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Die Ära Wimmer: Zwischen Aufschwung und Stagnation

Was bleibt von den eineinhalb Jahren Michael Wimmer als Trainer des FK Austria Wien? Ein Kommentar:

Die Ära Wimmer: Zwischen Aufschwung und Stagnation Foto: © GEPA

Am Ende war es zu wenig.

Eineinhalb Jahre war Michael Wimmer als Trainer des FK Austria Wien im Amt. Was von seiner Ära bleibt? Ein für Favoritner Verhältnisse fast beispielloser Fan-Aufschwung, eine Zeit geprägt von zwischenmenschlicher Klasse, aber sportlicher Stagnation.

Fangen wir am Anfang an. Der Deutsche hat den Job bei den Veilchen übernommen, als ihn sonst keiner wollte. Etliche Kandidaten winkten ab, als es darum ging, die Nachfolge des überaus populären Manfred Schmid anzutreten. Zu groß schien die Gefahr, sich am Verteilerkreis die Finger zu verbrennen.

Wertschätzende, gewinnende Art

Wimmer aber traute sich und brachte die Fans mit seiner wertschätzenden und gewinnenden Art rasch hinter sich.

Offene und ehrliche Gespräche sowie ein respektvoller Umgang mit allen im Austria-Umfeld sorgten stets für hohe Beliebtheitswerte des Deutschen, der sich von vereinspolitischen Ränkespielen so fern wie möglich hielt. Es war nicht zuletzt den öffentlichen Auftritten Wimmers zu verdanken, dass die innere Zerissenheit der Austria lange gar nicht und danach nur tröpfchenweise nach außen drang.

Das war einer von vielen Puzzlesteinen, dass die Austria ihren Zuschauerschnitt noch einmal steigern konnte. Über 12.000 Fans im Schnitt pro Heimspiel waren vor gar nicht allzu langer Zeit noch undenkbar. 2017/18 kamen mit 6.800 Fans im Schnitt nur etwas mehr als die Hälfte.

Und all das, obwohl die sportliche Performance zumeist eher überschaubar war. In seinem ersten Halbjahr gelang es Wimmer noch mit Haris Tabakovic einen bereits als Transferflop abgestempelten Stürmer derart gut in Szene zu setzen, dass er binnen weniger Wochen zum gefragten Torjäger und Fanliebling aufstieg.

Dass ihm ein ähnliches Kunststück nach dem Abgang des Stürmers nicht noch einmal gelang, ist einer der Gründe dafür, dass die nun zu Ende gehende Saison ein violetter Krampf war.

Spektakel sieht anders aus

Vom System her setzte Wimmer konsequent die von Sportvorstand Jürgen Werner präferierte Dreier-Abwehrkette um. Dass vor allem in der Anfangsphase etliche Slapstick-Einlagen von Einzelspielern für teils absurde Gegentore sorgten, kann man dem Coach wohl nicht wirklich ankreiden.

Doch schon früh erkannte er, dass das hohe Pressing und die dazu erforderliche Staffelung in der Mittelfeld-Zentrale wenig zielführend sind, die defensivere Vorsichtsvariante hatte Zukunft, zwei Sechser/Achter und ein Zehner statt umgekehrt. Die ideale Besetzung im zentralen Mittelfeld blieb eine der großen Baustellen über Wimmers gesamte Ära hinweg. Auch Verletzungspech geschuldet, aber bei weitem nicht nur.

Spektakel sieht jedenfalls anders aus. Das wäre kein Problem gewesen, hätten die Ergebnisse gestimmt. Doch das taten sie nie über einen längeren Zeitraum konstant hinweg. Freilich auch, weil die Kaderqualität insgesamt zu wünschen übrig ließ.

Die Talente blieben auf der Strecke

Und dennoch entschied sich Wimmer bei der Abwägung zwischen Spielpraxis für entwicklungsfähige Spieler gegen Einsätze für routiniertere, vermeintlich konstantere Kicker fast immer für Zweiteres. Das Ergebnis gibt ihm letztendlich nicht recht.

Aus violetter Sicht ist das eine bittere Erkenntnis, zumal just das eines der Argumente für den Trainerwechsel von Schmid zu Wimmer war. Die Zahl der FAK-Talente, die sich unter Wimmer für einen – vor allem aus Vereinssicht so wichtigen – lukrativen Auslandstransfer empfehlen konnten, ist fast gleich Null.

Am Ende verloren auch die erstaunlich lange positiven Austria-Fans die Geduld, nicht nur mit Wimmer.

Die Demission des Trainers dürfte nur der Auftakt von gröberen Umwälzungen im Verein sein. Die Grabenkämpfe werden immer offensichtlicher ausgetragen, hinter Sportdirektor Manuel Ortlechner und Sportvorstand Jürgen Werner stehen immer größere Fragezeichen.

Die violette Trainer-Historie

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