etliche Vereine zerissen. Größtes Beispiel war für mich Schwechat gegen Innsbruck. Oder der GAK, als er nicht aufsteigen durfte. Warum lernt man nicht daraus? Da fängt der Fehler an. Wenn ich drei Regionalligen habe, dann habe ich drei Meister und die sollen aufsteigen. Dann gibt es eben drei Absteiger, aber darum muss ich kämpfen. Warum bestrafe ich einen Meister? Sonst müssen wir Ligen einführen, wo keiner auf- und absteigen kann. Aber das will doch auch keiner. 

...ÜBER DIE ZEIT SEIT SEINER LETZTEN TRAINERSTATION: Ich war viel unterwegs, habe mir viele Spiele angeschaut. Auch Trainings. War in der Türkei, wo man sehr viel beobachten kann. Ich habe mir aber speziell dort Mannschaften angesehen, wo die Vereine nicht viele Möglichkeiten haben, wie zum Beispiel in Ungarn oder Tschechien. Da nimmt man natürlich immer etwas mit. Von den Trainings her wird klar ersichtlich, dass es immer mehr um Tempo geht. Aber entscheidend ist, was der Spieler dann am Ball macht. 

 

Andreas Terler